Chef-Beleidigung auf Facebook rechtfertigt Kündigung

In Frankreich wurden bereits Mitarbeiter wegen Beleidigung eines Vorgesetzten auf Facebook gefeuert. Nun hat es auch einen Arbeitnehmer aus Hagen erwischt.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Wer über seinen Chef lästern will, sollte dies lieber nur im Kreis des Vertrauens tun. Dabei sollte man Facebook-Freunde lieber nicht mit echten verwechseln. Diese Erfahrung musste jetzt ein 52-jähriger Arbeitnehmer machen. Er hatte seinen Chef auf Facebook beleidigt und verlor deshalb seinen Job. Die Kündigung wurde vom Arbeitsgericht Hagen bestätigt (Urteil vom 16.5.2012, Az.: 3Ca 2597/11). In ähnlichen Fällen hatten die Gerichte bisher zu Gunsten der Mitarbeiter geurteilt.

Der Mann war seit mehr als 30 Jahren als Produktionsmitarbeiter bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Er führte einen Account bei Facebook, von seinen insgesamt 70 "Freunden" waren 36 Kollegen. Einen dieser Bekannten schrieb er nicht per Mail, sondern per Pinnwandeintrag an. Dort ließ er sich über seinen Vorgesetzten aus, der ihm angeblich zwei Abmahnungen erteilt hatte. Er stieß nicht nur Beleidigungen, sondern auch Drohungen gegen den Mann aus. Der Bekannte antwortete ihm ebenfalls über die Pinnwand, es entstand eine längere Konversation, bei der der Vorgesetzte nicht gerade gut wegkam und auch ein Kunde negativ beurteilt wurde.

Da diese Unterhaltung auf der Pinnwand stattfand, hatten alle Facebook-Freunde Zugriff darauf, ebenso deren "Freunde". Am Ende des Tages hatte auch die Personalsachbearbeiterin der Firma das Gespräch der beiden auf dem Bildschirm. Kurz darauf wurde dem Mann fristlos gekündigt wogegen der Mitarbeiter klagte.

Zur Begründung führte sein Anwalt unter anderem aus, der Tatbestand der Beleidigung sei nicht erfüllt, da sein Mandant die Konversation gar nicht habe öffentlich führen wollen. Er habe vielmehr einen Bedienfehler gemacht und deshalb seine Bemerkungen an die Pinnwand gepostet, statt sie im Chat-Modus quasi unter vier Augen mit dem Ex-Kollegen auszutauschen. Er könne gar nicht nachvollziehen, wie diese Unterhaltung auf die Pinnwand kam. Auch gehöre der Vorgesetzte nicht zu seinen Facebook-Freunden, wurde also nicht persönlich angesprochen und habe keinen Zugriff auf die Daten gehabt, was eine strafbare Beleidigung ebenfalls ausschließe. Im Privatbereich getätigte Äußerungen würden eine Kündigung schließlich nicht rechtfertigen.

Der Arbeitgeber sah das anders: so habe der Mann seinen Vorgesetzten grob beleidigt und behauptet, er habe ihn abgemahnt, obwohl dies nicht den Tatsachen entsprochen habe. Auch habe er sich negativ über einen Kunden geäußert, was eine wirtschaftliche Schädigung der Firma hätte nach sich ziehen können. Angesichts der Tatsache, dass ein Großteil seiner Facebook-Freunde Mitarbeiter der Firma seien, hätte er die Unterhaltung auch gleich am Schwarzen Brett in der Firma aushängen können. Die Auswirkungen seien in dem Fall aber sogar noch schlimmer, weil das Internet ja weltweit genutzt werde.

Tatsächlich bestätigten die Richter den Rauswurf des Mitarbeiters. Zwar gaben sie der Klage gegen die fristlose Kündigung statt. Diese sei aufgrund des Alters und der langen Betriebszugehörigkeit unangemessen hart. Doch die vom Arbeitgeber hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung erklärten die Richter für wirksam. Die Äußerungen seien durch die Veröffentlichung auf der Pinnwand quasi betriebsöffentlich erfolgt, was eine solche Kündigung rechtfertige. Auch habe er den Vorgesetzten nicht nur beleidigt, sondern ausdrücklich bedroht. Dass die Veröffentlichung ein Versehen war, wollten die Richter dem Mann, der schon jahrelange Erfahrung mit Facebook und dessen Bedienung hatte, dann auch nicht abnehmen.

[Update] Wie jetzt bekannt wurde, hat der Arbeitnehmer seinen Job wieder. Nach Mitteilung der Kanzlei Terhaag & Partner zeigten sich die Richter beim Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht gewillt, der Klage des Arbeitnehmers stattzugeben. Damit wären sie der bisherigen Rechtsauffassung anderer Gerichte zu diesem Thema gefolgt. Doch soweit ließ man es nicht kommen: Die Parteien einigten sich, der Arbeitnehmer hat seine Stelle wieder angetreten. (gs)
(masi)