Bei Digitalkameras ist für die IT-Distribution die Luft raus

Das Geschäft mit Digitalkameras findet beim IT-Handel nur bedingt statt. Grund: Marktsättigung, Margenverfall und Druck durch E-Tailer. Entsprechend zurückhaltend das Interesse der IT-Distribution an der Photokina. Besser schneidet der Fotofachhandel ab.

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Von
  • Matthias Parbel
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(Bild: Kölnmesse)

Einst blickte der IT-Handel gebannt nach Köln. Das Weltereignis Photokina, alle zwei Jahre in der Domstadt veranstaltet, versprach lukrative Zusatzgeschäfte. Mit der Ablösung der meisten analogen Fotoapparate durch Digitalkameras sahen IT-Distributoren und Reseller ein neues Betätigungsfeld vor sich. Und das nicht nur bei der Hardware. Noch vor gut drei Jahren weckten auch Software und Zubehör mit ordentlichen Margen das Interesse – selbst unter wachsendem Preisdruck durch Retailer, E-Tailer und natürlich dem Fotofachhandel.

Tatsächlich florierte das Geschäft ganz ordentlich. Der IT-Handel mit seiner digitalen Kompetenz machte dem Fotofachhandel Druck, bei Einsteigerkameras ebenso wie bei höherwertigen Spiegelreflexkameras. Wenngleich die Kompetenz des Fotofachhandels beim Thema Bild niemals in Frage stand, verkauften immer mehr Fachhändler aus der IT-Ecke Digitalkameras und Zubehör, nicht zuletzt getrieben von der Distribution. Besonders bei den nachgeordneten Produkten, also Peripheriegeräten wie beispielsweise externen Festplatten oder Druckern. Hier kann noch immer der IT-Handel punkten, allerdings mit enormer Konkurrenz durch Retailer und ganz besonders E-Tailer. Schließlich liegt der Anteil des Internethandels am Kameramarkt bei gut 30 Prozent. Ganz im Gegensatz zum Fotofachhandel, der laut Photoindustrie-Verband in Frankfurt/Main den Druck der E-Tailer nicht so stark spüre.

Doch während das Projektgeschäft im gewerblichen Umfeld durchaus noch ein Wirtschaftsfaktor für Systemintegratoren ist, verzeichnet der Absatz von Digitalkameras im Konsumentenumfeld verstärkt Dellen. Grund: Marktsättigung auf der einen Seite und der verstärkte Griff zur Handykamera bei Otto Normalverbraucher. Gleichwohl registriert der Photoindustrie-Verband seit Mai, dass "die Absatzkurve für Foto- und Imageprodukte nach oben" zeige. Dennoch wundert es nicht, dass auf Nachfrage von heise resale, beispielsweise vom Broadline-Distributor Ingram Micro die lapidare Antwort kommt: Das Fotogeschäft sei nicht vorrangig. Oder anders gesagt: Der Blick auf die digitale Fotografie ist eingetrübt. Denn im Fotogeschäft läuft eben nach wie vor viel über den Direktvertrieb, vor allem über große Handelsorganisationen wie beispielsweise Ringfoto; und damit über Fotofachhandel.

"Das Geschäft mit Digitalkameras läuft langsamer", Markus Harbach, Wave Computer

(Bild: Wave)

Für den Verband war denn auch die diesjährige Photokina ein durchweg guter Start ins Jahresendgeschäft. Besonders nach den Lieferengpässen des vergangenen Jahres, bedingt durch die Atomkatastrophe in Japan und die Jahrhundertflut in Thailand, erwartet Ringfoto für seine Händler verstärkte Nachfrage. Außerdem stünden Neuheiten an, die bereits für 2011 angekündigt waren. "Hinzu kommt, dass im hochwertigen SLR- und Systemkamera-Bereich – der Domäne des Fotofachhandels – äußerst interessante Modelle auf den Markt gekommen sind", wie die Verantwortlichen bei Ringfoto unterstreichen.

Dem können etablierte Branchendistributoren wie beispielsweise DexxIT in Würzburg nur zustimmen. Für den Spezialisten für Fotografie und Digital Imaging, der zur Duttenhofer-Gruppe gehört, war die kürzlich zu Ende gegangene Photokina nicht nur Pflicht, sondern auch Kür. Dort bereitet sich der Grossist für das Jahresendgeschäft vor "und sucht auch abseits bekannter Geschäftsbeziehungen nach interessanten Produkttrends", wie Vertriebsleiter Hans-Jürgen Schneider feststellt. Wesentlich bei der Photokina sei für Schneider der intensive Kontakt zu Händlern und Herstellern. "Wir tauschen uns auf der Messe aus, geben uns gegenseitig Feedback zu Produkten und Konzepten und besprechen aktuelle Kundenanforderungen", führt er weiter aus.

Für die Kollegen aus der IT-Distribution wiederum sieht er die Veranstaltung in Köln differenzierter. Nur wenn Produktportfolio und die Kundenstruktur passen würden, sei dies auch ein wichtiger Messestandort für die IT-Grossisten. "Die Interessen klassischer PC-Händler oder Systemhäuser bilden mit dem Messeangebot in der Regel nur eine überschaubare Schnittmenge." Anders hingegen sei die Situation beim eigenen Unternehmen und den Handelspartnern, "da wir unseren Fokus auf Digital Imaging, Computerzubehör, Drucker und Supplies, mobile Festplatten und SSD legen."

Ähnlich äußerten sich zum Messeschluss auch andere Grossisten wie BHS Binkert oder Zubehörspezialist Hama. Für sie ebenso wie für die Hersteller war die Photokina nicht nur der wichtigste Event in diesem Jahr, sondern zugleich auch Motor für den Absatzmarkt. Jürgen Schmitz, Country Director Consumer Imaging Group bei Canon Deutschland, stellte fest, dass die Messe "wieder eindrucksvoll bewiesen hat, dass das Interesse der Verbraucher nach hochwertigen und innovativen Produkten ungebrochen ist". Deshalb könne er sich nur "zufrieden" über die Reaktion des Handels äußern.

Vom Einsteiger bis zum Profi – Canon hat für jeden was.

(Bild: Kölnmesse)

Allerdings ganz so ungetrübt entwickelt sich die Imaging-Sparte nun auch wieder nicht. Zwar zeigen sich die Konsumenten nach wie vor interessiert an Digitalkameras, auch und gerade an Modellen der mittleren und höheren Preisklasse, doch der Markt entwickelt sich nicht mehr so stark, wie noch in den zurückliegenden Jahren. So hat die gfu (Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik) für die ersten beiden Quartale des laufenden Jahres bei Digitalkameras ein Absatzminus von 9,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum ausgemacht. Allein der steigende Durchschnittspreis habe verhindert, dass das Umsatzminus von 1,2 Prozent auf 779 Millionen Euro deutlicher ausgefallen ist. Auch in peripheren Produktbereichen konnte zwischen Januar und Juni 2012 kaum von überschäumendem Käuferinteresse gesprochen werden.

Zu spüren bekam dies auch der ansonsten aufstrebende Onlinehandel. So hatte beispielsweise der seit dem vergangenen Jahr zur Media-Saturn-Gruppe gehörende E-Tailer Redcoon.de einen Rückgang bei Einsteigerkameras in der Preisklasse bis 150 Euro zu verzeichnen. Der Umsatz sei um rund 10 Prozent abgesackt, erklärte Firmenchef Reiner Heckel gegenüber heise resale. Immer mehr Verbraucher würden sich in diesem Segment auf die Kamera in ihrem Smartphone verlassen – das ebenfalls sehr kompakt und sowieso immer dabei sei. Gestiegen sei die Nachfrage indessen bei den höherwertigen System- und Spiegelreflexkameras, ergänzte Heckel.

Zurückzuführen ist diese Entwicklung bei Digitalfotoapparaten sicherlich auf einen Sättigungseffekt. Und darauf, dass immer mehr potenzielle Käufer statt eine Digitalkamera fürs Knipsen zu benutzen, sich lieber auf die Kamera im Handy beschränken; Bildqualität hin oder her. Das nagt natürlich am Absatz, der trotzdem – und nicht zuletzt aufgrund der Innovationen – noch recht ordentlich ist, wie auch der Photoindustrie-Verband anmerkt. Nach Verbandsprognosen werde der "consumer- und profiorientierte Foto- und Imagingmarkt in Deutschland mit einem Volumen von weit über 20 Milliarden Euro aufwarten". Wobei der Anteil durch Verkäufe an private Konsumenten rund 17,5 Milliarden Euro ausmachen soll.

"Für uns hat die Messe kaum Impulskraft", Patrick Köhler, Vorstand B.Com

Der Entwicklung im Foto- und Imagingmarkt tragen denn auch IT-Distributoren wie B.Com in Köln Rechnung. "Natürlich schnuppern einige unserer Mitarbeiter mal bei der Photokina vorbei, informieren sich über Produktneuheiten und besuchen Hersteller. Für unseren Absatz hat die Messe allerdings kaum Impulskraft", sagt Vorstandsmitglied Patrick Köhler. Und begründet dies damit, dass der Grossist seit einiger Zeit nur ein eingeschränktes Portfolio an Digitalkameras und passendem Zubehör habe. "Als Distributor mit einer breiten Kundenbasis im mittelständischen IT-Fachhandel konnten wir hier nicht die benötigten Mengen absetzen, um unseren Kunden wirklich attraktive und konkurrenzfähige Preise zu bieten."

Auch Köhler stellt fest, dass der Digitalfotomarkt stark auf "die Konkurrenz der Smartphone-Kameras reagiert, die ihm ordentlich Abdeckung geraubt haben". Aber die IT nehme bei der Fotografie weiter Raum ein, so beispielsweise Kameras mit WLAN, GPS, direkte Schnittstellen zu mobilen Endgeräten oder auch entsprechenden kleinen Softwareprogrammen. Diese Entwicklung, so der B.Com Vorstand, führe zu einem Wachstumsmarkt, den man sehr genau beobachten müsse. Womit Köhler weitgehend die Meinung anderer IT-Distributoren vertritt.

Hier wiederum setzt Wave Computer in Linden an. Laut Einkaufsleiter Markus Harbach habe die Photokina für den Distributor einen hohen Stellenwert. Allerdings registriere auch er, dass derzeit das Geschäft mit Digitalkameras langsamer laufe, da "der gesamte Einstiegsmarkt im Kamerabereich weg bricht". Als Grund fügt er hinzu: "Der Einstiegsmarkt wird aktuell nahtlos durch Smartphones ersetzt, welche mittlerweile vergleichbare Kameras bieten und dem Einsteiger von der Bildqualität völlig ausreichen". Andererseits aber würden sich hochwertige Spiegelreflexkameras weiterhin gut verkaufen.

Sehr differenziert betrachten die Fachhandelskooperationen das Geschehen am Messeplatz Köln. Während für die Fachhandelsgruppe PC Spezialist aus der Synaxon-Gruppe, die Photokina keine größere Rolle spielt, wie Vorstandsmitglied Andreas Wenninger bestätigt, betrachtet der Vorstand der Verbundgruppe für Consumer Electronics, Euronics in Ditzingen bei Stuttgart, die Messe schon differenzierter. Schließlich vertreiben die Euronics-Händler, ebenso wie Reseller der CE-Gruppen ElectronicPartner in Düsseldorf oder Expert in Langenhagen bei Hannover, ein umfangreiches Angebot aus dem Bereich Consumer Imaging. Deshalb sind die Gruppen an den Produkttrends der Photokina sehr wohl interessiert. (map)

Wolfgang Kühn

Wolfgang Kühn

Über Service im Fotogeschäft Fuß fassen

Für den IT-Fachhandel ist es sicherlich nicht falsch, auch über die Erweiterung des Produktangebotes um Consumer Imaging nachzudenken. Hohe Erwartungen auf ein ertragreiches Zusatzgeschäft sollten sich die Reseller allerdings nicht machen. Wie überall bei gängigen Hardwareprodukten, zeichnen sich auch in diesem Bereich die Margen eher durch eine rückläufige Tendenz aus. Um beispielsweise technisch sehr hochwertige Kameras ins Regal zu stellen, bedarf mehr als nur die digitale Technik zu verstehen. Da ist in der Regel der Fotofachhandel der Kompetenzträger. Bei der digitalen Peripherie hingegen können die IT-Händler punkten; nicht zuletzt dann, wenn sie guten Service bieten. Ansonsten greifen die Retailer und E-Tailer noch mehr Kundenpotenzial ab. (map)