Video-Kopiersperre Alpha-DVD blockiert Brenner

Die DVD-Kopiersperre Alpha-DVD 1.0.3.5 bringt DVD-Brenner derart aus dem Tritt, dass diese Rohlinge ruinieren können. Der übereifrige Kopierschutz kommt auf der deutschen Video-DVD "Mr. & Mrs. Smith" von Kinowelt zum Einsatz.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Gerald Himmelein

Der Kinowelt-Titel "Mr. & Mrs. Smith" enthält als erste deutsche Video-DVD die Kopiersperre Alpha-DVD des koreanischen Herstellers Settec. Der Kopierschutz nistet sich vor der Wiedergabe der DVD im PC ein. Wie andere modernen Kopiersperren arbeitet auch Alpha-DVD mit defekten Sektoren. Damit nicht genug, präsentiert die Kinowelt-DVD dem Anwender beim Einlegen der Scheibe mit einem Dialog, der zur Annahme einer Lizenzvereinbarung (EULA) auffordert. Diese eröffnet nach einigen einleitenden Worten:

"Um diese Technologie zu aktivieren, muss eine Software-Anpassung auf Ihrem Computer vorgenommen werden [...]. Dies beinhaltet eine Modifikation des Betriebssystems, die von den Herstellern der jeweiligen zugelassenen Systeme (siehe unten 1.) geprüft und für unbedenklich erklärt wurde."

Lehnt man die EULA ab, spuckt Windows die DVD wieder aus – dasselbe Verhalten zeigte auch der Media Player, der auf den XCP-geschützten Audio-CDs von Sony BMG zum Einsatz kam. Bestätigt der Anwender dagegen die umfassende EULA, kopiert das Installationsprogramm drei Dateien in das Windows-Unterverzeichnis system32 (cmtl.dat, dmdmgr.exe und hadl.dll) und richtet dmdmgr.exe als "SystemManager" ein. In der Folge sucht dmdmgr.exe das System nach ASPI- und ASAPI-Treibern ab.

Bei der Systemüberwachung scheint die Settec-Kopiersperre zu rabiat vorzugehen. In diversen Internet-Foren berichten Anwender, nach der Installation von Alpha-DVD seien DVD-Brenner und virtuelle Laufwerke nicht mehr ansprechbar gewesen. Dieses Phänomen konnte heise online nicht nachvollziehen. In der Redaktion traten jedoch andere Unregelmäßigkeiten auf: Ein Rechner stürzte noch vor Bestätigung der EULA ab. Ein zweiter Rechner produzierte nach der Installation der Kopiersperre konsequent Fehlbrände – wohlgemerkt bei der Produktion von Datenmedien, nicht etwa Video-DVDs. Dabei ruinierte das System sogar auf Dauer einen RW-Rohling. Auf einem dritten System gelang das Brennen einer Daten-DVD zwar trotz Alpha-DVD, jedoch mit deutlich reduzierter Geschwindigkeit. Dabei pausierte das Laufwerk hörbar immer wieder beim Brennen.

Settec bietet zwar eine Deinstallations-Routine an, behindert den Zugang jedoch nach Kräften. Zunächst muss der deinstallationswillige Anwender auf der Settec-Website seine E-Mail-Adresse angeben. Mehrfache Anforderungen mit der gleichen E-Mail-Adresse scheitern auf der Website mit der Fehlermeldung: "Alpha DISC Protection kann nur einmal entfernt werden." Innerhalb kurzer Zeit erhält der Anwender per Mail einen Direkt-Link zum Uninstaller sowie einen 32-stellige alphanumerischen Keycode. Dieser muss beim Uninstaller in ein Eingabefeld eingetragen werden.

Auch das Deinstallationswerkzeug verlangt eine Bestätigung von Nutzungsbedingungen. Dann baut das Programm eine Internet-Verbindung zum Settec-Server auf, um die Seriennummer zu verifizieren. Auf Rechnern ohne Web-Anschluss scheitert die Deinstallation mit der wenig hilfreichen Fehlermeldung "Prüfen Sie, ob der Keycode, den Sie per E-Mail erhalten haben, korrekt eingegeben wurde". Mit derselben Warnung scheitert die Deinstallation auch bei Internet-Verbindungen über einen Proxy-Server. Andererseits freut sich der Uninstaller auch auf sauberen Systemen über eine gelungene Deinstallation, obwohl Alpha-DVD dort nie installiert war.

Die Alpha-DVD-EULA behauptet zwar, "Der auf dieser DVD enthaltene Film ist auf dem Computer nicht ohne weiteres abspielbar." Dies trifft allerdings nicht zu. Schaltet der Anwender die Autostart-Funktion des Laufwerks ab oder drückt nach Einlegen des Mediums die Umschalt-Taste, bleibt die DRM-Anwendung still und die DVD lässt sich ganz normal wiedergeben. Eine andere Möglichkeit zur Wiedergabe besteht darin, den EULA-Dialog zu ignorieren und einen DVD-Software-Player parallel zu starten. Besitzer einer Media Center Edition von Windows XP (MCE) bleiben vom Kopierschutz unbehelligt, sofern sie ihr System so eingerichtet haben, dass es mit der Media-Center-Oberfläche startet. Die MCE unterdrückt den Autostart von DVD-ROM-Inhalten. Eine ähnliche Funktion bietet auch der DVD-Software-Player TheaterTekDVD.

Hierzulande findet sich die DVD-Kopiersperre von Settec bislang nur auf einem Titel: der Video-DVD "Mr. & Mrs. Smith" von Kinowelt. Es handelt sich hierbei um die Revision 1.0.3.5. Es wird gemunkelt, dass Alpha-DVD bald auch auf anderen Video-DVDs zum Einsatz kommen soll. Eine frühere Variante von Alpha-DVD ist auf dem koreanischen Titel "Old Boy" zu finden.

Bei all dem Aufwand und Ärgernis vermag Alpha-DVD sein primäres Ziel nicht durchzusetzen: Gängige Werkzeuge zum Kopieren von Video-DVDs schaufeln den Inhalt der Scheibe ungerührt auf die Festplatte – Kopierschutz hin oder her. (ghi)