Softwareunternehmer Heiler: Für jedes Jahr eine knappe Million Euro

Davon träumen viele Firmengründer und Unternehmer: Dass eines Tages jemand mit einem großen Koffer voller Geld vor der Tür steht und den Laden kaufen will. Rolf J. Heiler ist das jetzt passiert: 25 Jahre nach der Gründung der Heiler Software AG will die Informatica Deutschland sein Softwareunternehmens für sehr viel Geld übernehmen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Damian Sicking

Lieber Softwareunternehmer Rolf J. Heiler,

Hat gut lachen: Softwareunternehmer Rolf J. Heiler

(Bild: Heiler Software AG)

man muss nicht immer groß sein wie zum Beispiel SAP, um wegen einer Übernahme (Ariba) für Schlagzeilen zu sorgen. Man kann auch viel, viel kleiner sein. So wie die Heiler Software AG in Stuttgart. Das Unternehmen macht gerade einmal 17,4 Mio Umsatz (Geschäftsjahr 2011) – ungefähr so viel macht SAP in zwei Stunden eines Arbeitstags – aber Anfang letzter Woche schaffte es Heiler Software in fast sämtliche Wirtschaftszeitungen und Online-Dienste. Der Grund: Das Unternehmen Informatica Deutschlnd AG – eine Tochter des amerikanischen Unternehmens Informatica Corp. – plant, Heiler Software für rund 81 Millionen Euro zu übernehmen. 81 Millionen Euro beziehungsweise 7,04 Euro pro Aktie – das ist das Zweieinhalbfache des Heiler-Börsenwerts vor Bekanntgabe der Übernahme. Am Tag vor der Offerte lag der Kurs der Heiler-Aktie noch bei 2,85 Euro. (Als ich im März 2009 an dieser Stelle schon einmal an Sie geschrieben hatte, dümpelte der Kurs bei 1,17 Euro herum.)

Herr Heiler, es heißt ja, dass Geld nicht glücklich machen soll, aber ich kann mir vorstellen, dass Sie gerade ziemlich gut gelaunt sind. Sie haben ja schon erklärt, sämtliche Ihrer Aktien abgeben zu wollen. Wäre ja auch ziemlich blöd, es nicht zu tun. Bei 30 Prozent der Heiler-Aktien, die Sie und Ihre Familie halten, werden Sie nach meiner Überschlagsrechnung bald mehr als 24 Millionen Euro reicher sein. Das bedeutet, dass Sie für jedes Jahr des vor 25 Jahren gegründeten Unternehmens eine knappe Million Euro bekommen. Herzlichen Glückwunsch! Es gibt schlimmere Schicksale.

Wegen mir hätten Sie als Grund für den Verkauf auch gar nicht so rumschwurbeln müssen, wie Sie es in den offiziellen Papieren taten. "Eine engere Zusammenarbeit mit Informatica bietet durch deren führende Position im Bereich Datenintegration viele Vorteile für unsere Kunden, Mitarbeiter und Partner. Die Produktinformations-Managementlösungen von Heiler sind eine perfekte Ergänzung zum bestehenden Angebot von Informatica. Die Kombination aus Informatica und Heiler schafft somit einen klaren Mehrwert für unsere Kunden blablabla…," flöten Sie da. Lieber Herr Heiler, warum sagen Sie nicht einfach: "Da bietet mir jemand viel, viel Schotter für meinen Laden, und ich wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn ich ablehnen würde.“ Jeder würde Sie verstehen.

Die Börsenseite der von ard.de feierte das Übernahmeangebot als "Krönung einer spannenden Erfolgsgeschichte". Vor 25 Jahren gründeten Sie, lieber Herr Heiler, das gleichnamige Unternehmen, welches Sie im Jahr 2000, also zur Hochzeit der New Economy, an die Börse brachten. Der Ausgabepreis betrug damals 9,00 Euro pro Aktie. Allerdings kam kurz danach auch schon der tiefe Fall. Zwar kletterte der Kurs kurz nach dem Börstenstart auf ein bisher nicht mehr erreichtes Allzeithoch von 12,98 Euro, doch dann ging´s erst mal tief in südliche Richtung bis auf 0,78 Euro.

Die geschäftliche Entwicklung des auf E-Procurement und Produktinformations-Management spezialisierten Softwareunternehmens blieb in den vergangenen Jahren unspektakulär. Von einer "spannenden Erfolgsgeschichte" (ard.de) kann man aber nur bedingt sprechen. Mal ging der Umsatz ein bisschen rauf, mal ein bisschen runter, mal blieb ein (kleiner) Gewinn übrig, mal nicht. Erst im Geschäftjahr 2010/11 (30.9.) erfolgte ein kräftiger Umsatzsprung von 11,8 auf 17,4 Millionen Euro. Und nach zwei Jahren mit Verlusten blieb ein sehenswerter Überschuss von 1,45 Millionen Euro übrig. Die Zahlen für das Ende September beendete Geschäftsjahr 2011/12 liegen noch nicht vor, aber nach den ersten neun Monaten lag der Umsatz ein Stückchen über Vorjahr, wohingegen der Überschuss aufgrund gestiegener Forschungs- und Entwicklungskosten und vor allem höherer Vertriebs- und Marketingaufwendungen doch sehr kräftig eingebrochen ist. Scheint den neuen Eigentümer aber nicht groß zu stören.

Lieber Herr Heiler, da weder Sie noch jemand anders bisher öffentlich erklärt hat, dass Sie auch nach der Übernahme durch Informatica als Vorstandschef der Heiler Software AG an Bord bleiben werden bzw. eine andere Aufgabe in dem dann fusionierten Unternehmensgebilde übernehmen werden, gehe ich davon aus, dass Sie schon mal langsam damit anfangen, Ihren Schreibtisch zu räumen und sich mit alternativen Tagesabläufen zu beschäftigen.

Lieber Herr Heiler, macht Geld glücklich? Tun Sie mir doch einen Gefallen und sagen Sie mir in einem Jahr, wie glücklich Sie dann sind und ob Ihr ganz persönliches Glücksempfinden seit dem Verkauf Ihrer Firma mehr oder vielleicht sogar weniger geworden ist. Würde mich wirklich interessieren.

Beste Grüße!

Damian Sicking

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