Telefónica braucht Geld

Mit dem Börsengang der deutschen Tochter O2 wollen sich die angeschlagenen Spanier zumindest ein wenig Luft verschaffen. Doch der möglicherweise größte Börsengang in Deutschland seit fünf Jahren ist nicht ohne Risiko.

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Von
  • Sebastian Raabe
  • Frederik Nissen
  • dpa

Der hochverschuldete spanische Telecomriese Telefónica macht einen Teil seines Tafelsilbers zu Geld. Die deutsche Tochter mit der Marke O2 soll an die Börse und Insidern zufolge bis zu 1,5 Milliarden Euro in die Kassen der Spanier spülen. Doch dabei soll es nicht bleiben: 500 Millionen Euro Dividende verspricht Telefónica Germany den künftigen Aktionären schon jetzt für das Geschäftsjahr 2012 und stellt höhere Ausschüttungen für die Zukunft in Aussicht. Ein ziemlicher Batzen, denn im ersten Halbjahr verdiente Telefónica Germany unter dem Strich 55 Millionen Euro.

Da die Spanier die Mehrheit an der deutschen Tochter auch nach dem Börsengang behalten wollen, fließt der Löwenanteil der Zahlungen nach Madrid. Dort suchen die Manager seit längerem nach Einnahmequellen, um die drückende Schuldenlast von mehr als 58 Milliarden Euro zu mindern. Doch der Schritt auf das Börsenparkett ist nicht ohne Risiko: O2 braucht selbst Geld, um etwa den Ausbau des Netzes oder den Start des neuen LTE-Angebots für schnelleres Internet via Mobilfunk zu finanzieren. Der Branchenverband Bitkom rechnet damit, dass die Netzbetreiber in den kommenden Jahren 8 Milliarden bis 10 Milliarden Euro in den Ausbau ihre Netze in Deutschland stecken müssen.

Telefónica muss in den kommenden zwei Jahren allein 14,5 Milliarden ihrer Verbindlichkeiten neu finanzieren, sagt Bernstein-Analystin Robin Bienenstock. "Dafür brauchen sie eine gute Bonitätsnote." Diese liegt derzeit nur knapp über dem Ramsch-Status, das Geld aus München wird dringend gebraucht. Die Krise in Spanien drückt auf die Bilanz und auf den boomenden Märkten Lateinamerikas kommt der Konzern wegen des harten Wettbewerbs unter Druck. Den Erlös aus dem Börsengang kann man allerdings nur einmal verbuchen. Die Hoffnung ruht vor allem auf dem künftigen Wachstum der deutschen Tochter.

Diese präsentierte jüngst wieder glänzende Zahlen. Der Trend zu mobilem Internet und Smartphones lockt nach wie vor viele neue Kunden. Doch der Mobilfunkmarkt in Deutschland ist hart umkämpft. Die Preise sinken, die Anbieter liefern sich eine Rabattschlacht. Bereits 1,3 Mobilfunkverträge hat statistisch gesehen jeder Deutsche, viel Luft nach oben ist bei der reinen Kundenzahl nicht. Wachsen können die Anbieter vor allem bei Zusatzangeboten wie Flatrates für Smartphones, das mobile Internet boomt. Inzwischen ist mehr als jedes zweite verkaufte Mobiltelefon ein Smartphone, Tendenz steigend.

Der Umsatz mit reinen Sprachdiensten ist dagegen rückläufig. 2011 sanken die Erlöse in Deutschland um 6,5 Prozent, dieses Jahr werden sie wohl um weitere 3,5 Prozent auf 14,7 Milliarden Euro nachgeben, hat Bitkom errechnet. Wachstum und vor allem mehr Geld verspricht nur das Geschäft mit dem mobilen Internet. Doch Datendienste sind ebenfalls unter Druck, die Preise sinken, an beliebten Zusatzangeboten wie sogenannten Apps verdienen andere Anbieter. Auch das bisher lukrative Geschäft mit kostenpflichtigen Kurzmitteilungen schwindet: Kostenlose Dienste wie der internetbasierte Anbieter WhatsApp machen trotz Sicherheitsbedenken der SMS zunehmend Konkurrenz.

An der Spitze der Mobilfunkbranche in Deutschland liefern sich Vodafone und die Deutsche Telekom ein Rennen. Derzeit haben die Briten die Nase vorn, die einst mit der spektakulären Übernahme von Mannesmann den Sprung auf den lukrativen Markt wagten. Um die Plätze drei und vier rangeln E-Plus und O2, wobei bei den reinen Mobilfunkkunden E-Plus vorne liegt, nimmt man die Festnetzkunden der Münchner dazu, ist O2 die Nummer drei. Abseits der Mobilfunker tummeln sich weitere Anbieter, die die Netze der großen nutzen. (anw)