Media-Saturn will mehr Wachstum im Onlinehandel

Auch mit Hilfe eines neuen Logistikzentrums für Redcoon.de will Media-Saturn den Anteil des Internetgeschäftes mittelfristig auf 10 Prozent verdoppeln. Derweil denkt Redcoon-Chef Reiner Heckel mal über eigene Filialen nach.

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Von
  • Matthias Parbel

Ein am 4. Oktober 2012 in Erfurt offiziell eröffnetes neues Logistikzentrum soll die Versandkapazitäten des Elektronik-Onlinehändlers Redcoon.de nachhaltig erweitern. Redcoon.de gehört seit dem vergangenen Jahr zur Media-Saturn-Gruppe und konnte im Geschäftsjahr 2011/2012 einen Umsatz von 412 Millionen Euro erzielen. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres kam Media-Saturn insgesamt auf Onlineerlöse in Höhe von 322 Millionen Euro – was nur circa 5 Prozent des Gesamtumsatzes der international aufgestellten Elektronikhandelskette entspricht. Nach Einschätzung der Verantwortlichen bei Media-Saturn ist dies viel zu wenig: Es gebe Nachholbedarf, erklärte Vorstandsmitglied Pieter Haas. Denn im europaweiten Durchschnitt läge der Anteil des Internetgeschäftes im Elektronikhandel bereits bei 10 Prozent.

Die Bemühungen der mehrheitlich zum Metro-Konzern gehörenden Media-Saturn-Holding, im Onlinehandel Fuß zu fassen, sind indessen nicht ganz neu. Seit Jahren investiert die Handelsgruppe in den Aufbau eines funktionierenden Internetgeschäftes – lange Zeit überschattet von einem heftigen Streit der Eigentümer und einer Schmiergeldaffäre. Seit Anfang dieses Jahres ist Media-Saturn nun mit insgesamt 3 Webshops online vertreten. Während der vom ehemaligen Media-Markt-Manager Reiner Heckel in Aschaffenburg gegründete reinrassige Onlinehändler Redcoon.de weiterhin den Löwenanteil der im Internet erzielten Erlöse beisteuert, kommen die Webangebote von Saturn und Media Markt nicht so richtig in die Gänge. Mit 125 Millionen Euro trugen sie nur gut ein Drittel der Onlineumsätze in der ersten Jahreshälfte bei.

Doch auch bei Redcoon.de läuft nicht alles glatt nach den Vorstellungen von Geschäftsführer Heckel. Im Zuge der Übernahme durch Media-Saturn hatte er im Frühjahr 2011 verkündet, den Umsatz binnen fünf Jahren – auf dann gut eine Milliarde Euro – verdoppeln zu wollen. Knapp anderthalb Jahre später beim Stand von gut 412 Millionen Euro Umsatz dürfte das erklärte Ziel nur mit deutlich verstärkten Bemühungen zu erreichen sein. Ein Baustein auf dem Weg soll das neue Logistikzentrum in Erfurt sein, in dem Redccon.de die Zahl der Mitarbeiter bis Ende 2012 auf rund 200 verdoppeln will – mittelfristig könnten es laut Heckel bis zu 350 werden. Insgesamt kümmern sich derzeit rund 550 Mitarbeiter bei Redcoon.de um den Vertrieb von circa 36.000 Artikeln aus dem Sortiment des Elektronikhändlers – vom Fernseher bis zur Waschmaschine.

Sieht sich als Onlinehändler von Herstellern benachteiligt: Reiner Heckel, Geschäftsführer redcoon.de

(Bild: Redcoon.de)

Während der Onlinehandel insgesamt von deutlichem Wachstum geprägt ist, sieht sich Heckel durch Vertriebseinschränkungen einzelner Hersteller in seinen Expansionsbemühungen behindert: Redcoon.de leide unter Warenknappheit. Denn nach Heckels Einschätzung versuchten eine Reihe von Herstellern durch sogenannte Selektivverträge den stationären Handel gegenüber Onlineanbietern zu bevorzugen – und das primär um die Preise zu stützen, aber beispielsweise auch für die Markteinführung neuer Produkte. "Wir könnten sicherlich 800 bis 900 Millionen Euro umsetzen, wenn uns die Industrie so viel Ware liefern würde, wie wir verkaufen könnten", hatte Heckel Mitte September in einen Interview mit der Zeitung Die Welt erklärt. Das Problem betreffe zwar nicht den Bereich der IT-Produkte, wohl aber bekannte Markenware, auf die ein Onlinehändler wie Redcoon.de nur schwer verzichten könne.

Aus diesem Grund denkt der Redcoon-Chef offen darüber nach, eigene Filialgeschäfte einzurichten, wie es bereits einige seiner Wettbewerber Alibi-mäßig getan hätten. Ein Schritt, der angesichts der mächtigen etablierten Konkurrenz im eigenen Hause – Media-Saturn unterhält derzeit gut 900 Filialen – in der Tat nur aus einkaufsstrategischen Erwägungen sinnvoll erscheinen kann und eher als Drohgebärde gegenüber den Herstellern zu verstehen ist. "Wir haben nichts gegen Selektivverträge", räumt Heckel denn auch im Interview gegenüber heise resale ein. Wenn solche Verträge die Einführung neuer Produkte begleiten sollen, müssten sie zumindest aber zeitlich deutlicher begrenzt werden. Denn in der Regel überdauere diese Einführungsphase den gesamten Produktlebenszyklus – "das empfinde ich als Missbrauch", klagt Heckel und fordert eine gesetzliche Regelung auf EU-Ebene. (map)