58 Prozent der Deutschen sind für Online-Durchsuchungen

Nach Informationen der Sicherheitsbehörden über die Festnahme der Terrorverdächtigen an die Medien haben US-amerikanische Behörden oder auch der Verfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen Online-Durchsuchungen ausgeführt.

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Von
  • Florian Rötzer

Infratest dimap hat im Auftrag der ARD für den DeutschlandTrend auch danach gefragt, wie die deutschen Bürger zur umstrittenen Online-Durchsuchung stehen. Schon vor der Festnahme der drei mutmaßlichen Terrorverdächtigen hatte die Hälfte der Befragten am 3. und 4. September dafür gestimmt, dass Online-Untersuchungen erlaubt sein sollten, 47 Prozent sprachen sich dagegen aus. Am 6. September, also nachdem die Festnahme von der Bundesanwaltschaft mitgeteilt worden war, stieg die Zahl der Befürworter auf 58 Prozent an, nur noch 36 Prozent lehnten sie ab.

Allerdings scheinen die Deutschen sich noch immer nicht besonders gefährdet zu sehen. 81 Prozent sagen, sie fühlten sich sicher vor Terroranschlägen, nur 18 Prozent sagten, sie seien unsicher. In Panik sind die Deutschen also noch nicht, gehen aber davon aus, dass die schon lange von Bundesinnenminister Schäuble und der CDU/CSU geforderten Online-Durchsuchungen wünschenswert wären.

Wenn es stimmt, was die Welt berichtet, dann könnten Online-Durchsuchungen bereits im aktuellen Fall stattgefunden haben. Allerdings nicht von deutschen Sicherheitsbehörden, sondern von ausländischen. Die Zeitung zitiert einen Beamten aus Baden-Württemberg, der gesagt haben soll: "Selbstverständlich führen die Amerikaner permanente Online-Durchsuchungen durch. Die Deutschen lehnen so etwas ab. Vor Anschlägen geschützt werden wollen sie aber trotzdem." Man spreche, so die Zeitung, nicht nur von "ausgezeichneter Zusammenarbeit" mit US-amerikanischen Geheimdiensten, diese hätten auch einen maßgeblichen Anteil am Fahndungserfolg gehabt.

Die drei Verdächtigen sollen, wie die Bild-Zeitung aufgrund von "Informationen aus Sicherheitskreisen" berichtet, so mittels eines E-Mail-Accounts kommuniziert haben, dass die E-Mails nicht verschickt werden mussten. Sie sollen bei einem kostenlosen Anbieter einen Account angelegt und die verfassten E-Mails dann in den Ordner "Entwürfe" gespeichert haben, auf den die anderen dann mit dem ihnen bekannten Passwort zugreifen konnten. Bild folgert daraus: "Genau in so einem Fall könnte die umstrittene Online-Durchsuchung helfen. Denn auch die im Server eines Anbieters gespeicherten Mails wären dann lesbar!" Angeblich hätten deutsche Ermittler keine Online-Durchsuchung unternommen, womöglich aber US-Behörden, von denen der "entscheidende Tipp" gekommen sei.

Auch die Süddeutsche will Details erfahren haben. So sollen die Verdächtigen "unter den IP-Adressen unbescholtener Bürger" miteinander kommuniziert haben: "Sie drangen dafür in offene, ungeschützte Wireless-Lan-Netze ein und benutzten dann zur Tarnung die IP-Adressen (individuelle Nummern für jeden Internet-Zugang), um ihre Führungsleute in Pakistan zu erreichen." Die Amerikaner hätten diese Kommunikation nach Pakistan überwacht und die Informationen weiter gegeben. Wieder teilte ein Informant dann einen Vorfall mit, der die Notwendigkeit von Online-Durchsuchungen bekräftigt. Als die Verdächtigen angeblich mit der Herstellung des Sprengstoffs beginnen wollten, sollen sie ein Verschlüsselungsprogramm auf einem Computer installiert haben. Ein Fahnder soll der SZ gesagt haben: "Da wurden wir blind. Da hätte uns ein Trojaner geholfen, um da einzudringen."

Die FAZ spricht ebenfalls von der engen Zusammenarbeit mit den amerikanischen Behörden, legt aber auch nahe, dass der Verfassungsschutz von Nordrhein-Westfalen ja auch bereits Online-Durchsuchungen durchgeführt haben könnte. Ende des letzten Jahres hatte der Landtag ein neues Verfassungsschutzgesetz durchgewinkt, das u.a. Online-Untersuchungen ermöglicht.

Der Druck auf die SPD wird daher bei der heutigen Innenministerkonferenz groß sein. Der Bild sagte der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo: „Bei der Terror-Bekämpfung darf es keine Tabus geben – das gilt auch für Online-Durchsuchungen. … Der jüngste Fahndungserfolg hat nämlich gezeigt, dass das Problem schnell gelöst werden muss.“ (fr)