400.000 Euro vom Staat

Beim Ausfüllen eines Antrags für die Forschungsförderung verheddern sich viele Firmen in deren formalen Kriterien. Wichtig ist: Das geplante Produkt sollte einen Marktimpuls auslösen, und die Risiken dürfen weder zu hoch noch zu niedrig eingeschätzt werden. Technology Review gibt Tipps.

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Von
  • Gerhard Samulat

Beim Ausfüllen eines Antrags für die Forschungsförderung verheddern sich viele Firmen in deren formalen Kriterien. Wichtig ist: Das geplante Produkt sollte einen Marktimpuls auslösen, und die Risiken dürfen weder zu hoch noch zu niedrig eingeschätzt werden. Technology Review gibt Tipps.

Seit Langem suchen Mediziner und Biologen nach Methoden, um biologische Vorgänge in lebenden Zellverbänden oder Geweben analysieren zu können. Am besten optisch, in Echtzeit und dreidimensional. "Dafür haben wir nun den Prototypen eines Photonen zählenden Hochgeschwindigkeitsdetektors entwickelt", erzählt Andreas Oelsner, Geschäftsführer der Surface Concept GmbH in Mainz. Die neue Technologie liefere eine um den Faktor 100 höhere Bildrate als vergleichbare Geräte.

Das Geld für die Entwicklung bekamen das Unternehmen und seine Kooperationspartner, die Bielefelder Firma LaVision BioTec und das Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn, vom Staat: über 400.000 Euro. Kein Kredit. Geschenktes Geld.

Allein hätte der Mainzer Sechs-Mann-Betrieb das Projekt niemals stemmen können. Doch über seine Expertise in ultraschneller Datenaufnahme wurde LaVision BioTec, der Bielefelder Spezialist für Fluoreszenzmikroskopie, auf das kleine Unternehmen aufmerksam. "Die riefen uns irgendwann an", erzählt Oelsner, "und wir haben dann gemeinsam das Konzept für den Prototypen erstellt." Damit war die Grundlage für den Förderantrag beim Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundeswirtschaftsministeriums geschaffen. In Kooperation mit einem größeren Partner sei es deutlich einfacher, einen Förderantrag zu stellen, meint Oelsner, zumal sein Bielefelder Partner einen externen Berater hinzugezogen habe. "Der machte das ziemlich perfekt."

Dabei kennt der Physiker das Prozedere: Fünf Anträge hat er bereits für seine Firma gestellt. Drei davon wurden genehmigt, zwei abgelehnt. "Da sitzt man schon mal zwei Tage dran", erzählt Oelsner. Und das sei noch wenig: Unerfahrene brauchten dafür wohl eher zwei Wochen, schätzt der Mainzer Unternehmer. Für die Bewilligung solle man mit etwa einem Jahr rechnen. Stellten die Gutachter noch Fragen, sei das ein gutes Zeichen, verrät Oelsner: "Ein Ablehnungsschreiben bekommt man dagegen relativ schnell."

Vor dem Ausfüllen sollte sich jeder Antragsteller die Richtlinien für die Förderprogramme genau anschauen. "Die Dokumente, die im Internet zu finden sind, umfassen 20 bis 25 Seiten", sagt Oelsner. Ferner rät er jedem, der noch nie einen Antrag gestellt hat, zu Vorgesprächen bei den Kontaktstellen der Förderprogramme.

Wichtig sei vor allem, eine konkrete Innovation erzielen zu wollen und zu betonen, dass es sich bei dem geplanten Produkt nicht einfach nur um eine ohnehin anstehende Weiterentwicklung handelt. Es muss davon ein zusätzlicher Impuls für den Markt ausgehen – wie im Fall des Mainzer Hochgeschwindigkeitsdetektors. Reine Vermarktungsaktivitäten dürfen Forschungsförderer nicht unterstützen.

Mit Nachdruck weist Oelsner zudem auf einen Umstand hin, der für gestandene Unternehmer auf den ersten Blick widersinnig anmutet: Die Gutachter erwarten, dass der Antragsteller möglichst genau die Risiken des Vorhabens beschreibt: Was könnte technisch schieflaufen? Was würde das für das Unternehmen wirtschaftlich bedeuten? Schätzt der Antragsteller das Risiko als sehr hoch ein, muss der Gutachter fürchten, dass sich das Unternehmen mit der Entwicklung übernimmt und Gefahr läuft, insolvent zu gehen – und der Antrag fällt durch.

Beschreibt der Unternehmer das Risiko hingegen als zu gering, lehnt der Gutachter den Antrag möglicherweise ebenfalls ab. "Es geht ja um Innovationen", bekräftigt Oelsner: "Und bei Neuentwicklungen besteht nun mal immer das Wagnis, dass etwas gewaltig schiefgehen kann." Auch der von der Surface Concept GmbH entwickelte Prototyp ist noch nicht auf dem Markt. Das gehe aber rasch, lässt der Mainzer Tüftler durchblicken und lächelt. ()