Europäische Netzbetreiber scheitern mit Vorschlägen für internationalen Telecomvertrag

Drei Dutzend europäische Netzbetreiber, darunter die Deutsche Telekom, konnten ihre Forderungen nicht durchsetzen, im künftigen internationalen Telekommunikationsvertrag ein "Sender Network Pays"-Regime und Regeln für QoS-Angebote zu verankern.

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Von
  • Monika Ermert

Die Organisation europäischer Regulierungs- und Telecom-Aufsichtsbehörden CEPT hat sich mehrheitlich gegen die Vorschläge europäischer Telecom-Unternehmen entschieden, im künftigen internationalen Telekommunikationsvertrag (ITR) ein Verursacherprinzip zur Abrechnung zwischen Netzbetreibern und Inhalteanbietern einzuführen. Teilnehmer des bei der CEPT zuständigen Ausschusses (COM-ITU) haben in der vergangenen Woche das vom ETNO-Verband vorgeschlagene "Sender Network Pays"-Regime und eine Regelung für "Quality of Service"-Angebote aus ihrem Konsenspapier für die World Conference on International Telecommunication (WCIT) gestrichen.

Zwischen dem 3. und 14. Dezember werden die 193 Mitgliedsländer der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) bei der WCIT eine Neufassung der ITR verhandeln. Während der Vorbereitungen darauf hatte sich der ETNO-Verband erst spät darum bemüht, in diesen Vertrag die von der COM-ITU jetzt wieder gestrichenen Vorschläge einzubringen. Die Sender-Network-Pays-Regel sollte den anhaltenden Konflikt der Netzbetreiber mit großen Inhalteanbietern wie Google lösen, denen viele Telcos ein "parasitäres" Geschäftsmodell vorwerfen. Erst am Mittwoch hatte Telekom-Chef René Obermann auf den Münchner Medientagen wieder entsprechende Vorwürfe gegen den Internet-Giganten gerichtet.

Die 48 CEPT-Mitglieder begründeten ihre Ablehnung damit, dass die Vorschläge des ETNO nicht zum Grundgedanken der europäischen Position passten, die ein eng begrenztes Mandat für die ITU und keine Erweiterung der ITR favorisiert. Nach übereinstimmenden Berichten von Teilnehmern wollten fünf Mitgliedsländer ihre Entscheidung zu einer gemeinsamen Position jedoch erst in der laufenden Woche fällen, nämlich sind Frankreich, Russland, Griechenland, die Türkei und die Schweiz.

In Deutschland hatte das Bundeswirtschaftsministerium die Veröffentlichung einer kritischen Stellungnahme der Bundesnetzagentur zu den ETNO-Vorschlägen, die im Rahmen einer Informationsveranstaltung zur WCIT-Konferenz vorgestellt worden waren, verhindert.

Gegner, zuletzt auch die OECD, hatten lautstark vor einer endgültigen Abkehr vom Prinzip der Netzneutralität gewarnt. Die Risiken aus Sicht der Kritiker: kleinere und junge Unternehmen würden standardmäßig nur zweitklassig befördert, ein Ausbau der Netze werde unattraktiv, weil die höherwertigen Dienste sich im bei Kapazitätsengpässen zu einem höheren Preis verkaufen ließen. Das Konzept würde zudem eine Reihe weiterer Regulierungseingriffe nach sich ziehen.

Eine Regulierungsbehörde könnte zum Beispiel in dem Fall angerufen angerufen werden, wenn ein mächtiger Inhalteanbieter die Preisforderungen eines Netzbetreibers einfach ablehnen würde und dessen Anschlusskunden auf bestimmte Inhalte nicht oder nur noch eingeschränkt zugreifen könnten. Die Aufforderung von Seiten der Aufsichtsbehörden, die Vorschläge zum Sender-Party-Pays-Regime an anderer Stelle erneut zu diskutieren, konterten die Telocs mit dem Hinweis, dass die ITU als globale Telekommunikationsorganisation dafür die richtige Adresse sei. (ssu)