Inkassounternehmen nur bei erwiesener Zahlungsunwilligkeit

Wieder einmal zeigte sich ein Gericht besonders verständnisvoll: Der Schuldner muss dem Gläubiger die Inkassokosten nicht ersetzen.

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Von
  • Marzena Sicking

Nach allgemeiner Auffassung sind Schuldner dazu verpflichtet, dem Gläubiger die Kosten zu erstatten, die ihm in Zusammenhang mit dem Eintreiben des geschuldeten Geldes entstehen. So also auch Kosten, die dadurch verursacht werden, dass ein Rechtsanwalt oder ein Inkassounternehmen eingeschaltet werden. Soweit die Theorie. In der Praxis stellen sich Gerichte aber immer wieder auf die Seite der Schuldner und sorgen dafür, dass der Schaden beim Gläubiger noch größer wird.

So dürfte ein jetzt bekannt gewordenes Urteil des Landgerichts Berlin für Kopfschütteln sorgen (vom 8.2.2012, Az.: 4 o 452/11). Hier stellten die Richter der 4. Zivilkammer fest, dass ein Gläubiger, der über "hinreichend Geschäftserfahrung“ verfügt, nicht ohne weiteres ein Inkassounternehmen einschalten darf.

Geklagt hatte ein Leasing-Finanzierer, dessen Kunde seit einem Jahr die Leasing-Raten für einen Audi A6 schuldig geblieben war. Er fuhr das Auto weiter, zahlte aber nicht. Vom Landgericht wurde der Leasingnehmer nun dazu verurteilt, das Auto herauszugeben und dem Leasing-Finanzierer insgesamt 22.317,58 Euro plus Zinsen zu erstatten. Damit bekam die Firma zwar die Leasinggebühren plus Zinsen erstattet, auf den Kosten für das eingeschaltete Inkassounternehmen bleib der Gläubiger allerdings sitzen.

So erklärten die Richter, dass ein Gläubiger mit hinreichender Geschäftserfahrung gegen die Schadenminderungspflicht verstoße, wenn er durch die Einschaltung eines Inkassounternehmens weitere Kosten verursacht. Dies ist nach Ansicht des Gerichts nämlich nur in besonderen Fällen erlaubt. Damit so ein Fall vorliegt, muss der Gläubiger erstens nachweisen, dass der Schuldner wirklich zahlungsunwillig ist und zweitens auch erklären, wieso er glaubt, dass er hier ohne Anwalt und Gericht, aber mit einem Inkassounternehmen weiterkommt. Eine Erklärung des Gläubigers, er habe in anderen, ähnlich gelagerten Fällen sehr gute Erfahrungen mit einem Inkassounternehmen gemacht, genügt laut Urteil dafür leider nicht.

Doch mit diesem Urteil dürfte sich die Leasing-Gesellschaft wohl nicht abfinden, denn kurz zuvor hat das Bundesverfassungsgericht solchen Urteilen eine klare Abfuhr erteilt. Die Richter stellten klar, dass die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung hier eine andere Auffassung vertrete: Die Einschaltung von Inkassounternehmen sei gängige Praxis und die Kosten dürfen als Verzugsschaden geltend gemacht werden.
(gs)
(masi)