Smarte Stromspar-Technik für Basisstationen und Handys

Das Start-up Eta Devices will seit langem bestehende Effizienzprobleme bei Funkchips beheben.

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Von
  • David Talbot

Das Start-up Eta Devices will seit langem bestehende Effizienzprobleme bei Funkchips beheben.

Um alle Mobilfunkbasisstationen des Planeten zu betreiben, fallen in diesem Jahr Expertenschätzungen zufolge Stromkosten in Höhe von 28 Milliarden Euro an. Dies entspricht mittlerweile knapp einem Prozent der globalen Elektrizitätsproduktion. Einer der Gründe dafür: Die in den Geräten verbaute Hardware arbeitet erstaunlich ineffizient. Besonders die Leistungsverstärker verbrauchen mehr Strom als eigentlich notwendig wäre.

Ihr Gegenstück in den Mobiltelefonen, das in der Funkeinheit sitzt, leidet unter ähnlichen Problemen. Wer große Dateien verschickt oder Videos betrachtet, kennt das schon: Das Smartphone wird warm und die Batterie leert sich schnell. Die Leistungsverstärker in Basisstationen und Handys vergeuden Experten zufolge mehr als 65 Prozent der aufgenommenen Energie – ein Grund, warum manche Intensivnutzer ihr Gerät gleich zweimal am Tag aufladen müssen.

Das MIT-Spin-off Eta Devices aus Cambridge, das von zwei Elektrotechnik-Professoren der Hochschule gegründet wurde, will das Wirkungsgradproblem nun mit einem neuen elektronischen Schalter gelöst haben. Momentan befindet sich das Verfahren von Joel Dawson und David Perreault im Laborversuch, soll aber noch 2013 kommerzialisiert werden – zunächst eingebaut in LTE-Basisstationen. Angepeilt wird ein ungefähr halbierter Energieverbrauch. Eine Chip-Version, die parallel entwickelt wird, könnte die Batterielebensdauer bei Smartphones somit verdoppeln.

"In diesem Bereich hat es seit Jahren kaum signifikante Fortschritte gegeben", sagt Vanu Bose vom Drahtlos-Start-up Vanu. "Wenn man einen Wirkungsgrad von 30 bis 35 Prozent bei aktuellen Verstärker-Elementen erreicht, ist man schon gut aufgestellt."

Leistungsverstärker nutzen Transistoren, die Energie sowohl im Funk- als auch im Standby-Modus verbrauchen. Der Wirkungsgrad lässt sich nur steigern, indem der Standby-Verbrauch reduziert wird. Doch schnelle Leistungserhöhungen sind schlecht für die Signalqualität. Aus diesem Grund verbraucht auch der Standby-Betrieb viel Strom, was Energie verschwendet.

"Das bedeutet, dass man viel Strom zieht, nur um dieses Ding in Betrieb zu halten", sagt Dawson. Und je mehr Daten man verschickt, desto schlimmer wird es: "Mit hohen Datenraten benötigt man deutlich mehr Standby-Energie als Sendeenergie. Aus diesem Grund werden die Geräte warm."

Eta Devices will das Problem über einen extrem schnellen elektronischen Schalter lösen, eine Art High-Speed-Getriebe für Strom. Das System wählt zwischen verschiedenen Spannungen, die der Transistoreinheit bereitgestellt werden, und nutzt dann die Leistungsstufe, die den Stromverbrauch minimiert. Die Anpassung erfolgt bis zu 20 Millionen Mal pro Sekunde. Die Firma nennt die Technik "Asymmetric Multilevel Outphasing", kurz AMO.

Das Verfahren hilft nicht nur bei Übertragungen, sondern auch beim Empfang. In dieser Situation ist der Leistungsverstärker damit beschäftigt, Empfangspakete zu versenden – oder frische Pakete anzufordern, sollten im Datenstrom welche fehlen. "Der Sender ist sehr aktiv, selbst wenn man nur ein YouTube-Video herunterlädt. Viele Nutzer wissen das gar nicht." Dagegen würde nur helfen, das Netzwerk besser auf die Datenart abzustimmen, damit solche Empfangsbestätigungen nicht mehr notwendig sind.

Eta Devices hat mittlerweile 6 Millionen Dollar von Ray Stata, dem Mitbegründer des Elektronikspezialisten Analog Devices, eingesammelt. Beteiligt ist auch dessen Risikokapitalfirma. Eine offizielle Vorstellung von AMO ist für Februar nächsten Jahres auf dem Mobile World Congress geplant. Anfangs will man sich auf Entwicklungsländer konzentrieren, wo viele Basisstationen noch mit Dieselgeneratoren arbeiten. 15 Milliarden Dollar an Spritkosten sollen hier geschätzt derzeit pro Jahr zusammenkommen.

Noch interessanter ist aber der Smartphone-Markt. Dort hofft man in Zukunft einen einzigen Leistungsverstärker-Chip anbieten zu können, der alle wichtigen Frequenzbänder der CDMA-, GSM- und LTE-Netze abdeckt.

Der Markt der Basisstationen bleibt aber wichtig. Neben den 67 Prozent Energie, die der Leistungsverstärker zieht, gehen nochmals 11 Prozent für die Kühlung drauf. Die Eta-Devices-Hardware könnte den Stromverbrauch somit halbieren, wie Firmenchef Mattias Astrom sagt. Im Zusammenhang mit dem Ausbau von LTE dürften in den kommenden Jahren jährlich mehr als eine Million neue Zellen entstehen.

Indirekte Einsparungen wären auch bei der Kühlung sowie bei Notstromaggregaten möglich, die dann kleiner ausfallen könnten. "Es gibt eine ganze Reihe an Sekundäreffekten", sag Astrom, dessen letzte Firma, der Kartendienst C3, an Apple verkauft wurde. "Wir sind extrem optimistisch, dass wir hier etwas haben." (bsc)