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Schrifttypen und Fonts können in engen Grenzen rechtlichem Schutz unterliegen. Sind sie geschützt, müssen Benutzer im Offline- und Onlinebereich Lizenzen für ihre Nutzung erwerben. Im Detail sind die juristischen Fallstricke zu beachten.

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Von
  • Tobias Haar
Inhaltsverzeichnis

Was haben die Schweizer Bundesbahnen und Apple gemeinsam? Die SBB hatte Apple vorgeworfen, für eine Uhrfunktion ihrer Smartphones und Tablets das rechtlich geschützte Design der schweizerischen „Bahnhofsuhr“ verwendet zu haben. Kürzlich meldeten die beiden in einer Presserklärung eine Einigung und den Abschluss eines Lizenzvertrages. Das Design der Bahnhofsuhr wird also auf Apple-Geräten erhalten bleiben.

Das Beispiel zeigt, dass man bei der Nutzung von Design rechtliche Aspekte keinesfalls außer Acht lassen kann. Die SBB hätte Apple auch auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch nehmen können. Dies betrifft nicht nur Fälle, in denen Designs aus der „Offline-“ in die „Online-Welt“ übernommen werden sollen. Problematisch ist beispielsweise die Verwendung von Schriftarten für eigene Webseiten, Smartphone-Apps, aber auch Druckerzeugnisse und dergleichen. Durch die heute gegebenen Möglichkeiten, Vorlagen schnell zu digitalisieren und zu verwenden sowie im Rahmen von „copy&paste“ einfach zu nutzen, vernachlässigen viele die damit verbundenen Rechtsfragen. Im schlimmsten Fall kann dies zu juristischem Ärger führen.

Nutzer sollten vor einer Verwendung stets die Herkunft von Schrifttypen recherchieren und die Frage klären, ob man diese einfach nutzen darf oder ob dafür zunächst ein Lizenzvertrag erforderlich ist. Manchmal kann es besser sein, eine andere Schrifttype zu verwenden, um Aufwand und Kosten zu vermeiden.

Im Bereich des Rechtsschutzes von Schrifttypen sind die juristischen Übergänge fließend und die Abgrenzung im Detail schwammig. Da es sich bei Schrifttypen um schöpferische Leistungen handeln kann, kommt zunächst einmal ein Schutz nach dem Urheberrecht in Betracht. Um es vorwegzunehmen: Schrifttypen unterliegen nur in den wenigsten Fällen dem Urheberrechtsschutz.

Bereits 1958 hat der Bundesgerichtshof Stellung genommen (Az. I ZR 21/57). „Maßgebend ist allein, ob der ästhetische Gehalt einen Grad erreicht hat, dass nach dem im Leben herrschenden Sprachgebrauch nicht nur eine ‚geschmackliche‘, sondern eine ‚künstlerische‘ Leistung vorliegt. Dies wird bei einer Gebrauchsschrift, die für gewöhnliche Druckerzeugnisse Verwendung finden soll, schon deshalb selten in Betracht kommen, weil der Gebrauchszweck einfache, klare, leicht lesbare Linienführungen voraussetzt, die weitgehend durch die vorgegebenen Buchstabenformen gewissermaßen technisch bedingt sind, sodass nur ein geringer Spielraum für eine künstlerische Gestaltung verbleibt. Die Möglichkeit einer solchen künstlerischen Gestaltung muss aber grundsätzlich auch bei Gebrauchsschriften bejaht werden.“ Die Anforderungen sind also sehr hoch und nur selten wirklich erfüllt.

Im elektronischen Bereich kommt ein Schutz von Schriftarten als „Computerprogramm“ in Betracht. Entscheidend ist dabei, ob in der zugrunde liegenden Datei oder Datenbank Steuerungsbefehle vorhanden sind. Nur wenn diese in einen Font einbezogen wurden, kann überhaupt urheberrechtlicher Schutz nach diesen Sondervorschriften im Urheberrechtsgesetz bestehen. Hier spielt das „Hinting“ eine Rolle. Darunter versteht man die Bildschirmoptimierung von „vektorbasierten Schriften“. Vektor-Fonts basieren nicht auf Punkten innerhalb einer Punktmatrix, sondern auf mathematisch beschriebenen Umrisslinien. Damit man sie am Bildschirm oder Drucker darstellen kann, muss ein sogenannter „Rasterizer“ die Bildpunkte (Pixel) berechnen.

Für diese Berechnung müssen in der Schrift Informationen hinterlegt sein, die die Pixelausgabe von Zeichen je nach Schriftgröße ermöglichen. Manchmal muss das Ausgabegerät dafür Pixel verschieben, weglassen oder hinzufügen. Außerhalb der eigentlichen Fontdatei kann es ebenfalls Techniken zur „besseren Darstellung“ von Fonts geben. Bei diesem „Subpixel-Rendering“ handelt es sich um einen Hardware- oder Softwareprozess, dessen Urheberrechtsschutz sich nicht auf die Schrifttype selbst beziehen kann.

Aber auch wenn eine Fontdatei mit Hints versehen ist, muss man weiter recherchieren, ob der Designer wirklich selbst die Steuerungsbefehle umgesetzt hat. Kein Schutz besteht, wenn er sich nur eines Computerprogramms bedient hat, das diese Aufgabe für ihn erledigt, nachdem er die Schriftbuchstaben pixelweise eingegeben hat. Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, muss man wissen, dass wiederum nur das Computerprogramm mit den Fonts (einschließlich Hints), nicht aber die visualisierte Schrift an sich rechtlich geschützt ist.

Ganz anders als nach diesem eher technischen Ansatz schützt das Geschmacksmusterrecht das Erscheinungsbild eines Designs. Ein Geschmacksmuster ist „die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt“. So heißt es in § 1 Absatz 1 des Geschmacksmustergesetzes. Weil in erster Linie Designs hiervon umfasst sind, hat das Geschmacksmustergesetz auch den Beinamen „Designrecht“.

Seit der Reformierung des Geschmacksmustergesetzes im Jahr 2004 sind Schriften nun geschmacksmusterrechtlich schutzfähig. Davor gab es sogar ein „Schriftzeichengesetz“, also ein Spezialgesetz, das sich ausschließlich mit dem Rechtsschutz von Schriftzeichen befasste. Anders als im Urheberrecht entsteht der Schutz nach dem Geschmacksmuster nicht automatisch mit Schaffung des Werkes, sondern erst durch eine Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA). Die Höchstdauer der gebührenpflichtigen Registrierung beträgt 25 Jahre. Im Urheberrecht besteht kostenloser Schutz sogar bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

Eintragen lassen kann man eine Schrift aber nur, wenn sie „neu“ und „eigenartig“ ist. Für die Prüfung der Neuheit ist der Anmelder selbst verantwortlich, wobei er die Rechercheplattform des DPMA benutzen kann. Vor dem Anmeldetag darf „kein identisches Muster offenbart worden“ sein, schreibt § 2 des Geschmacksmustergesetzes vor. Im Klartext: Die Schrift darf zuvor nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein.

Mit einer Eigenart versehen ist eine Schrift, wenn ein Durchschnittsfachmann sie von einer anderen unterscheiden kann. Dabei kommt es auf den Gesamteindruck der Schrift an, nicht auf das einzelne Schriftzeichen. Insgesamt ist diese Hürde eher leicht zu nehmen, denn es gelten nicht die hohen Anforderungen an eine persönliche Leistung des Gestalters, wie sie etwa im Urheberrecht bestehen. Bei der Einreichung der Schrift zur Registrierung sind besondere Formalien einzuhalten. So müssen beispielsweise alle Buchstaben in Groß- und Kleinschreibung in einer bestimmten Schriftgröße eingereicht werden. Manche verwenden hierzu Sätze, in denen alle Buchstaben vorkommen, beispielsweise „Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern“.

Ein Geschmacksmuster gewährt nach Anmeldung beim DPMA nur Schutz im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die Markenämter anderer Staaten können jeweils auch nur nationaler Designschutz gewähren. Nach einem ähnlichen Verfahren wie in Deutschland kann man beim Harmonisierungsamt (HABM) der EU im spanischen Alicante Geschmacksmusterschutz für die gesamte EU erhalten.

Ein besonderer Fall ist der EU-weite Schutz für nicht eingetragene Geschmacksmuster. Bei einer Offenbarung eines Designs gegenüber der Öffentlichkeit besteht ein dreijähriger Schutz, aber nur gegen vorsätzliche Nachbildungen. Der Designer trägt für alle Voraussetzungen die volle Beweislast, was eine Durchsetzung der Rechte im Einzelfall stark erschwert. Auf diesen Schutz sollten sich Betroffene im Zweifel nicht verlassen.

Schließlich können Geschmacksmuster auch international bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) geschützt werden. Schutz besteht dann aber maximal in den Ländern, für die der Kreative ihn beantragt und die dem „Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle“ beigetreten sind. Die Kosten berechnen sich nach der Anzahl der Länder, für die Designschutz bestehen soll. Nähere Informationen sind auf den Webseiten der WIPO abzurufen.

Die „Bezeichnung“ einer Schrifttype kann markenrechtlich geschützt sein. Das bloße Design einer Schrift allerdings nicht. Eine Marke ist ein Zeichen, das dazu geeignet ist, Waren und Dienstleistungen im Geschäftsverkehr voneinander zu unterscheiden. Für Schriften kommen lediglich sogenannte Wort-/Bildmarken in Betracht. Sie schützen Wörter oder einzelne Zeichen, die grafisch besonders gestaltet sind. Ohne Erlaubnis des Designers darf eine Schrifttype zwar – wenn kein Geschmacksmusterschutz besteht – kopiert und verwendet werden, diese darf dann aber nicht die gleiche Bezeichnung tragen. Ein Beispiel hierfür ist die Schrifttype Helvetica. Die Firma Linotype hatte sich an der Bezeichnung „Helvetica“ die Markenrechte gesichert. Dennoch konnte CorelDraw die Schrifttype unter anderer Bezeichnung – „Swiss“ – übernehmen. Weitere Namen von Plagiaten sind Olympia, Aristocrat, Spectra und viele mehr.

Unterliegt eine Schrifttype urheberrechtlichen oder geschmacksmusterrechtlichen Schutz, benötigt ein Benutzer zu ihrer Verwendung die Erlaubnis des Designers. Solche Lizenzen können entweder kostenfrei nach Open-Source-Lizenzmodellen oder aber auf der Grundlage individualvertraglicher Vereinbarungen eingeräumt werden. Will jemand eine Schrifttype nutzen, muss er zunächst ihre Herkunft und die Möglichkeit einer Lizenzeinräumung recherchieren. Dafür eignen sich die erwähnten Recherchedatenbanken. Daneben befassen sich einige Internetforen mit diesen Fragen. Als sicherste Möglichkeit kommt die Nachfrage beim „Urheber“ einer Schrifttype in Betracht, wenn man ihn ausfindig machen kann. Im Zweifel können Fachleute helfen, etwa Juristen.

Ist die Frage nach der Lizenzierung geklärt, kommt es entscheidend auf die Lizenzbedingungen an. Um den rechtlichen Besonderheiten der Schutzfähigkeit von Schrifttypen Rechnung zu tragen, hat das Summer Institute of Linguistics (SIL) als besondere Open-Source-Lizenz die „SIL Open Font License“ (kurz OFL) entwickelt. Sie zählt nach Einschätzung der Free Software Foundation (FSF) zu den „freien Lizenzen“. Die OFL ist inhaltlich der GPL ähnlich. Die von ihr erfassten Schriftarten dürfen grundsätzlich frei kopiert, geändert und verbreitet werden. Dies gilt aber nicht für die Bezeichnung der Schriftart selbst. Auch sind ausdrücklich die Dokumente – also die Inhalte –, die einen lizenzierten Font benutzen, nicht miterfasst.

Als fast schon klassische Form der Open-Source-Lizenzierung im Bereich von Designs kommt des Weiteren die Familie der Creative-Commons-Lizenzen in Betracht. Kostenfrei bedeutet aber auch hier wie bei anderen Open-Source-Lizenzmodellen nicht automatisch „auflagenfrei“. Meist verlangen diese Lizenzmodelle zumindest eine Urhebernennung oder – und das macht gegebenenfalls die Nutzung einer Schrifttype zunichte – sie schließen eine kommerzielle Verwendung aus. Die Nutzung von Schrifttypen für die gewerblich genutzte Webseite, in (zumindest kostenpflichtigen) Apps für Smartphones oder für Druckerzeugnisse ist auf jeden Fall kommerziell.

Für ein eingetragenes Geschmacksmuster kann der Designer über einen Lizenzvertrag einem interessierten Verwender gegen Geld und sonstige Auflagen das Recht zur Nutzung der geschützten Schrifttype einräumen. Wichtig dabei ist der Umfang der Lizenzgewährung. Soll es sich um eine ausschließliche oder nicht ausschließliche Lizenz handeln? Für welches Territorium sollen die Nutzungsrechte gelten? Wie berechnet sich die Vergütung? Für welche Zwecke – online, Print, in einem Programm – darf die Schrifttype verwendet werden? Hier müssen die Vertragspartner sorgfältig arbeiten, denn man sollte beispielsweise einen Streit darüber vermeiden, ob eine Lizenz zur Nutzung auf Webseiten auch die Nutzung in Smartphone-Apps umfasst.

Soll der Designer Änderungen am Design der Schrifttype vornehmen, sind dafür ebenfalls entsprechende vertragliche Vereinbarungen zu treffen. Hierfür und für die gesamte Lizenzierung stellen sich Fragen nach der Gewährleistung und Haftung. Insbesondere über die Freiheit von Rechten Dritter sollten Regelungen im Lizenzvertrag aus Sicht des Lizenznehmers nicht fehlen.

Etliche Anbieter von Betriebssystemen und Anwendungssoftware regeln die kommerzielle Nutzung von mitausgelieferten Schrifttypen in ihren Nutzungsbedingungen. Das Software License Agreement für Mac-OS-Produkte gestattet die kommerzielle Nutzung der meisten der mitgelieferten Fonts für beispielsweise die Erstellung von Dokumenten. Für das „Einbetten“ einiger Fonts in Dokumente wie PDFs sind allerdings Beschränkungen vorgesehen. Inhaltlich ähnliche Regelungen finden sich beispielsweise auch in den Lizenzbedingungen von Microsoft für Office-Pakete. Wer im Einzelfall ganz sicher gehen will, sollte sich die Nutzungsbedingungen seiner installierten Software genau ansehen und bei Bedarf fachkundigen Rat einholen.

Andere Schrifttypen kann man bei kommerziellen Anbietern wie Fontshop oder myfonts.com lizenzieren. Ein Käufer muss vor allen Dingen darauf achten, dass er eine ausreichende Anzahl von Lizenzen erwirbt. In der Regel ist eine Lizenz für jedes „Gerät“ erforderlich. Darunter verstehen die Lizenzmodelle beispielsweise PCs/Laptops, Drucker, Rasterizer, Anzeigegeräte und dergleichen. Für die kommerzielle Nutzung gibt es neben den Nutzungsbedingungen gegebenenfalls noch kostenpflichtige „embedded licenses“, die es erlauben, Dokumente mit diesen Fonts zu veröffentlichen, auf Webseiten einzustellen et cetera. Juristische Tücken können hier im Detail liegen. Daher ist es wichtig, die Nutzungsbedingungen kritisch durchzusehen und bei Bedarf nachzuverhandeln.

Wer Schrifttypen erstellt oder für seine Zwecke verwenden möchte, muss sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen in diesem Bereich auseinandersetzen, denn diese können für den Designer geschützt sein. Vor einer Nutzung sollte eine Recherche der Herkunft und Schutzfähigkeit einer Schrifttype stehen. Nur in seltenen Fällen unterliegen Schrifttypen einem Schutz nach dem Urheberrecht. Viel eher ist es möglich, sie nach geschmacksmusterrechtlichen Vorschriften zu schützen. Ein solcher Schutz setzt aber eine gebührenpflichtige Anmeldung bei den zuständigen Anmeldestellen in Deutschland, der EU oder der WIPO für weitgehend internationalen Schutz voraus. Nur neue Schrifttypen mit einer gewissen „Eigenartigkeit“ haben hier Chancen auf einen bestandskräftigen Schutz. Dem Markenschutz unterliegt in der Regel nur eine bestimmte Zeichenfolge in einer bestimmten Darstellung, nicht aber die einzelnen Zeichen selbst. Die Bezeichnung einer Schrift, ihr Name, kann hingegen markenrechtlich geschützt sein.

In der Frage der Lizenzierung spielen Open-Source-Lizenzmodelle eine Rolle. In anderen Fällen führt die Nutzung über den Abschluss eines (kostenpflichtigen) Lizenzvertrages mit dem Designer. Nur weil eine Schrifttype auf einem erworbenen PC vorinstalliert ist, heißt das noch lange nicht, dass man sie für alle kommerziellen Anwendungen verwenden darf. Die Nutzungsbedingungen sind kritisch darauf zu überprüfen, ob diese die jeweils erforderlichen Rechte auch tatsächlich einräumen.

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