Themenmolekül: Wissenschaftliches Prokrastinieren

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Diesmal unter anderem mit Glückswissenschaftlichem, Science & Beauty und einer essbaren Quantenphysik.

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Von
  • Peter Glaser

Glasers gesammelte Linkwolke aus der Welt der Wissenschaft und Technologie. Diesmal unter anderem mit Glückswissenschaftlichem, Science & Beauty und einer essbaren Quantenphysik.

Auf meinen Expeditionen durch das Netz finde ich immer wieder bemerkenswerte Informations-Atome, die sich im Lauf der Zeit zu Themenmolekülen verbinden. Gelegentlich möchte ich an dieser Stelle solche Link-Gravitationswolken aus der Welt der fröhlichen Wissenschaft und Technologie vorlegen.

Was macht eigentlich ein Professor der Chemie an Halloween?

"Doilies" ist eine Serie von computergestickten Spitzendeckchen der in Brooklyn lebenden Künstlerin Laura Splan. Die Gestaltung der Deckchen orientiert sich an der Struktur von Viren wie SARS, HIV dem Herpes- oder dem Influenza-Virus. Die dekorativen Objekte sind als Erbstücke gedacht, die von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden. Phänomene wie Bio-Terrorismus, SARS oder antibakterielle Seifen im Supermarkt haben unser Bewusstsein für die Welt der Mikroben geschärft, nun machen diese Gedanken es sich gemütlich.

Alexandra Pajak hat auf ihrem Album Sounds of HIV die Muster der Nukleotiden und Aminosäuren des der AIDS-Virus in die Klänge von 17 beklemmenden und zugleich hypnotisierenden Tracks in a-Moll transkribiert. Um die tiefe Traurigkeit in Verbindung mit der Krankheit zu reflektieren, hat Pajak bei der Arbeit an dem Projekt akribisch überprüft, dass jede der 9.181 Nukleotid-Noten an der richtigen Stelle steht.

Frank Potter's Science Gems: Seit 1994 sammelt, sichtet und sortiert Dr. Frank Potter Wissenschaftsressourcen nach einer Fülle von Kategorien – mehr als 14.000 kommentierte Verweise sind es inzwischen, und das Ganze ist nach wie vor ein Work in Progress. Neben den Abteilungen für unterschiedliche Schulstufen können Besucher zum Beispiel auch die großen wissenschaftlichen Entdeckungen der Neunzigerjahre erkunden oder andere verborgene naturwissenschaftliche Juwelen zutage fördern.

Christopher Ing bezeichnet sich selbst als "image enthusiast and scientist". Er ist als Computerwissenschaftler, Physiker und Biochemiker an der University of Waterloo im kanadischen Ontario tätig und bloggt unter anderem bei Fresh Photons über Dinge wie das DNA-Minikleid der Etsy-Userin Shenova oder einen mit DNA-Fliesen ausgelegten Fußboden.

Mit der Quantentheorie lassen sich eine Menge ungewöhnlicher Dinge anstellen. Man kann mit ihrer Hilfe Teilchen beamen, hochsichere Verschlüsselungsverfahren anwenden und die Computer der Zukunft bauen. Man kann sie aber auch essen.

Wissenschaftliche Schönheiten: Von Adam K. Glaser vom Dartmouth College stammt diese Langzeitbelichtung der Tscherenkow-Strahlung und die induzierte Fluoreszenz einer verdünnten Menge Fluorescein-Farbstoff in Wasser, das mit einem Megavolt-Elektronenstrahl aus einem medizinischen Linearbeschleuniger bestrahlt wird. Von Maria Popova, dem Mastermind hinter dem wunderbaren Blog Brainpickings und Betreiberin der "discovery engine" Explore, stammt der Hinweis auf verschiedene, schöne wissenschaftliche Darstellungen skalierbarer Größenverhältnisse im Universum, von den Plakaten des Designer-Duos Brainstorm (siehe Science Collection) über den Klassiker Powers of Ten bis hin zu den Dimensionierungen in einer Zelle, ausgehend von der Größe eines Reiskorns und einer Kaffeebohne, die Genetiker an der University of Utah in Form einer eleganten und erkenntnisreichen interaktiven Entdeckungsreise erstellt haben.

Von verschiedenen Wissenschaftlern mit einem virtuosen Sinn fürs Auge schließlich stammen die preisgekrönte mikroskopische Aufnahmen des internationalen fotomikrografischen Wettbewerbs von Nikon ("Small World").

Darauf ein wenig Abzählbares: 75 wissenschaftliche Mysterien, illustriert von einigen der abgefahrensten fachspezifischen Illustratoren. 25 kanadische Werbeanzeigen, in denen erstaunliche wissenschaftliche Fakten hervorgehoben werden. Die Umschlagillustration für "Man With the X-Ray Eyes" von George Wilson aus dem Jahr 1963.

Das Allerschönste ist zweifellos die Wissenschaft vom Glücklichsein, hier grafisch kongenial umgesetzt von Goncalo Viana. Einer ihrer wichtigsten Teilbereiche ist das Gebiet der Prokrastination, man kann auch sagen: die Wissenschaft vom Herumtrödeln und wie man dieses managen kann, hier paradoxer Weise in einer animierten Ausführung. (bsc)