Herr der Netze

Jochen Homann, Chef der Bundesnetzagentur, ist eine Schlüsselfigur der Energiepolitik. Im TR-Interview spricht er über die Fallstricke der Energiewende.

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Jochen Homann, Chef der Bundesnetzagentur, ist eine Schlüsselfigur der Energiepolitik. Im TR-Interview spricht er über das komplizierte Wechselspiel zwischen Markt und Regulierung, den schleppenden Breitbandausbau und die Fallstricke der Energiewende.

TR: Herr Homann, es heißt, Sie hätten mehr Stellhebel zur Verfügung als der Bundeswirtschaftsminister. Ist das so?

Homann: Das dementiere ich natürlich heftig! Die Bundesnetzagentur spielt zwar eine zentrale Rolle bei vielen Themen, aber am Ende entscheiden immer Regierung und Parlament.

Eine Ihrer Leitlinien ist „mehr Markt, weniger Staat“. Wie funktioniert das auf Ihrem Posten, wo es gerade darum geht, staatliche Eingriffe nachzujustieren?

Wir haben einen Regulierungsauftrag in Bereichen, in denen es entweder natürliche Monopole gibt – wie beim Strom-, Gas- oder Schienennetz –, oder wo es Akteure mit besonderer Marktmacht gibt, wie im Telekommunikations- und im Postbereich. Regulierung ist dabei aber kein starres Konzept – wir überprüfen laufend, wo man Dinge aus der Regulierung entlassen kann. Wo ein Markt funktioniert, sind wir die Letzten, die sagen: Wir halten an der Regulierung fest.

Sie kommen aus dem Energiebereich. Jetzt sind Sie auch für Internet und Telekommunikation zuständig. Haben Sie sich schon gut eingearbeitet?

So gut das in der kurzen Zeit und bei der starken Belastung durch die Energiepolitik geht. Ein neuer Chef bekommt ja immer 100 Tage, um sich einzuarbeiten – und ich habe fünf Regulierungsbereiche, also 500 Tage (lacht).

Der Breitbandausbau kommt ja nicht so recht in Schwung. Sehen Sie darin ein Regulierungsproblem?

Nein. Nach unserer Einschätzung besteht das Kernproblem darin, dass es noch an attraktiven Anwendungen für hohe Bandbreiten und deshalb auch an Zahlungsbereitschaft fehlt. Es gibt sehr viel mehr Haushalte, die große Bandbreiten nutzen könnten, es aber aus genau diesem Grund nicht tun.

In Deutschland gibt es genug Gegenden, wo man weder für Geld noch für gute Worte einen Breitbandanschluss bekommt. Dabei war es eine politische Vorgabe, jeden Haushalt bis 2010 mit wenigstens einem Megabit pro Sekunde zu versorgen.

Auch wenn die Marke von einem Megabit bis 2010 nicht im gesamten Bundesgebiet erreicht werden konnte, fehlen heute nur noch wenige Gebiete. Und auch in Brandenburg – dem letzten Bundesland – wird die Ausbauverpflichtung in Kürze erfüllt sein. Jetzt geht es um die weiteren Ziele: Bis 2014 sollen 75 Prozent der Haushalte 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung haben, 2018 dann 100 Prozent. Da sind noch Anstrengungen nötig.

Sind diese Ziele mit rein marktwirtschaftlichen Mitteln erreichbar?

Aus unserer Sicht sind sie am ehesten erreichbar, wenn man verschiedene Technologien nutzt – nicht nur Glasfaser – und verschiedene Finanzierungsmodelle zulässt. Es wird sich möglicherweise nicht alles rein wettbewerblich realisieren lassen. Dann stellt sich die Frage, inwieweit man Förderung einsetzen muss.

Also auch Subventionierung?

Bereits heute gibt es verschiedene Förderprogramme, mit denen der Breitbandausbau unterstützt wird – insbesondere in ländlichen und dünn besiedelten Regionen.

Eine Ausbauverpflichtung per Gesetz halten Sie also nicht für nötig?

Sollte der Gesetzgeber eine Ausbauverpflichtung für nötig erachten, dann müsste er diese in das Telekommunikationsgesetz aufnehmen. Dies ist allerdings eine politische und keine regulatorische Frage. Ich bin mir nicht sicher, ob eine Ausbauverpflichtung den Breitbandausbau beschleunigen würde. (grh)