Schaar: Skepsis gegenüber Facebook-Fahndung

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat Bedenken gegen Fahndungsaufrufe via Facebook, die die Justizminister der Länder prüfen lassen. Aber auch bei der reinen Internet-Fahndung gebe es noch Probleme.

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Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar will Fahndungsaufrufe auf Facebook nur als Verknüpfung zulassen. "Soweit soziale Netzwerke für Fahndungszwecke genutzt werden sollen, muss die eigentliche Fahndung auf einem von der Polizei betriebenen Server bereitgehalten werden", sagte Schaar der Mitteldeutschen Zeitung. "Auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken dürften nur einschlägige Links verbreitet werden."

Schaar warnte vor Aufrufen zur Lynchjustiz: "Die Internetfahndung darf auf keinen Fall dazu beitragen, dass falsche Verdächtigungen oder gar Aufrufe zur Lynchjustiz auf den Fahndungsseiten erscheinen." Deshalb müsse der Vorstoß des hessischen Justizministers Jörg-Uwe Hahn (FDP) und ein daraus resultierender Prüfauftrag "sehr gründlich abgearbeitet werden".

Die Justizminister der Länder lassen prüfen, ob die Polizei in Zukunft auch im Online-Netzwerk Facebook auf Verbrecherjagd gehen kann. Eine Arbeitsgruppe soll in den kommenden Monaten untersuchen, welche Möglichkeiten es für eine solche Polizeifahndung im Internet gibt. Weil vor allem junge Leute die klassischen Medien immer weniger nutzen und stattdessen in sozialen Netzwerken aktiv sind, wollen die Ressortchefs über neue Fahndungsinstrumente nachdenken.

Als ungelöstes Problem die Frage der Datenlöschung, heißt es in dem Zeitungsbericht. Die Fahndungsplakate auf Litfaßsäulen mit den Motiven der RAF-Täter konnten seinerzeit wieder entfernt werden, hieß es. Das sei mit Daten im Internet kaum möglich. Hierfür müssten Lösungen gefunden werden. Außerdem dürften private Internetanbieter bisher grundsätzlich nicht zur Fahndung herangezogen werden. Diese Vorschrift müsste überarbeitet werden. Auch verfassungsrechtliche Einwände seien nicht ganz auszuschließen.

Der Rechtsexperte der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Neskovic, lehnte den Vorstoß ab. "Auch eine ungerechtfertigte Fahndung kann nicht mehr gelöscht werden. Die Eingriffstiefe steht in keinem Verhältnis zu einem möglichen Erfolg", sagte er der Zeitung zur Begründung.

Die Polizei in Hannover bittet Internetnutzer seit längerem über einen eigenen Facebook-Auftritt um Hinweise bei der Aufklärung von Verbrechen. Auch in Hessen sucht die Polizei bereits auf diese Weise nach Kriminellen.

In den auf Facebook auf Wunsch der örtlichen Polizei in Niedersachsen eingestellten Fällen wird zu dem jeweiligen Fahndungsaufruf im Internet verlinkt. Zentral zuständig dafür ist das Landeskriminalamt (LKA) das auch rund um die Uhr darüber wacht, ob es Reaktionen gibt. Facebook-Nutzer, die glauben, der niedersächsischen Polizei helfen zu können, sollen sich per Telefon oder E-Mail an die zuständige Wache wenden, nicht aber einen Kommentar einstellen. Die Informationen an die Fahnder sollen nicht öffentlich einsehbar sein. Um Datenschutzbedenken zu begegnen, lagern personenbezogene Daten zu vermissten Personen oder gesuchten Verbrechern auf Servern in Niedersachsen und nicht im Ausland.

Viele Hinweise über Facebook gibt es nach LKA-Angaben vor allem von der jungen Generation, die sich ansonsten eher selten mit Tipps bei der Polizei meldet. In diversen Fällen habe Facebook letztlich zur Aufklärung von Verbrechen beigetragen. Einmal kam es bereits zu einer Panne, als über Facebook kurzzeitig eine unter Kinderpornografie-Verdacht geratene Internetseite genannt wurde. (mit Material der dpa) / (anw)