Das süße, gesunde Leben

Frankreich hat süßen Dickmachern den Kampf angesagt und eine Cola- und Nutella-Steuer eingeführt. Auf solch einen mutigen Schritt wird man hierzulande vergebens warten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jens Lubbadeh

Frankreich hat süßen Dickmachern den Kampf angesagt und eine Cola- und Nutella-Steuer eingeführt. Auf solch einen mutigen Schritt wird man hierzulande vergebens warten.

Frankreich gilt als Land von kulinarischer Hochkultur, seine Küche ist seit 2010 Unesco-Weltkulturerbe. Und genau wie die Franzosen ihr Sprache vor englischer Infiltration bewahren wollen und mit asterixesker Beharrlichkeit einen Computer nicht Computer sondern ordinateur nennen, wehren sie sich nun auch gegen das Eindringen ungesunder Lebensmittel. Im Januar führte die französische Regierung die Cola-Steuer ein, eine Zugabe auf Softdrinks mit Zuckerzusatz oder Zuckerersatzstoffen. Die Folge: Cola und Co wurden um ein Drittel teurer.

Nun beschloss der französische Senat die sogenannte Nutella-Steuer. Verteuert werden alle Produkte, die das kalorienschwere Palmöl enthalten. Das ist unter anderem auch in Margarine, Chips, Kuchen, Schokolade. Jedes Jahr werden in Frankreich 126.000 Tonnen Palmöl verspeist, pro Kopf also rund zwei Kilogramm. 300 Euro Zusatzabgabe pro Tonne soll künftig auf Palmöl entfallen. Die nächsten Ziele sind auch schon ausgemacht: Zigaretten und Alkohol.

Chapeau, Frankreich! Das ist ein mutiger Schritt. Einer, den ängstliche deutsche Politiker wohl niemals wagen werden. Im föderalistisch-provinziellen Deutschland, das zentraler Steuerung „von oben“ stets skeptisch gegenüber eingestellt ist, trauten sie sich noch nicht einmal, ein landesweites Rauchverbot in gastronomischen Einrichtungen einzuführen. Die Folge: Jedes Bundesland kochte sein eigenes Süppchen. Und so wird in vielen Kneipen – oder neudeutsch: Rauchervereinen – heute munter weiter gequarzt. Dabei sind die Fakten eindeutig: Rauchverbote retten Leben.

Dieses Beispiel zeigt: Manchmal muss der Staat seine Bürger vor sich selbst schützen, denn die Industrie wird es nicht tun. Vor allem nicht bei der Ernährung. Die Zahlen sind alarmierend. Laut Statistischem Bundesamt ist jeder zweite Deutsche zu dick. Und vor allem bei Kindern wird die Lage immer dramatischer. Der Anteil der fettleibigen Kinder hat sich laut KiGGS-Studie von 2007 im Vergleich zu den 90ern verdreifacht. Etwa jedes sechste Kind in Deutschland ist zu dick.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer der wichtigsten aber sind unstrittig billige Kalorien, die in Cola, Schokolade und Chips zuhauf stecken. Nur staatliche Regulierung kann hier etwas bringen. Auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller kann man lange warten. Schon vor Jahren hatte die europäische Lebensmittelindustrie zugesagt, Werbung, die sich an Kinder richtet, einzuschränken. Passiert ist das Gegenteil.

Höhere Preise auf Schokolade und Chips würden wenigstens Kinder davon abhalten, die ungesunden Dickmacher zu kaufen. Profitieren werden davon übrigens nicht nur sie, sondern auch das Klima und die Orang-Utans. Für die Palmölproduktion werden immer mehr wertvolle Regenwälder abholzt. Doch hierzulande wird mit Nutella- und Cola-Steuer erst einmal nicht zu rechnen sein. Im Koalitionsvertrag haben sich CDU und FDP darauf verständigt, die "politische Steuerung des Konsums und Bevormundung der Verbraucher durch Werbeverbote und Strafsteuern" abzulehnen. (jlu)