ApacheCon Europe: Von der Community für die Community

Nach drei Jahren Abwesenheit hatte die Apache Software Foundation (ASF) Anfang November wieder einmal ihre Zelte in Europa aufgeschlagen. Gab es anfangs Sorgen, ob die diesmal von der Community selbst organisierten Konferenz überhaupt und unter welchen Einschränkungen stattfinden würde, fiel das Fazit schließlich durchweg positiv aus.

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Von
  • Frank Pientka
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Nach drei Jahren Abwesenheit hatte die Apache Software Foundation (ASF) Anfang November wieder einmal ihre Zelte in Europa aufgeschlagen. Eine Neuheit war, dass die Open-Source-Community die ApacheCon diesmal selbst organisierte. Gab es anfangs Sorgen, ob die "Community Edition" überhaupt und unter welchen Einschränkungen stattfinden würde, fiel das Fazit schließlich durchweg positiv aus.

Beeindruckende Liste an Sponsoren der ApacheCon Europe

Dass Open Source ein zunehmend wichtigerer Innovations- und Produktionsfaktor ist, zeigte nicht nur die lange Sponsorenliste der Konferenz mit namhaften internationalen Herstellern. Auch Claus von Riegen, bei SAP verantwortlich für Standards und Open Source, nannte in seiner Eröffnungsrede Gründe, warum sich bei SAP die Einstellung zu Open Source hin zu einem letztlich wachsenden Engagement in diversen Open-Source-Projekten geändert habe.

Als großer Softwarehersteller versuche SAP das Innovationspotenzial von Open-Source-Software mit den Anforderungen an die eigene Software, etwa langfristige Release-Planung, Support mit Security- und Bug-Fixing, unternehmensweit zu kombinieren. Den Apachen gab er mit auf den Weg, wie sie Straßenfußball (ApacheCE) und Bundesliga (ApacheEE) besser zusammenbringen könnten. So ließe sich in den Community-Editionen Innovation und Weiterentwicklung platzieren, in den Enterprise-Editionen könnte man sich auf den Long-Term-Support konzentrieren, so wie er gerade bei der Eclipse Foundation definiert werde.

Besonders gut besucht waren die Vorträge aus den Bereichen ApacheEE, OpenOffice, Webinfrastruktur sowie Lucene und Solr. Das ist sicherlich ein Indiz für die hohe Verbreitung der darunter angesiedelten Techniken und das bei ihnen größere Interesse an fortgeschrittenen Themen oder neuen Funktionen. Ein weiterer Grund für den großen Zuspruch waren wohl die vor kurzem veröffentlichten Versionen von Apache HTTP Server, TomEE, OpenOffice, Lucene und Solr.

Zum ersten Mal seit ihrem Wechsel zur ASF war die große OpenOffice-Community auf einer ApacheCon mit eigenen Vorträgen vertreten. So verwundert es nicht, dass OpenOffice als einziger Themenbereich mit Vorträgen an allen Tagen vertreten war. Das zeigt einerseits das große öffentliche Interesse an OpenOffice und seinen Erweiterungen. Andererseits verdeutlichen zum Beispiel die Funktionen der kommenden Version (OpenOffice 4), eine verbesserte Interoperabilität mit Microsofts Office-Formaten und ein Prototyp der Bürosoftware in der Cloud, dass zukünftig einiges zu erwarten ist. Der Wechsel zu den Apachen hat sowohl OpenOffice als auch der ASF trotz anfänglicher Bedenken und Schwierigkeiten gut getan.

Insbesondere das Thema Speichern und Analyse großer Datenmengen zeigt, wie die Apache-Produkte aus dem Bereich Suche, Big Data und NoSQL zunehmend zusammenwachsen oder sich gegenseitig befruchten. Nachdem es nach dem Weggang von Damien Katz etwas ruhiger um CouchDB geworden war, gab es auf der Konferenz die ersten Lebenszeichen einer nächsten Version 1.3. Als erstes Apache-Projekt wird CouchDB außerdem seinen Sourcecode von Subversion nach Git migrieren und nur noch dort weiterentwickelt.

Beim MapReduce-Framework Hadoop ging es in mehreren Vorträgen nicht nur um die Zukunft, sondern auch um Praxiserfahrungen im Umgang mit großen Datenmengen oder um Maßnahmen, die Ausfallsicherheit oder Verfügbarkeit zu erhöhen. Gespannt darf man auch auf die Zukunft von YARN sein. Dabei handelt es sich um die zweite Generation des MapReduce-Frameworks, die sich als separates Unterprojekt auch ohne MapReduce verwenden lässt.

Das aus dem Web-Crawler Nutch entstandene und auch in dessen neuen Version enthaltene Persistenzframework Gora abstrahiert die Speicherung, sodass sich SQL- oder NoSQL-Produkte alternativ konfigurieren lassen. Hier wiederholt sich, was man bei Hadoop erlebt hat, nämlich dass Ideen aus bestehenden Projekten entstehen und sich zu eigenständigen entwickeln, die wiederum andere verwandte Projekte nutzen. Der manchmal genannte Nachteil, dass sich einige Apache-Projekte in ihren Funktionen und Anwendungsgebieten überschnitten, kann durchaus auch ein Vorteil sein. Denn einerseits belebt der interne Wettbewerb das Geschäft, und andererseits gibt es die Möglichkeit zu Synergieeffekten.

Eine "Zellteilung" hat vielen Apache-Projekten gut getan. Oft entwickelten sich die als Unterprojekte gestartete Software erfogreicher weiter als das "Mutterprojekt", wie bei der Routing- und Konvertierungs-Engine Camel, die aus ActiveMQ hervorgegangen ist.

Mit über 500 Besuchern und fast 140 Vorträgen war die in Sinsheim mit Unterstützung der SAP ausgetragene Konferenz besser besucht als ihre Vorgänger. Die Vorträge halfen, die zunehmend größer werdende Lücke bei Open-Source-Produkten zwischen Dokumentation und verfügbaren Softwarefunktionen etwas zu schließen beziehungsweise eine Idee zu bekommen, wo man weitersuchen soll und wo nicht. Man konnte aus erster Hand erfahren, welche Apache-Projekte angesagt sind, was dort geplant ist oder selbst dabei mitwirken.

Für alle, die die Konferenz verpasst haben, sind Videomitschnitte und Folien zu vielen Vorträgen der Konferenz online verfügbar. Das Experiment einer "Communty-Edition" der ApacheCon war jedenfalls so erfolgreich, dass es sein könnte, dass die Apachen nächstes Jahr wieder auf Europa zu Besuch kommen und so das Community-Leben erneut mit neuen Produkten und Ideen bereichern. Bis dahin sei auf die Ende Februar 2013 tagende ApacheCon NA verwiesen, zu der gerade die Auswahl der Vorträge läuft und sich noch Reisekostenzuschüsse stellen lassen.

Frank Pientka
ist Senior Software Architect bei der Materna GmbH in Dortmund.
(ane)