Hewlett-Packard fühlt sich betrogen

Der IT-Konzern HP sieht sich bei bei einer teuer zugekauften Software-Firma als Opfer einer milliardenschweren Bilanzfälschung. Der Gründer der betroffenen Firma Autonomy widerspricht den Vorwürfen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 163 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Ein noch vom deutschen Konzernchef Léo Apotheker eingefädelter Zukauf entpuppt sich für Hewlett-Packard als Milliardengrab. Die "ernsthaften Unregelmäßigkeiten" in den Bilanzen des Software-Unternehmens Autonomy seien erst aufgedeckt worden, nachdem Autonomy-Gründer Mike Lynch zur Jahresmitte aus dem Konzern ausgeschieden sei, erklärte HP-Chefin Meg Whitman am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Ein Manager der britischen Software-Firma habe einen Hinweis gegeben. Inzwischen seien auch die US-Börsenaufsicht SEC und die britische Ermittlungsbehörde SFO eingeschaltet worden.

Der IT-Konzern HP hatte im abgelaufenen Quartal einen Umsatzverlust von 7 Prozent hinnehmen müssen, bei einem Nettoverlust von 6,9 Milliarden US-Dollar. Hauptgrund dafür waren Abschreibungen im Zusammenhang mit Autonomy. Die erst jetzt entdeckten "massiven Ungenauigkeiten" kosteten das Unternehmen 8,8 Milliarden US-Dollar. Ansonsten hätte es einen Quartalsgewinn in Milliardenhöhe gegeben. Der Aktien-Kurs von HP brach nach der Veröffentlichung der Zahlen zeitweise um 14 Prozent auf 11,35 US-Dollar ein. Das ist der tiefste Stand seit etwa zehn Jahren.

Der Autonomy-Gründer Lynch wies die Vorwürfe zurück und sprach von Missmanagement durch HP. "Die frühere Führungsmannschaft von Autonomy war geschockt, als sie die heutige Mitteilung gesehen hat", zitierte die Financial Times aus einer Stellungnahme. Die Anschuldigungen seien falsch. "HP hat die Bücher genau geprüft."

HP indes geht davon aus, dass Autonomy-Führungskräfte bewusst die Bilanzen geschönt haben, um den Preis in die Höhe zu treiben. Unter anderem seien Umsätze aufgebläht und die Rendite geschönt worden. Von der Riesen-Abschreibung entfielen mehr als 5 Milliarden Dollar auf die mutmaßliche Bilanzfälschung selbst, der Rest seien Folgeschäden wie ein gesunkener Aktienkurs. HP wolle nun vor Gericht zurückholen, was möglich sei, kündigte Whitman an. Allerdings könnten die Verfahren Jahre dauern.

Nur wenige Wochen nach der Übernahme wurde Apotheker geschasst, weil sein damit verbundener Plan für das Unternehmen intern und bei den Aktionären wenig Freunde fand. Die ehemalige Ebay-Chefin Meg Whitman übernahm im September 2011 das Ruder. Der Abschluss des Deals mit Autonomy fiel bereits in ihre Zeit. Sie betont jetzt, dass auch die Wirtschaftsprüfer von Deloitte und KPMG die Bilanzmanipulationen nicht entdeckt hätten.

Apotheker betonte in einer Stellungnahme am Dienstag, die Bücher von Autonomy seien vor dem Kauf "akribisch" geprüft worden. Er sei erschüttert und enttäuscht – wenn die Vorwürfe stimmten, seien viele getäuscht worden. Whitman ihrerseits sagte: "Wir stehen 100-prozentig zu Autonomy". Es werde aber dauern, die Tochter in die Spur zu bringen. (mho)