Experten erwarten Pleitewelle

Für das aktuelle Zahlungsverhalten ihrer Kunden vergeben Unternehmen derzeit noch Bestnoten. Nach Ansicht von Experten wird die Stimmung aber bald kippen.

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Von
  • Marzena Sicking

Die Creditreform hat 4.000 Unternehmen um eine Bewertung des aktuellen Zahlungsverhaltens ihrer Kunden gebeten. 53,6 Prozent vergaben bei der Umfrage die Noten "gut" oder "sehr gut". Damit liegt die Zahl der positiven Erfahrungen knapp unter denen im letzten Jahr, als sich noch 54,6 Prozent der befragten Betriebe zufrieden zeigten. Gleich geblieben ist mit 3,7 Prozent die Zahl der Unternehmer, die die Noten "mangelhaft" und "ungenügend" vergaben.

Laut Creditreform erhielten im vergangenen halben Jahr wieder mehr Lieferanten und Kreditgeber ihr Geld innerhalb der üblichen Zahlungsfristen. 79 Prozent der Befragten erklärten, ihre Rechnungen seien nach spätestens 30 Tagen beglichen worden. Im Vorjahr verzeichneten 78,4 Prozent einen pünktlichen Zahlungseingang. Wenn Rechnungen verspätet gezahlt werden, dann mit einer durchschnittlichen Verzögerung von 12,33 Tagen und damit 0,41 Tage schneller, als noch im Herbst 2011.

Zahlungsverhalten in Deutschland (4 Bilder)

Allerdings haben Umfang und Höhe der Forderungsausfälle zugenommen: Im Herbst 2011 mussten neun Prozent der Unternehmen Forderungsverluste in Höhe von mehr als einem Prozent ihres Jahresumsatzes hinnehmen, inzwischen sind es schon 9,2 Prozent. Auch der Anteil der Betriebe, die bisher von uneinbringlichen Außenständen verschont geblieben sind ist von 20,4 auf 19,8 Prozent zurückgegangen. Als Fazit rechnen die Analysten von Creditreform damit, dass der sogenannte "DRD-Index" in den nächsten Monaten an Dynamik verlieren wird. Die Abwärtsrisiken für die deutsche Wirtschaft und folglich für das Zahlungsverhalten seien in der letzten Zeit beträchtlich gestiegen, heißt es.

Deutlichere Worte findet da der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen. Der hat ebenfalls eine Umfrage durchgeführt und teilt als Ergebnis mit, dass ein großer Teil der Inkassounternehmen für 2013 mit einer deutlich schlechteren Zahlungsmoral und mehr Insolvenzen rechnet. 24 Prozent würden berichten, dass Rechnungen nicht mehr so pünktlich bezahlt werden wie noch im Frühjahr.

Trotz guter wirtschaftlicher Lage sei es nicht gelungen, die Schuldenkrise der Privathaushalte in den Griff zu bekommen, mindestens 100.000 Verbraucherinsolvenzen seien in diesem Jahr zu erwarten. Auf lange Sicht sieht der Verband in dieser Entwicklung sogar eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Kritisch sieht der BDIU deshalb auch die von der Bundesregierung beabsichtigte Verkürzung der Wohlverhaltensperiode im Verbraucherinsolvenzverfahren. Damit würde man falsche Signale senden, die als als Einladung zum Schuldenmachen missverstanden werden könnten.

Die Situation im Mittelstand sei ebenfalls unsicher, man rechne mit einer Zunahme der Pleiten. Für 2012 seien 30.500 Unternehmensinsolvenzen zu erwarten, das wären etwa 400 mehr als im Vorjahr. 2013 soll die Zahl dann sogar auf 32.000 ansteigen. Vor allem die mangelnde Zahlungsmoral von Städten und Gemeinden mache kleineren Betrieben oft zu schaffen. Besonders besorgniserregend sei außerdem die starke Zunahme von betrügerischen Bestellungen im Handel. "Eine moderne Form der Zechprellerei, deren Methoden immer raffinierter werden", so BDIU-Präsident Wolfgang Spitz. (gs)
(masi)