Bärenstarke Muskeln aus Nanoröhrchen

US-Forscher haben ein Kohlenstoffgarn gewoben, das kleine Motoren antreiben und erstaunliche Gewichtsmengen tragen kann.

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Von
  • Katherine Bourzac

US-Forscher haben ein Kohlenstoffgarn gewoben, das kleine Motoren antreiben und erstaunliche Gewichtsmengen tragen kann.

Wissenschaftler an der University of Texas in Dallas haben Kohlenstoffnanoröhrchen gezeigt, die ähnliche Kontraktionsfähigkeiten wie menschliche Muskeln haben. Das schaltschnelle Material wurde zu einem Garn verwoben, das Gewichte tragen kann, die 200 Mal größer sind als das, was natürliche Muskeln gleicher Größe aushalten. Im Versuch gelang es bereits, das 50.000-fache des Eigengewichts des Materials anzuheben.

Die künstlichen Muskeln könnten als Aktoren in der Robotik oder bei chirurgischen Werkzeugen verwendet werden und klitzekleine Motoren oder Schwungräder antreiben. Die Komponenten arbeiten mit Strom, können aber auch in Reaktion auf Licht oder bestimmte Chemikalien kontrahieren. Im Labor hielten sie Temperaturen bis 2500 Grad Celsius aus – andere widerstandsfähige Aktorenmaterialien wären längst geschmolzen. Im Gegensatz zu früheren künstlichen Muskeln aus Kohlenstoffnanoröhrchen benötigen diese Materialien keine spezielle "Verpackung" und auch keine batterieartigen Elektrolyte, um zu funktionieren.

Einzelne Kohlenstoffnanoröhrchen sind stärker als Stahl, enorm leitfähig und besitzen hervorragende optische Eigenschaften. Doch Einzelne der Komponenten sind in der Praxis nicht sehr nützlich. Viele Jahre lang versuchen Forscher, Strukturen aus ihnen aufzubauen, doch die Skalierung vom einzelnen Röhrchen auf größere Flächen gelang nicht. Ein Problem ist die Tendenz des Nanomaterials, ein Spaghetti-artiges Durcheinander zu bilden, das die physikalischen Eigenschaften verschlechtert. Mit verschiedenen Tricks lässt sich das aber verhindern.

Bei den neuen Nanomuskeln liegt die Besonderheit in der Webtechnik des Garns. Sie wurde von Ray Baughman entwickelt. Seine Forschergruppe begann mit einem vertikalen Wald aus Kohlenstoffnanoröhrchen, über die dann ein Spezialroller geschickt wurde. Zog man die Röhrchen dann heraus, ergaben sich dünne, gestreckte Bögen. Die Röhrchen richteten sich schnurgerade aus und diese Ausrichtung hilft, die Gesamtstärke zu erhalten. Um die Muskeln zu erzeugen, überzogen die Forscher die Bögen mit Füllstoffen, die sich unter Wärmeeinfluss erweitern. Dann wurde der Bogen mit verschiedenen Verdrillungen zu einem Garn verwoben. Erhitzt man das Garn nun, dehnen sich die Füllstoffe aus und das Material kontrahiert je nach seiner Aufwicklungskonfiguration. Noch ist unklar, wann die Technik kommerzialisiert werden kann. (bsc)