Saudi-Arabien: SMS bei Grenzübertritt der Gattin

Seit vorige Woche erhält die für eine Frau zuständige männliche Aufsichtsperson automatisch eine SMS, wenn diese das Land verlassen will.

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Von
  • Jürgen Seeger

Seit vorige Woche erhält die für eine Frau zuständige männliche Aufsichtsperson automatisch eine SMS, wenn diese Saudi-Arabien verlassen will. Aufgefallen war die neue Überwachungsmethode, weil ein Ehemann während der gemeinsamen Ausreise mit seiner Frau eine Kurzmitteilung von der Einwanderungsbehörde aufs Handy bekam: Seine Gattin versuche gerade, am Flughafen Riad das Land zu verlassen. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte das Tracking weiblicher "Schutzbefohlener" Manal al-Sharif per Twitter. Die saudische IT-Beraterin hatte 2011 die Kampagne "Women2drive" initiiert für das Recht, in Saudi-Arabien auch als Frau Auto fahren zu dürfen.

Hinter der SMS steckt laut al-Sharif ein automatisiertes Messaging-System, das Grenzübertritte weiblicher Staatsangehöriger registriert und automatisch eine Nachricht an ihren gesetzlichen männlichen Vormund verschickt. Ohne dessen Zustimmung, in der Regel der Vater, Bruder oder der Ehemann, dürfen Frauen das Land nicht verlassen. Als Anlass für die neue Überwachungsmethode wird die Flucht einer Saudi-Araberin nach Schweden und deren behaupteter Übertritt zum Christentum vermutet.

Kritik erntete das Vorgehen der Behörden vor allem via Twitter. Der Kurznachrichtendienst hat sich als Medium zur Nachrichtenverbreitung in Diktaturen etabliert – und erfreute sich Ende 2011 eines 300-Millionen-Dollar-Investments des saudi-arabischen Milliardärs Alwaleed bin Talal. Das soll mittlerweile einem Börsenwert von 8 Milliarden Dollar entsprechen. (js)