Genomik für den Festtagsbraten

Mit Hilfe von Biochips für die DNA-Analyse sollen Züchter besonders widerstandsfähige und schnell wachsende Tiere finden. Für Truthähne und Hausschweine sind die gentechnischen Grundlagen bereits gelegt.

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Von
  • Susan Young

Mit Hilfe von Biochips für die DNA-Analyse sollen Züchter besonders widerstandsfähige und schnell wachsende Tiere finden. Für Truthähne und Hausschweine sind die gentechnischen Grundlagen bereits gelegt.

Für viele Amerikaner ist ein Truthahn der perfekte Braten zum Erntedankfest. Einige Genetiker sind jedoch davon überzeugt, dass der domestizierte Großvogel noch nicht das optimale Ende seiner Evolution erreicht hat. Im Truthahn-Genom-Projekt wollen sie das Genom des Tieres so verändern, dass es noch schneller wächst, besseres Fleisch produziert und widerstandsfähiger gegenüber Krankheiten in der Geflügelhaltung wird.

Das Projekt begann 2008 unter Leitung der University of Minnesota und des Virginia Polytechnic Institute. Inzwischen ist die Sequenzierung fast abgeschlossen. Die Forscher haben bereits einige genetische Werkzeuge entwickelt, die Züchtern helfen sollen, besonders geeignete Vögel auszuwählen. „Mit Hilfe des Genoms können wir einige Eigenschaften bestimmen, die in der Umgebung eines Geflügelhofs nicht erkennbar sind“, sagt Julie Long, Physiologin im Forschungsdienst des US-Landwirtschaftsministeriums und Mitglied im Turkey Genome Project.

Natürlich könne man leicht sehen, welches Tier schneller wächst als andere. Wie anfällig es aber für Krankheiten ist oder wie effektiv es Nahrung in den Aufbau von Muskelfleisch umsetzt, sei vom Ansehen alleine nicht zu beantworten. In der Truthahn-DNA können Long und ihre Kollegen hingegen die entscheidenden Informationen finden.

Sie haben einen Biochip mit Tausenden von DNA-Proben aus dem Truthahn-Genom entwickelt. Dabei handelt es sich um für die Zucht interessante DNA-Abschnitte, die von Vogel zu Vogel variieren. Wo die DNA-Stücke eines Tieres, das ein Züchter untersuchen will, sich an die passenden DNA-Proben auf dem Biochip binden, aktivieren sie ein Fluoreszenz-Signal. Auf diese Weise können Züchter herausfinden, welchen Mix von charakteristischen DNA-Abschnitten ein Truthahn hat. Vögel mit der besten genetischen Ausstattung werden dann für die weitere Zucht ausgewählt.

Auch für das Hausschwein, dessen Genom 2009 sequenziert wurde, gibt es bereits Biochips für die Zucht. Züchter würden nun über zwei Generationen Genanalysen vornehmen und die Ergebnisse mit der tatsächlichen körperlichen Verfassung der Tiere vergleichen, sagt Martien Groenen, Leiter des Schweine-Genomprojekts von der Universität Wageningen in den Niederlanden. „Nach zwei Generationen können Züchter mit Hilfe des Biochips geeignete Schweine direkt anhand ihres Genotyps auswählen.“

Eine ganz wichtige Rolle spiele bei diesen Projekten die Resistenz gegen verschiedene Krankheiten, sagt Kent Reed, Genetiker an der University of Minnesota und ebenfalls am Turkey Genome Project beteiligt. „Je gesündere Tiere man hat, desto weniger Antibiotika muss man später einsetzen“, so Reed.

Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann die Züchter von der Auswahl zur aktiven Veränderung von Tiergenomen übergehen. Mit Hilfe des „Genome Editing“, das vom Wissenschaftsjournal Nature 2011 zur „Methode des Jahres“ gekürt wurde, lassen sich bereits gezielt Basenpaare in der DNA austauschen. Hierbei werden Genabschnitte eingefügt, die gewünschte Eigenschaften kodieren, etwa ein besonders effektives Muskelwachstum. Die US-Firma Genus experimentiert mit dieser Technologie bereits an Kühen und Schweinen. Genforscher sehen solche neuen Verfahren aus der Genomik als wichtigen Beitrag zur künftigen Ernährungssicherheit, wenn die Weltbevölkerung von derzeit sieben auf vermutlich neun Milliarden Menschen ansteigen wird.

(nbo)