523 Milliarden Dollar ...

… an Subventionen bekamen die fossilen Energieträger im Jahr 2011 weltweit. Das ist nicht nur 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor, sondern auch das sechsfache der Summe für erneuerbare Energien. Reden wir doch mal darüber.

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Von
  • Robert Thielicke

… an Subventionen bekamen die fossilen Energieträger im Jahr 2011 weltweit. Das ist nicht nur 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor, sondern auch das sechsfache der Summe für erneuerbare Energien. Reden wir doch mal darüber.

Kürzlich plädierte der Chef des österreichischen Öl- und Gaskonzerns OMV, Gerhard Roiss, dafür, auch mitten in Europa wieder fossile Brennstoffe ausbeuten zu dürfen. Ansonsten, so seine Warnung, gehe dem Kontinent die bilige Energie aus - und damit die Wirtschaftskraft verloren. Es war die bekannte Argumentation: Öl und Gas, aber auch Kohle sind billig. Teuer wird die Energie nur durch die Erneuerbaren. Gut dass dieser Tage der aktuelle World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur IEA erschien. Er zeigte deutlicher als die vielen anderen IEA-Berichte zuvor: Roiss´ Rechnung ist nicht ganz richtig.

Es stimmt zwar, dass besonders in den USA neue Quellen von Öl und Gas so kräftig sprudeln, dass die Preise für die fossilen Brennstoffe sinken – oder zumindest einen weiteren Anstieg auf Jahre hinaus verhindern dürften. Die Entwicklung setzt die erneuerbaren Quellen unter Druck (siehe unsere Titelgeschichte „Gefahr für die grüne Energie“, Ausgabe 11/12). Falsch ist allerdings, dass der Preis der fossilen Brennstoffe die wirklichen Marktverhältnisse widerspiegeln. Denn nicht nur die Erneuerbaren – auch Öl, Gas und Kohle werden kräftig subventioniert, und nach neuen Zahlen mittlerweile sogar in einer rekordverdächtigen Größenordnung. Ganze 532 Milliarden Dollar bekamen sie 2011 geschenkt, rechnet die IEA vor. Das ist sechsmal mehr als der weltweite Zuschuss zu den erneuerbaren Energien.

Richtig liegt deshalb weniger OMV-Vorstand Gerhard Roiss als vielmehr Udo Ungeheuer, der designierte Präsident des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). "Die Subventionen verzerren den Wettbewerb", klagte dieser kürzlich. „Das macht es den erneuerbaren Energien schwer, sich am Markt durchzusetzen.“

Zugegeben: Die meisten dieser Subventionen fließen in Ländern, die – im Unterschied zu Deutschland – mit Steuergeldern den Benzinpreis niedrig halten. Steigt der Ölpreis auf dem Weltmarkt, steigen auch die Kosten für diese Vergünstigungen. Dieser Zusammenhang hat denn auch einen großen Anteil am 30-prozentigen Zuwachs von 2010 auf 2011.

Sicher ist aber auch: Hätte man wenigstens die Hälfte dieser 523 Milliarden Dollar zusätzlich in Windkraft-Anlagen und Solarmodule gesteckt, wäre die Umstellung auf grüne Energiequellen deutlich weiter. Dann hätten ihnen weltweit ganze 350 Milliarden Dollar zur Verfügung gestanden – und damit das 4-fache der tatsächlichen Summe. Entgegen der landläufigen Meinung bieten diese Technologien auch ärmeren Ländern riesige Möglichkeiten. Sie können sich unabhängiger von Ölimporten machen. Abgelegene Regionen ließen sich mit Elektrizität versorgen, die heute noch nicht an das Stromnetz angeschlossen sind und deshalb Dieselgeneratoren benötigen. Keimzellen einer weltweiten Energiewende würden entstehen. Das Potenzial zeigen vereinzelte Projekte mit Solarzellen und Stromspeichern, die zu so genannten Microgrids zusammengeschaltet sind, also lokal begrenzten Stromnetzen. Mit weniger Subventionen für Öl, dafür mehr für Erneuerbare, wäre sicherlich auch das Wüstenstromprojekt Desertec noch lebendig – und keine komatöse Hülle wie derzeit. Natürlich ist ein großes Problem für die globale Energiewende, dass die Erneuerbaren nach wie vor staatliche Förderung benötigen - aber eine ebenso große Hürde ist, dass die fossilen Energieträger sie nach wie vor bekommen. (rot)