Innovation auf Wasserbasis

Wasser ist eine Schlüsselressource für die Wirtschaft. Verfahren für einen effizienten Umgang mit dem kostbaren Rohstoff sind daher global gefragt. Deutsche Anbieter wissen das zu nutzen – und sind Rekordhalter beim Export von Wassertechnologie.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Wolfgang Richter
Inhaltsverzeichnis

Wasser ist eine Schlüsselressource für die Wirtschaft. Verfahren für einen effizienten Umgang mit dem kostbaren Rohstoff sind daher global gefragt. Deutsche Anbieter wissen das zu nutzen – und sind Rekordhalter beim Export von Wassertechnologie.

Es war endlich mal eine positive Nachricht zum Thema Wasser – die in den meisten Medien allerdings nur als kurze Meldung auftauchte. Im Frühjahr gab die UN bekannt, dass sie das erste ihrer "Millenniumsziele" erreicht hat: 89 Prozent der Weltbevölkerung haben täglich sauberes Wasser. Das ist ein Prozentpunkt mehr, als sich die Vereinten Nationen anlässlich der Jahrtausendwende als Ziel für das Jahr 2015 vorgenommen hatten. 1990 verfügten nur 76 Prozent der Menschen über einen direkten Zugang zu Trinkwasser. Verantwortlich für den starken Anstieg ist vor allem das Wirtschaftswachstum in Indien und China, das zu Investitionen in die dortige Wasserversorgung geführt hat.

Auch in anderen Regionen der Welt scheinen die Bedingungen für die Wasserbranche günstig: In Mitteleuropa wartet ein riesiger Markt, weil das 50 bis 80 Jahre alte Rohrleitungsnetz erneuert werden muss. Allein für die Trinkwasserleitungen in Deutschland wären 13 Milliarden Euro nötig. In Osteuropa setzen die strengen EU-Bestimmungen die neuen Mitgliedsstaaten unter Modernisierungsdruck. Für die schnell wachsenden Megacitys der Schwellenländer müssen ganz neue Konzepte der Wasserversorgung gefunden werden. Die Technik hierfür kommt unter anderem aus Deutschland. Dabei geht es nicht nur ums Wassersparen, das aufgrund des Klimawandels vor allem in Trockengebieten wichtiger wird. Moderne Wassertechnik ist energieeffizient und holt Wärme und Rohstoffe aus dem Abwasser von Haushalten und Industrie zurück. Und sie stellt für die wachsenden Anforderungen der Hightech-Branchen wie Solar- und Halbleiterfirmen immer reineres Wasser her.

Anlässlich der alle zwei Jahre in München stattfindenden Welt-Leitmesse der Wasser- und Abfallwirtschaft, der "IFAT Entsorga", veröffentlichte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im Mai eine Umfrage unter deutschen Wassertechnik-Unternehmen. Fast zwei Drittel von ihnen erwarteten für das erste Halbjahr 2012 zunehmende Auftragseingänge. Der Umsatz bei Produkten zur Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung stieg 2011 um zehn Prozent auf 1,6 Milliarden Euro.

Bezieht man hier auch die Technik für die gesamte Wasser-Infrastruktur ein, also etwa Pumpen und Ventile, gehen Experten sogar von einem dreifach höheren Umsatz der Branche aus. "Selbst bei Massenprodukten wie diesen können deutsche Firmen durch innovative Technik erfolgreich sein", sagt Ragnar Strauch, Wasserexperte beim VDMA. "Pumpen zum Beispiel sind meist ungeregelt und selten genau für ihren Anwendungszweck dimensioniert – da gibt es noch viele Möglichkeiten, die Effizienz zu steigern." Als Beispiel verweist er auf ein Vorzeigeprojekt in Jordanien, bei dem die Dortmunder Firma Wilo ein Pumpwerk für die Hauptstadt Amman modernisiert hat. Pumpen, deren Leistung je nach aktuellem Wasserbedarf der Stadt geregelt wird, wurden dort als "Druckmantelpumpen" direkt in die Rohrleitungen eingebaut. Sie sparen ein Drittel des vorher benötigten Stroms ein und damit Kosten von über 100000 Euro pro Jahr.

Der für den deutschen Maschinenbau typische Know-how-Vorsprung ist laut Strauch auch der Grund, weshalb die hiesigen Wassertechnik-Unternehmen im letzten Jahr Exportweltmeister waren. Mit einem Auslandsumsatz von 773 Millionen Euro verwies Deutschland die USA auf Platz zwei, die Produkte für 738 Millionen exportierten. Mit einem um die Hälfte beziehungsweise zwei Drittel kleineren Umsatz folgen Italien und China als weitere wichtige Exportnationen. "Die gute Tradition Deutschlands in der Wassertechnik zeigt sich auch darin, dass wir weltweit die niedrigsten Verluste in unserem Leitungsnetz haben", sagt Ragnar Strauch. Während in Westeuropa durchschnittlich ein Viertel des Trinkwassers durch Löcher in den Leitungen im Erdboden versickert, sind es bei uns nur sieben Prozent. "In Europa entstehen durch die Lecks vor allem Milliardenverluste, in den Entwicklungs- und Schwellenländern aber droht zusätzlich eine Gesundheitsgefahr, wenn im Boden vorhandene Krankheitserreger in die Rohre eintreten", sagt Raul Trujillo vom Ventil- und Armaturenhersteller VAG in Mannheim. Zudem betrügen in den ärmeren Staaten die Wasserverluste oft 50 Prozent und mehr.

In einem Kooperationsprojekt mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und weiteren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft bekämpft die VAG die Lecks mit einer verblüffend einfachen Methode: Wie auch bei der Modernisierung der Pumpstation in Jordanien geht es um das sogenannte Druck-Management. Hierbei wird die Tatsache ausgenutzt, dass sich der Wasserbedarf und damit auch der in den Leitungen benötigte Druck über den Tagesverlauf hinweg ändert. So kommt es etwa zu einer Spitze im Verbrauch, wenn morgens alle duschen. Die Menge an Wasser, die aus Lecks austritt und die Gefahr, dass neue Risse in den Leitungen entstehen, ist wiederum stark vom Leitungsdruck abhängig. Bei Pilotprojekten in Jordanien, Peru und der Slowakei wird nun der lokale Wasserbedarf an bestimmten Knotenpunkten gemessen. Per Funk öffnet oder schließt das System dann Ventile, damit der Druck im Netz immer gleich bleibt. Auf diese Weise lassen sich die Wasserverluste um bis zu 40 Prozent reduzieren.