Vereinte Nationen von Wikimedia

Die Wikimedia-Bewegung hinter der Online-Enzyklopädie Wikipedia bekommt ein neues Zentrum: Hauptsitz der Wikimedia Chapters Association (WCA), dem Verbund der einzelnen Wikimedia-Länderorganisationen, soll jetzt Genf werden.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die Wikimedia-Bewegung hinter der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia bekommt ein neues Zentrum: Die Wikimedia Chapters Association (WCA) siedelt sich in Genf an und will damit einen Gegenpol zu dem Hauptsitz der Wikimedia Foundation mit Sitz in San Francisco schaffen. Vorher muss die neue Organisation aber ihre Finanzen klären.

Die WCA ist ein Verbund von Wikimedia-Länderorganisationen. 21 der insgesamt 39 so genannten Chapter haben sich dem neuen Gremium bereits angeschlossen. Die Länderorganisationen haben keine direkte Zuständigkeit für die Wikipedia, deren Haupt-Server in Alleinregie von der Wikimedia Foundation betrieben werden. Sie dienen stattdessen als Anlaufstelle für Öffentlichkeit und Community in den jeweiligen Ländern, organisieren Veranstaltungen und Lobbyarbeit. Wikimedia Deutschland als mit Abstand größte und älteste Wikimedia-Organisation hat auch die Umsetzung der Wikipedia-Faktendatenbank Wikidata übernommen.

In den vergangenen Jahren war es öfter zu Unstimmigkeiten zwischen der Zentrale der Wikimedia Foundation und den Länderorganisationen gekommen. Nun hat die US-Stiftung offiziell ihr Aufgabengebiet deutlich eingeschränkt, um sich mehr auf die Wikipedia zu konzentrieren – in diese Lücke will die WCA vorstoßen. Dazu muss sie aber noch organisatorische Hürden überwinden. So hat das ebenfalls neu gegründete Funds Dissemination Committee der Wikimedia Foundation, das Empfehlungen für die internationale Mittelvergabe der Wikimedia Community erarbeitet, vorerst alle Mitgliedsbeiträge aus den Budgetvorschlägen der Länderorganisationen gestrichen, da die Organisation noch nicht legal gegründet sei.

Auf Anfrage von heise online erklärte Catrin Schoneville von Wikimedia Deutschland, dass die WCA dennoch nicht gefährdet sei – entweder will man sich um andere Finanzierungsmöglichkeiten bemühen oder sich in einer zweiten Finanzierungsrunde bei der Wikimedia Foundation um die Gelder bewerben. Zwar können die Chapter selbst Spenden einwerben, die Haupt-Einnahmequelle ist aber die jährliche Spenden-Kampagne in der Wikipedia. Die hatte in der deutschen Wikipedia-Ausgabe bereits Mitte November begonnen, in dieser Woche zog die Wikimedia Foundation nach: Insgesamt 25 Millionen US-Dollar will die US-Stiftung damit einnehmen.

Nach einem starken Wachstum in den letzten Jahren müssen einige Länderorganisationen die Gürtel enger schnellen. So wurde dem britischen Wikimedia-Chapter der Budgetvorschlag von knapp 920.000 US-Dollar auf 536.000 US-Dollar zusammengestrichen, nachdem im September zweifelhafte Geschäfte mehrerer Vorstände bekannt wurden. Wikimedia Frankreich bekam statt der beantragten 960.000 Dollar gar nur 94.000 US-Dollar zugesprochen, will sich aber seine Ausgabenpläne überarbeiten und neu einreichen. Wikimedia Deutschland bekam bis auf die WCA-Gebühr alle geplanten Ausgaben vorerst genehmigt und soll 1,79 Millionen US-Dollar aus dem zentralen Spendentopf erhalten. Für die Weiterführung des Projekts Wikidata müssen die Deutschen allerdings selbständig Großspender suchen. (axk)