Unterschätzte Untertitel

In Deutschland werden Kinofilme immer synchronisiert. Das ist bedauerlich und hat eigentlich nur Nachteile.

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Von
  • Jens Lubbadeh

In Deutschland werden Kinofilme immer synchronisiert. Das ist bedauerlich und hat eigentlich nur Nachteile.

Leider gibt es hierzulande eine Unsitte, die Filmliebhabern wie mir immer wieder die Fußnägel hochstellt: die Synchronisation ausländischer Filme.

Für mich ist das schlicht Realitätsverzerrung. So richtig bewusst wurde mir das erst, als ich damals eine Original-mit-Untertiteln-Vorführung des Tarantino-Films „Jackie Brown“ sah. Ich war gezwungenermaßen in der OmU-Vorstellung, denn ich hatte damals eine gehörlose Freundin. Als Samuel L. Jackson dann gleich zu Beginn des Films dann ungefähr bei jedem zweiten Wort das in den USA ubiquitäre „Motherfucker“ benutzte und ich die Zuschauer im Kinosaal dabei jedesmal zusammenzucken sah, wusste ich – wir haben ja so gar keine Ahnung, wie die eigentlich wirklich reden in den USA. Wie auch, wenn jedesmal das M-Wort durch den Synchronisationsweichspüler zu einem „Penner“ oder bestenfalls zu einem „Arschloch“ wird.

Nach und nach lernte ich es zu schätzen, die Schauspieler im Original zu hören und erkannte, wie sehr die Übersetzung und die deutschen Stimmen den schauspielerischen Gesamteindruck doch manipulieren können. Durchaus manchmal auch zum Besseren, keine Frage. Es gibt sehr gute Synchronsprecher. Eddie Murphys deutsche Stimme passt vom Timbre wesentlich besser zu ihm. Auch Robert de Niros deutsche Stimme ist viel einnehmender als seine echte. Trotzdem, seinen New-York-Akzent wird man so nie hören. Ebensowenig Eddie Murphys Slang. Meist aber verliert der Film durch die Synchro und selten kann es auch zur Farce werden, so wie bei „8 Mile“, der Film über Rapper mit Eminem in der Hauptrolle. Zum Glück haben die Synchronisierer die Rap-Duelle im Original belassen. Sonst hätten sie sich vollends lächerlich gemacht.

Mittlerweile schaue ich Filme selbst dann im Original, wenn ich die Sprache nicht verstehe. Es ist eine wichtige Ebene, die einem sonst verlorengeht. Leider gibt es nicht viele Kinos, die Originalversionen zeigen. Aber es werden mehr. Und das ist gut so. Denn die Vorteile liegen auf der Hand: Kinofilme würden nicht mehr monatelang verzögert bei uns anlaufen, weil sie erst noch teuer synchronisiert werden müssen. Wahrscheinlich treibt das auch nochmal die Eintrittspreise nach oben. Und es ist sicher auch kein Zufall, dass in Ländern, wo nichts synchronisiert wird (vor allem auch im Fernsehen), die Englischenntnisse der Bevölkerung auffallend gut ist, so wie zum Beispiel in Skandinavien, Dänemark und Holland. In Frankreich, Italien und Spanien, wo Vollsynchronisation gang und gäbe ist, ist es bekanntermaßen nicht besonders gut um die Englischfähigkeiten der Gesamtbevölkerung bestellt. Und natürlich würden sich auch die Gehörlosen freuen, wenn sie jeden Kinofilm ansehen könnten.

Das Internet ist mal wieder Vorreiter: Youtube führt nun die automatisierte deutsche Untertitelung seines Videobestands ein. Eine gute Sache, auch wenn momentan noch viel Unsinn in die Untertitel fließt. Aber es hat möglicherweise Signalcharakter für Kino und Fernsehen. (jlu)