EU verhängt Milliardenbuße gegen Bildröhren-Kartell

Die EU-Kommission hat gegen mehrere namhafte Elektronikkonzerne Kartellstrafen in dreistelliger Millionenhöhe verhängt, weil sich die Unternehmen von 1996 bis 2006 über Preise für Bildröhren abgesprochen haben.

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Die EU-Kommission hat gegen sieben namhafte Elektronikkonzerne Kartellstrafen in Höhe von insgesamt 1,47 Milliarden Euro verhängt. Die Unternehmen haben sich nach Erkenntnissen der Kartellwächter über nahezu zehn Jahre bei Produktion und Preisen von Bildröhren für Fernsehgeräte und Computermonitore abgesprochen sowie Märkte und Kunden untereinander aufgeteilt. Jetzt werden Samsung, LG und Philips sowie Toshiba, Technicolor (Thomson) und die Panasonic-Tochter MTPD zur Kasse gebeten. Der ebenfalls beteiligte taiwanische Hersteller Chunghwa hatte als erster über das Kartell ausgepackt und muss wegen einer Kronzeugenregelung kein Bußgeld zahlen.

Die Ermittlungen der EU-Kommission hatten bereits im November 2007 zu Razzien bei den beteiligten Unternehmen geführt. Zwei Jahre später hat Brüssel dann formell ein Kartellverfahren eingeleitet und die Firmen zur Stellungnahme aufgefordert. Die Kommission hat nach eigenen Angaben "Zuwiderhandlungen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum" festgestellt. Demnach haben die Hersteller zwei Kartelle gebildet: eines für Bildröhren, die für Fernseher gedacht waren, und eines für Monitore.

Chunghwa, LG Electronics, Philips und Samsungs Display-Sparte SDI waren demnach an beiden Kartellen beteiligt. Während Samsung mit rund 150 Millionen Euro zur Kasse gebeten wird, müssen LG und Philips jeweils um die 300 Millionen Euro Bußgeld zahlen. Darüber hinaus sollen die Unternehmen auch für die Beteiligung von Joint Ventures zahlen. So müssen LG und Philips zusammen noch einmal 390 Millionen Euro für die gemeinsame Tochter LG.Philips Display berappen. Panasonic soll für seine Beteiligung an dem TV-Röhren-Kartell 157 Millionen Euro zahlen, die anderen Unternehmen liegen im zweistelligen Millionenbereich. Bei der Höhe wurde nach der Kronzeugenregelung jeweils die Zusammenarbeit der Unternehmen mit den Ermittlern berücksichtigt.

"Diese Bildröhrenkartelle sind Kartelle wie aus dem Lehrbuch", bemerkte Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Mittwoch in Brüssel. Die beiden Gruppen gehörten zu den am besten organisierten Kartellen, die die Kommission bisher untersucht habe. Die Bildröhren seien wesentliche Bauteile und für bis zu 70 Prozent des Gerätepreises verantwortlich. Durch abgestimmte Steuerung der Produktion haben die Kartellmitglieder dem Preisverfall der Komponenten entgegengewirkt. Das habe der EU-Wirtschaft und "über die Jahre auch den Verbrauchern geschadet", sagte Almunia.

Die Hersteller haben nach Erkenntnissen der EU-Kommission Preise ebenso abgesprochen wie Produktionskapazitäten, sie haben die Märkte untereinander aufgeteilt sowie sensible Geschäftsdaten ausgetauscht. Auf sogenannten "Green(s) Meetings" soll die oberste Führungsebene der Unternehmen ihre Absprachen getroffen haben. Anschließend sei es zum gemeinsamen Golfspielen gegangen. Vorbereitet und umgesetzt worden seien die Kartelle durch regelmäßige Treffen auf einer niedrigeren Ebene.

Der niederländische Philips-Konzern hält die Bußgelder für überzogen und will in Berufung gehen. Die schuldige Sparte habe man bereits 2001 in das unabhängige Joint Venture mit LG ausgegliedert, erklärte das Unternehmen am Mittwoch. CEO Frans van Houten bekannte sich zu ethischen Wirtschaftsprinzipien und versicherte den Anlegern, das Bußgeld habe keinen Einfluss auf das Jahresziel. Philips hatte die Tochter bereits 2005 abgeschrieben, nachdem sich der Markt immer mehr in Richtung LCD-Geräte entwickelt hatte. Auch LG war ausgestiegen. LG.Philips war damals auch ins Visier der Kartellbehörden in Japan, USA und Südkorea geraten. (vbr)