Hirnschrittmacher für Alzheimer-Patienten

Eine experimentelle Therapie mit tiefer Hirnstimulation soll die Demenzerkrankung verlangsamen.

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Von
  • Susan Young

Eine experimentelle Therapie mit tiefer Hirnstimulation soll die Demenzerkrankung verlangsamen.

Forscher am Johns Hopkins Hospital in Baltimore arbeiten an einer neuen Methode, um die Symptome der Alzheimer-Krankheit zu mildern. Dabei wird den Patienten ein Schrittmacher-artiges Gerät in das Gehirn implantiert. Die Studie ist Teil eines größeren Projekts, an dem auch andere Forschungseinrichtungen teilnehmen. Die Wissenschaftler hoffen, über eine tiefe Hirnstimulation die Gedächtnisleistung Betroffener zu verbessern oder zumindest deren Abbau zu verlangsamen.

Die Technik wird bereits bei anderen Leiden wie Parkinson, Epilepsie und Zwangsstörungen verwendet – selbst im Kampf gegen Übergewicht wurde die Hirnstimulation bereits erwogen. Je nach Therapieziel werden Elektroden in verschiedene Bereiche des Gehirns implantiert. Bei der Alzheimer-Studie konzentrieren sich die Forscher auf Regionen, die mit Lernen und Gedächtnis in Zusammenhang stehen.

Eine Pilotstudie an insgesamt sechs Alzheimer-Patienten wurde bereits durchgeführt. Nach einem Jahr Behandlung, bei der das Gehirn ständig stimuliert wurde, zeigte sich bei einem PET-Scan eine leicht erhöhte Glucose-Aufnahme – üblicherweise ein Zeichen für eine vermehrte Hirnaktivität in den gewünschten Bereichen. Bei unbehandelten Patienten ging der Glucose-Stoffwechsel dagegen zurück, sagt Constantine Lyketsos, Direktor des Johns Hopkins Memory and Alzheimer's Treatment Center, der Co-Leiter der Studie war.

Obwohl die Ergebnisse bislang nur vorläufig sind und die Verbesserungen relativ klein, lohnt sich die Weiterverfolgung der Idee, glauben die Forscher – schließlich gibt es für Alzheimer nach wie vor nur wenige Therapieansätze. "Alternative Methoden müssen verfolgt werden, wenn man sich die zahlreichen Fehlschläge bei Medikamentenstudien in jüngster Zeit ansieht", meint Michele York, die am Baylor College of Medicine im Bereich Neurologie forscht.

Die Forscher sind derzeit noch dabei, weitere Patienten für die neue Studie zu gewinnen. Die Untersuchung soll den Zustand von Alzheimer-Patienten überwachen, die das Gerät entweder im ein- oder im ausgeschalteten Zustand ein Jahr lang tragen. Dabei sollen sie von Ärzten beobachtet und Hirnscans unterzogen werden. Die Hypothese: Die Elektroden könnten kritische Nervennetzwerke, die durch Alzheimer dezimiert werden, stimulieren. Was die Krankheit auslöst, ist immer noch nicht abschließend geklärt – das Ergebnis lässt sich aber in Form von Hirngewebsatrophie und nachlassender Gedächtnisleistung feststellen.

Die Veränderungen im Gehirn und die Verhaltensänderungen, die Betroffene durchmachen, können die Therapie verkomplizieren, sagt Expertin York. "Die Langzeitverwendung dieses invasiven Eingriffs muss genau untersucht werden, weil die Krankheit fortschreitender Natur ist."

Doch selbst wenn die tiefe Hirnstimulation Patienten hilft, ist sie doch keine endgültige Lösung des Problems. "Es ist unwahrscheinlich, dass sich die pathologische Kaskade der Alzheimer-Erkrankung damit umkehren lässt. Es wird sehr schwierig, ihren Verlauf zu revidieren", meint Mike R. Schoenberg, Neurowissenschaftler am University of South Florida Morsani College of Medicine. "In den Neurowissenschaften finden wir häufig Behandlungsmethoden, die Symptome unterdrücken und den Patienten eine gewisse Zeit lang Erholung bieten. Heilen können wir viele dieser Krankheiten aber nicht." (bsc)