Frankreich: Werbeverbot für Öffentlich-Rechtliche sorgt für heftigen Wirbel

Das geplante Verbot von Werbung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Frankreichs hat eine ganze Branche in Aufruhr versetzt. Kritiker werfen Präsident Sarkozy Vetternwirtschaft vor: Von der Entscheidung profitiert vor allem ein enger Freund der Familie.

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  • dpa

Das geplante Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hat in Frankreich für heftige Diskussionen gesorgt. "Die Regierungspläne könnten die öffentlichen Sender und den Gesamtmarkt destabilisieren", sagte der Präsident der Media-Agentur ZenithOptimedia, Sébastien Danet, am Mittwoch der Tageszeitung Le Figaro. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatte am Dienstag angekündigt, er wolle Werbung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern verbieten. Die Aktienkurse der Privatsender TF1 und M6 schossen umgehend in die Höhe. Der Präsident der öffentlichen Sendergruppe France Télévisions, Patrick de Carolis, begrüßte die Pläne. Das öffentliche Fernsehen erhalte so eine stärkere Identität.

In Frankreich finanzieren sich die Öffentlich-Rechtlichen zu 60 Prozent über Gebühren und zu 40 Prozent aus Werbeeinnahmen, eine Summe von gut 800 Millionen Euro im Jahr. "In Frankreich hat es noch nie einen solchen Transfer gegeben", sagte Danet. Die Umsetzung brauche daher Zeit. De Carolis betonte, er fordere seit Längerem eine klareres Finanzierungsmodell. Die fehlenden Einnahmen müssten aber ausgeglichen werden. Sarkozy hat den Ausgleich über eine Steuer auf die höheren Werbeeinnahmen der Privatsender oder auf Mobiltelefone und Internetverbindungen angekündigt. Ein Steuersatz von einem Prozent auf Letztere könnte etwa 300 Millionen Euro bringen.

Mehrere Zeitungen berichteten am Mittwoch indes von der möglichen Privatisierung eines der öffentlichen Sender, sollte der Verlust nicht ausgeglichen werden können. Diese Frage werde sich zwangsläufig stellen, zitierte die "Libération" aus Kreisen der Regierung. Mit seiner Ankündigung habe Sarkozy einen "800-Millionen-Euro-Scheck" an TF1-Eigentümer Martin Bouygues unterschrieben, den Taufpaten seines Sohnes Louis, schrieb die linksgerichtete Zeitung. M6-Chef Nicolas de Tavernost wies die Darstellung zurück, es handle sich um "ein Geschenk". "Die Rolle jedes Einzelnen musste klargestellt werden, und es ist das erste Mal, dass einer den Mut hat, das zu tun", sagte er "Libération".

Für die Werbeindustrie seien Sarkozys Pläne eine "doppelt schlechte Botschaft", so Danet. Ihnen fielen so bestimmte Zielgruppen der öffentlich-rechtlichen Sender weg wie Besserverdiener oder Über-50-Jährige. Zudem drohe eine Verteuerung der Sendezeit. In Großbritannien oder Deutschland, wo es kaum Werbung bei den Öffentlich-Rechtlichen gebe, seien die Kosten bereits deutlich höher. (dpa) / (pmz)