Google bringt die Singularität um

Die Meldung dürfte eine der spannendsten IT-Personalien des Jahres sein: Google stellt Ray Kurzweil ein. Kommt die Singularität nun näher, jener ominöse Urknall der künstlichen Intelligenz? Werden Kurzweils Visionen und Googles Rechenpower miteinander ein digitales Überwesen zeugen?

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Die Meldung dürfte eine der spannendsten IT-Personalien des Jahres sein: Google stellt Ray Kurzweil ein. Kommt die Singularität nun näher, jener ominöse Urknall der künstlichen Intelligenz? Werden Kurzweils Visionen und Googles Rechenpower miteinander ein digitales Überwesen zeugen?

Der US-TR-Blogger John Pavlus bietet eine bissige, aber sehr viel überzeugendere Interpretation an: Google hat die Singularität mit dieser Stellenbesetzung umgebracht, weil es Kurzweil nun nötigt, an besseren Maschinen zu arbeiten statt aufgeblasene Visionen zu verbreiten. Dafür, meint Pavlus, gebühre Google eine Medaille.

Da hat er Recht. Was mich an dieser Transhumanisten-Clique nervt, ist nicht nur ihre Geringschätzung des Menschen als schlecht konstruierte Maschine. Mich nervt auch ihr mangelnder Respekt vor der Komplexität. Die technokratischen Zukunftsvisionen der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre erscheinen uns heute so fremd, weil sie praktisch durchgehend die Wechselwirkungen in komplexen Systemen unterschätzt haben. Und trotzdem behaupten die Transhumanisten unverdrossen, sie könnten irgendwann den menschlichen Geist, das komplexeste System des uns bekannten Universums, nachbauen.

Zu beobachten war die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit kürzlich in dem Arte-Film „Die Welt ohne Menschen“. Dort ließ der Filmemacher eine Reihe von Transhumanisten von ihren großen Plänen erzählen – und er zeigte den praktischen Einsatz von sprechenden Robotern in einem Altenheim. Das sollte beim Zuschauer wohl ein gewisses Schaudern vor einer durchtechnisierten Welt hervorrufen. Doch tatsächlich haben die Bots kaum mehr getan als ein bisschen mit den Augen zu klimpern und den Bewohnern zu empfehlen, mehr Obst zu essen – und das auch noch mit einer grottenschlechten Sprachausgabe. Das ist nicht bedrohlich, das ist erbärmlich.

Also, liebe Transhumanisten: Macht doch erst mal eure Hausaufgaben. Wo bleibt die lange versprochene semantische Suche? Wo die zuverlässige maschinelle Übersetzung? Wenn die fertig sind, könnt ihr nachher ja immer noch an der Abschaffung der Menschen arbeiten. (grh)