Schleswig-Holstein vergibt erste Online-Pokerlizenzen in Deutschland

Das Kieler Innenministerium genehmigt zwölf Lizenzanträge für Casino-Spiele im Internet – bundesweit ein Novum. Die Landesregierung sieht sich rechtlich dazu gezwungen.

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Von
  • dpa

Erstmals sind in Deutschland Lizenzen für Anbieter von Online-Poker vergeben worden. Anträge von zwölf Anbietern von Online-Casino-Spielen wie Poker hat das schleswig-holsteinische Innenministerium genehmigt, teilte Minister Andreas Breitner (SPD) am Mittwoch in Kiel mit. Er habe rechtlich keine andere Wahl gehabt, weil das von der CDU/FDP-Vorgängerregierung beschlossene Glücksspielgesetz noch in Kraft sei und er es anwenden müsse. Während die Regierungsparteien SPD, Grüne und SSW mit Zähneknirschen die unvermeidbaren Lizenzen kommentierten, sprachen CDU und FDP von einem guten Tag für Schleswig-Holstein.

Die sechs Jahre gültigen Lizenzen gingen an acht Unternehmen mit Sitz in Malta, drei in Gibraltar und einem in Deutschland. Dem Innenministerium in Kiel liegen noch 18 weitere Lizenzanträge für Online-Casinospiele wie Pokern oder virtuelle Automaten vor. Bereits in den vergangenen Wochen bekamen 15 Anbieter eine Genehmigung für Sportwetten, 24 weitere Anträge werden bearbeitet.

Breitner und Experten seines Ministeriums machten deutlich, dass die Casino-Spiele-Lizenzen mit zahlreichen Auflagen verbunden sind, die Geldwäsche möglichst verhindern sollen. Die Lizenzen erlauben Online-Casinospiele nur Einwohnern in Schleswig-Holstein, nicht aber Bewohnern in anderen Bundesländern. Die Identität ihrer Spieler müssen Online-Anbieter überprüfen, zum Beispiel über ihren Ausweis. Spieler dürfen nur ein Spielkonto haben und nur ein Zahlungsmittel – etwa eine Kreditkarte – benutzen. Querüberweisungen unter Spielern sind untersagt. Sollten Verstöße festgestellt werden, drohen den Betreibern Sanktionen bis hin zum Lizenzentzug.

Die nach der Landtagswahl im Mai gebildete Landesregierung von SPD, Grünen und SSW will den Sonderweg Schleswig-Holsteins beenden und dem neuen Glücksspielstaatsvertrag der 15 anderen Bundesländer beitreten. Im Staatsvertrag sind Lizenzvergaben für Online-Poker nicht vorgesehen. Mitte Dezember musste der Landtag in Kiel die Vorlage, das Glücksspielgesetz aufzuheben und dem Staatsvertrag beizutreten, wegen einer EU-Intervention Maltas verschieben.

Die Online-Casinospiele-Betreiber im Norden müssen erst die technischen Voraussetzungen schaffen, um den Spielbetrieb starten zu dürfen. Eine Auflage ist ein in Deutschland zu errichtender Server, der verschiedene Kontrollen des Spielbetriebs ermöglicht. Solch eine IT-Anlage koste einen Millionenbetrag, sagte ein Experte.

Auflagen sollen auch die Spieler schützen. So sind bei Online-Pokerangeboten selbstspielende Computerprogramme ("bots") verboten. Die Wahl des Pokertisches erfolgt automatisch durch einen Zufallsgenerator, um für einzelne Spieler nachteilige Verabredungen Dritter zu verhindern.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion und Glückspielexperte Hans-Jörn Arp begrüßte die Lizenzen: "Damit kommt endlich das explodierende Onlinespiel unter staatliche Kontrolle." FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sprach von einem “guten Tag für Schleswig-Holstein“, der seiner Meinung nach europarechtswidrige Glücksspielstaatsvertrag sei zumindest für Schleswig-Holstein Makulatur. Dagegen sieht SPD-Fraktionschef Ralf Stegner großen Schaden für das Gemeinwohl, "viele Menschen zahlen dafür, dass sich wenige Anbieter die Taschen füllen, Schleswig-Holstein ist isoliert". Nach Ansicht des SSW-Vorsitzenden im Landtag Lars Harms und der Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben sollten zusätzliche Landeseinnahmen in die Suchtprävention fließen, um die negativen Folgen zumindest abzumildern. ()