Ende der TV-Grundverschlüsselung: Kabel Deutschland zieht nicht einfach mit

Deutschlands größter Kabelnetzbetreiber hat angekündigt, eventuell gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts Beschwerde einzulegen, dass Free-TV-Programme von RTL und ProSiebenSat.1 in Standardauflösung nicht mehr verschlüsselt werden.

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Von
  • Nico Jurran

Bislang gilt, dass Kunden des größten deutschen Kabelnetzbetreibers Kabel Deutschland (KD) zum digitalen Empfang der Kanäle der Privatsendergruppen ProSiebenSat.1 und RTL neben einem passenden Digital-TV-Empfänger auch eine Smartcard benötigen. Die gab es wiederum nur, wenn der Kunde ein zertifiziertes Empfangsgerät nachweisen konnte, wozu PCs und Festplatten-Receiver mit gewöhnlichem CI-Slot etwa nicht zählen. Denn lediglich die öffentlich-rechtlichen Programme werden auch digital unverschlüsselt übertragen, RTL, ProSieben, Sat.1 und Co. sind (grund-)verschlüsselt. Ähnliches gilt etwa auch für das IPTV-Angebot "Entertain" der Deutschen Telekom, auch wenn die Entschlüsselung dort ohne Smartcard realisiert wird.

Doch mit dieser Grundverschlüsselung soll nach Willen des Bundeskartellamts nun erst einmal Schluss sein – zumindest bei den Free-TV-Programmen der Privaten in Standardauflösung. So sollen sich die beiden Privatsendergruppen ProSiebenSat.1 und RTL im Rahmen eines Bußgeld-Verfahrens wegen wettbewerbswidriger Absprachen bei der TV-Grundverschlüsselung verpflichtet haben, ihre wesentlichen Programme in SD-Qualität für einen Zeitraum von zehn Jahren unverschlüsselt auf den Übertragungswegen Satellit, Kabel und IPTV anzubieten.

In der Konsequenz würde dies bedeuten, dass KD-Kunden künftig Privatsender ohne Smartcard empfangen beziehungsweise aufzeichnen könnten – und zwar auch auf nicht-zertifizierten Empfangsgeräten wie dem alten Fernseher im Schlafzimmer mit Digital-TV-Tuner, aber ohne CI-Plus-Slot, oder am Computer mit DVB-Empfangskarte. Für Kabel Deutschland würde damit wiederum das aktuell angebotene Digital-TV-"Grundabo", mit dem man erst die Smartcard bekommt, stark ausgehöhlt.

Allerdings sind die Bußgeldbescheide noch nicht rechtskräftig, über etwaige Einsprüche entscheidet das Oberlandesgericht Düsseldorf. Das Bundeskartellamt hat laut Branchendienst Kress zwar bereits erklärt, dass sich "alle Unternehmen" zu einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung bereit erklärt hätten. Damit scheinen jedoch die Sender gemeint gewesen zu sein, nicht aber die ebenfalls betroffenen Provider.

Kabel Deutschland verwies auf Nachfrage von heise online jedenfalls auf bestehende rechtsgültige Verträge mit ProSiebenSat.1 und RTL und in diesem Zusammenhang auf die nun drängenden Fragen des Jugendschutzes, mit dem bislang stets für eine Grundverschlüsselung argumentiert wurde. In der offiziellen Stellungnahme heißt es folglich, dass Kabel Deutschland "die heutige Entscheidung des Bundeskartellamts zur Kenntnis genommen" habe. Nun werde das Unternehmen innerhalb einer Frist von einem Monat "intensiv prüfen", ob es gegen die Entscheidung des Bundeskartellamts Beschwerde einlegt. "Ob und zu welchem Zeitpunkt eine unverschlüsselte Verbreitung der digitalen SD-Programme der ProSiebenSat.1- und der RTL-Gruppe erfolgen muss, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen", so der Provider in seiner Erklärung weiter.

In einem ersten Schritt müssten die Sender nun erst einmal auf Kabel Deutschland zugehen, da dies bis jetzt noch nicht geschehen sei. Somit werde sich erst einmal an der Grundverschlüsselung der digitalen Programme der beiden Sendergruppen im Kabelnetz von Kabel Deutschland nichts ändern. (nij)