Das Auto von morgen kommuniziert mit der Cloud und reproduziert sich selbst

Das digitale Auto: Elektronikinnovationen bei Ford

Die meisten Innovationen im Automobil finden im Bereich der Elektronik statt. Relativ neu ist die Tendenz, bei Hard- und Software modulare Ansätze zu wählen, um ein Automobil im Laufe seines Lebens quasi „updaten“ zu können

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Von
  • Gernot Goppelt

München, 2. Januar 2013 – Es ist mittlerweile schon eine Binsenweisheit, dass die meisten Innovationen im Automobil im Bereich der Elektronik stattfinden. Relativ neu ist die Tendenz, bei Hard- und Software modulare Ansätze zu wählen, um ein Automobil im Laufe seines Lebens quasi „updaten“ zu können. Das bringt einen weiteren Schub in der Elektronikentwicklung, wie das Beispiel Ford zeigt.

Sensorische Flut

Moderne Technologie wird das Autofahren „dramatisch“ erleichtern, findet Ford, das sei schon am neuen Fusion zu sehen, der in ähnlicher Form wohl auch als Ford Mondeo nach Europa kommen wird. Mit mehr als 145 Aktuatoren, 4716 Signalen und 74 Sensoren wie Radar, Sonar, Kameras oder Sensoren für Beschleunigung, Temperatur und Regen kann der Fusion mehr erkennen als der Fahrer selbst. Die Sensoren erzeugen mehr als 25 GB Daten pro Stunde, welche wiederum von über 70 kleinen Rechnern verarbeitet werden. „Damit kratzen wir aber nur an der Oberfläche der Möglichkeiten“, sagt Paul Mascarenas, Vizepräsident und CTO bei Ford. Die nächste Stufe bestehe in der Fusion der Sensordaten und darüber hinaus der Nutzung von Daten aus der „Cloud“ – also Daten von zentralen Servern, die per Internet dem Auto zur Verfügung gestellt werden.

Ein Beispiel für eine „intelligente“ Verknüpfung von Daten aus Fahrzeug und Umwelt ist EV+, ein Merkmal, das die Ford-Plug-in-Hybride Fusion und C-Max bieten. EV+ „lernt“, wo sich die verwendeten Ladestationen befinden und ist dadurch in der Lage, beim Anfahren einer Ladegelegenheit möglichst viel elektrisch zu fahren. Ford erforscht zudem zusammen mit der RWTH Aachen biometrische Sensoren, etwa in den Sitzen, um den „Stresslevel“ des Fahrers zu erkennen. Das könnte vor allem für ältere Autofahrer mit Herzproblemen von Nutzen sein – und natürlich auch für andere Verkehrsteilnehmer, wenn sich dadurch Unfälle vermeiden lassen. Für eine andere Art von Vorhersage nutzt Ford in einem Forschungsprojekt die Google Prediction API: Dabei wird das Fahrerverhalten – sofern es sich in Form von Daten erfassen lässt – auf Servern in der Cloud aufgezeichnet, sodass dort eine Art Verhaltenshistorie entsteht. Diese wiederum lässt sich nutzen, um die Wünsche des Fahrers vorauszusagen. Ähnlich wie bei bereits existierenden Systemen dieser Art (Amazon etc.) stellt sich natürlich die Frage, inwieweit aus der Historie abgeleitete Empfehlungen einen Selbstverstärkungseffekt haben werden.

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Open Source

Ein spannendes Projekt – ob auch ein vernünftiges, muss sich zeigen – ist Fords OpenXC-Plattform, die der Automobilhersteller zusammen mit Bug Labs erforscht. Dabei wird das Auto zu einer Art „Docking Station“ für Hard- und Software-Module, mit der sich fast beliebige Funktionen realisieren lassen. Ford will damit eine offene Entwicklungsumgebung schaffen, die es möglichst vielen Entwicklern erlaubt, schnell neue Anwendungen zu programmieren. Das könnte zu personalisierten Anwendungen für Autofahrer führen oder einfach nur kostengünstige Lösungen für unterschiedliche Weltmärkte. Ford setzt bekanntlich nach wie vor auf das „Weltauto“, also ein Fahrzeug, das sich in möglichst ähnlicher Form im gesamten Weltmarkt vertreiben lässt. Dabei ist es natürlich hilfreich, wenn sich die Lokalisierung kostengünstig mit einer Lösung bewerkstelligen lässt, die Anpassungen einfach über Software erlaubt.

Ersatzteil auf die Schnelle

Obwohl im Prinzip nicht ganz neu ist, besteht eine der spannendsten Aktivitäten bei Ford im 3D-Printing, einer Form des Rapid Prototypings. Dabei werden auf Grundlage von CAD-Daten per Stereolithographie, Lasersintern und -schmelzen Einzelteile gefertigt, die qualitativ das Niveau von Serienteilen haben können. Ein Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass sich verschiedene Varianten eines Teils schnell fertigen lassen, um sie zu optimieren. Viele Teile des 3,5-Liter-Ecoboost-Motors entstanden zunächst im 3D-Verfahren, zum Beispiel Auslasskrümmer und Ölwanne, aber auch das Differentialgehäuse und selbst die Hinterachse.

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Abgesehen von den Vorteilen in der Entwicklungsphase eines Produkts könnte das 3D-Druckverfahren auch das Fertigen von Ersatzteilen geradezu revolutionieren. In gar nicht so ferner Zukunft wird man vielleicht eine Ersatzteilnummer in einen Heim-3D-Drucker eingeben können, um es sich selber zu fertigen. Wenn man dabei an sicherheitsrelevante Teile denkt, sträuben sich zwar die Haare. Doch wie bei offenen Elektronikarchitekturen oder der Anbindung an die Cloud handelt es sich um eine Technik, der sich die Automobilindustrie wohl nicht verschließen kann. Vielleicht werden Werkstätten zukünftig dazu in der Lage sein, ein Ersatzteil gleich vor Ort zu fertigen – nachdem sich das Auto selbsttätig zur Reparatur beim Lieblingshändler angemeldet hat. (ggo)