Atze Schröder gegen Wikipedia

Der lustige Voll-Proll aus Essen versteht im wahren Leben keinen Spaß, wenn es um seinen echten Namen geht. Der Mann, der Atze Schröder ist, streitet mit Wikimedia.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Wenn es um seinen bürgerlichen Namen geht, versteht der TV-Komiker mit dem Künstlernamen "Atze Schröder" gar keinen Spaß: Nachdem der 42-Jährige im März bereits einen Prozess gegen einen Zeitungsverlag gewonnen hatte, versucht der Anwalt des Komikers nun gegen die Namensnennung im Internet vorzugehen. Auch gegen die Veröffentlichung seines Namens in der Wikipedia hat der Komiker rechtliche Schritte eingeleitet.

Der Rechtsstreit erregte im Frühjahr große Aufmerksamkeit: Die Richter der 27. Zivilkammer des Landgerichts Berlin urteilten, dass der Fernsehkomiker die Nennung seines Geburtsnamens in der Presse nicht dulden müsse. Das "Geheimhaltungsinteresse des Künstlers" sei in diesem Fall gewichtiger als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, entschieden die Richter. Das Urteil schien wie ein eindeutiger Sieg für den Komiker, der im Fernsehen und auf der Bühne stets mit Porno-Sonnenbrille und Dauerwellen-Perücke auftritt. Doch die Internet-Gemeinde hielt nicht all zuviel von dem Recht des Künstlers auf Privates: In vielen Blogs wurde der bürgerliche Name Schröders schon bald breitgetreten. Schließlich war der nicht besonder schwer zu recherchieren: In dem Wikipedia-Artikel über die Kunstfigur wurde der bürgerliche Name des Atze-Darstellers wie selbstverständlich erwähnt.

Wie Arne Klempert, Geschäftsführer des Vereins Wikimedia Deutschland in seinem Weblog berichtet, hatte der Anwalt schon im vergangenen Jahr versucht, den Namen aus Wikipedia tilgen zu lassen. Klempert wurde zuerst im Dezember 2006 wegen des Wikipedia-Artikels abgemahnt, da er als Inhaber der Domain wikipedia.de aufgeführt wurde. Diese Seite enthält keine eigenen Inhalte, sondern leitet lediglich auf die offizielle Startseite der deutschsprachigen Wikipedia um. Klempert lehnte eine Haftung für die Wikipedia-Inhalte ab. Die daraufhin erhobene Klage vor dem Landgericht Hamburg habe die gegnerische Partei wenige Tage vor Prozessbeginn Anfang Mai aber ohne nachvollziehbare Begründung zurückgezogen.

Doch der Streit ist damit noch nicht vorbei: Klempert soll jetzt die Gerichtskosten tragen. Zirka 3000 Euro müsste Klempert zahlen – dabei hatte der gegnerische Anwalt den Streitwert mit 7500 Euro relativ niedrig angesetzt. Klemperts Anwalt Thorsten Feldmann bezweifelt im Gespräch mit heise online, dass der Fernsehkomiker ein Recht auf Löschung seines Realnamens habe. "Man darf das Urteil des Berliner Landgerichts natürlich nicht ignorieren", erklärt Feldmann, "wir haben aber eine andere Rechtsauffassung." Die Chancen Klemperts in dem Rechtsstreit sieht Feldmann optimistisch: "Wir hätten die Sache gerne vor dem Landgericht Hamburg geklärt."

Eine mögliche Erklärung für den Rückzug der Klage ist, dass der bürgerliche Name des Komikers nach langwierigen Diskussionen und mehreren Editwars aus dem Text des Artikels gestrichen wurde. Der Artikel wurde inzwischen für die Bearbeitung durch normale Nutzer gesperrt, nur Wikipedia-Administratoren können noch Änderungen vornehmen. Gleichwohl ist es nicht schwer, den Geburtsnamen Atze Schröders über die Wikipedia oder das Deutsche Patent- und Markenamt herauszubekommen.

Ungewöhnlich offensiv kritisiert Klempert den Prozessgegner: "Mir geht dieser Tanz um Deinen tatsächlichen Namen mittlerweile mächtig auf die Nerven. Der Name war schon lange kein Geheimnis mehr und wird es auch nicht wieder werden", schreibt Klempert in einem Blogeintrag. Diese Auffassung teilt der Anwalt des TV-Komikers offenbar nicht. So wurde beispielsweise auch der Weblogger Thomas Klotz aufgefordert einen Screenshot des Wortmarken-Eintrags zu entfernen. Weder das Management noch der Anwalt des Komikers waren am Freitagnachmittag für eine Stellungnahme zu erreichen.

Der Rechtsstreit zeigt Parallelen mit einem Prozess, der im vergangenen Jahr Aufmerksamkeit erregte. Damals hatten die Eltern des verstorbenen Hackers Tron Wikimedia Deutschland verklagt, den bürgerlichen Namen ihres Sohnes aus der Wikipedia zu entfernen, scheiterten aber in zwei Instanzen. (Torsten Kleinz) / (vbr)