Versicherungsleistung entfällt nach Umschulung nicht automatisch

Nimmt ein Berufsunfähiger einen neuen Job an, darf die Versicherung die Zahlungen nicht automatisch einstellen. Dies ist nur erlaubt, falls das Niveau der beiden Tätigkeiten vergleichbar ist.

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Von
  • Marzena Sicking

Wer seine bisherige Arbeit nicht mehr ausüben kann und sich umschulen lässt, muss unter Umständen damit rechnen, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung ihre Zahlungen einstellt. Die meisten Versicherungsanbieter haben in ihren Verträgen nämlich eine Klausel, die besagt, dass die Leistung bei Aufnahme eines neuen mit der alten Tätigkeit vergleichbaren Berufs erlischt. Wie das Oberlandesgericht Karlsruhe jetzt in einem Beschluss erklärte, bezieht sich die Vergleichbarkeit der Berufe aber nicht nur auf die Qualifikation, sondern auch auf Lohn und die soziale Wertschätzung.

Geklagt hatte ein ehemalig selbständiger Gas- und Wasserinstallateur-Meister, der von seiner Berufsunfähigkeitsversicherung weitere Zahlungen verlangte. Er war 1998 an einer Depression erkrankt und musste deshalb 2001 auch seinen Betrieb auflösen. Die Versicherung erkannte seine Berufsunfähigkeit an und zahlte regelmäßig Leistungen an ihn aus. 2003 ließ sich der Mann zum medizinisch-technischen Laborassistenten (MTLA) umschulen. Zwischenzeitlich musste er die Ausbildung wegen erneuter Depressionen unterbrechen. Als er sie doch noch beendete und 2008 eine entsprechende Festanstellung annahm, stellte die Versicherung ihre Zahlungen ein. Unter anderem wurde dies damit begründet, dass der Mann nun ein gleichwertiges Einkommen erziele, wie früher.

Dagegen klagte der Mann und das Oberlandesgericht Karlsruhe gab dem Versicherten Recht. Die Richter befanden, dass die Versicherung die Leistungen nicht einfach mit Verweis auf die neue Tätigkeit einstellen darf. Das sei gemäß § 2 Abs. 2 der Versicherungsbedingungen nur möglich, falls die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung des Versicherten entspricht. Also keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten als der bisherige Job erfordert und auch bei Lohn und sozialer Wertschätzung nicht spürbar unter dem Niveau des bisherigen Berufes liegt.

Nach Ansicht der Richter habe die bisherige Tätigkeit des Klägers als Handwerksmeister bezüglich Qualifikation und Wertschätzung aber deutlich über dem Niveau des neuen Berufes gelegen. Dass das aktuelle Gehalt höher sei als das frühere Einkommen, gleiche die höhere gesellschaftliche Wertschätzung der damaligen Selbständigkeit nicht aus. Damit seien die beiden Berufe keinesfalls vergleichbar und die Zahlungen der Versicherung müssen fortgesetzt werden (Beschluss vom 06.12.2012, Az.: 12 U 93/12). (gs)
(masi)