Internet-Enquete des Bundestags: Von Breitband, "digitalen Hilfswerken" und freier Software

Die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft hat Zwischenberichte und Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Damit hat sie nach zweieinhalb Jahren die vorletzte Hürde genommen.

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Von
  • Falk Steiner

Die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft hat Zwischenberichte und Handlungsempfehlungen zu den Themen Zugang, Struktur und Sicherheit, Offene Standards und Freie Software sowie Internationales und Internet Governance veröffentlicht. Damit hat sie nach zweieinhalb Jahren die vorletzte Hürde genommen. In zwei Wochen will sich die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft zu ihrer abschließenden Sitzung erneut im Bundestag treffen. Dann sollen auch die Handlungsempfehlungen für Internationales und Internet Governance nachgeliefert werden. Außerdem sollen die Zwischenberichte und Handlungsempfehlungen der Projektgruppen Kultur, Medien und Öffentlichkeit sowie zum Verbraucherschutz diskutiert werden.

Der Bericht (PDF-Datei) zu Zugang, Struktur und Sicherheit im Netz gehörte zu den einfacheren Berichten der Enquete-Kommission, deren 34 Mitglieder sich in der Vergangenheit über aktuelle politische Streitthemen wie Urheberrecht, Netzneutralität und Datenschutz kaum einigen konnten. Der Sachverständige Harald Lemke, E-Government-Beauftragter der Deutschen Post, der die Projektgruppe leitete, stellte vor allem einen Unterschied fest: "Beim Breitbandausbau und bei IPv6 sind wir weitgehend einer Meinung, mit der üblichen Rollenverteilung, Regierung verweist auf das Erreichte, Opposition auf das noch nicht Erreichte."

Der Bundestagsabgeordnete Gerold Reichenbach (SPD) meinte, dass bei der Sicherheit kritischer Infrastrukturen die Abgeordneten und Sachverständigen, die der Regierungskoalition zuzurechnen sind, im Wesentlichen darauf vertrauten, dass die Wirtschaft dies aus Eigeninteresse regele. Die Oppositionsparteien meinten, dass dies nicht ausreiche. Reichenbach plädierte für ein "Digitales Hilfswerk nach Art des Technischen Hilfswerks" für kritische IT-Infrastrukturen, wodurch auch Expertise in der Zivilgesellschaft genutzt werden könne.

Insgesamt waren sich die Fraktionen einig, dass die Netze als kritische Infrastrukturen für die Gesellschaft nur angemessen geschützt werden könnten, wenn staatliche und staatlich geförderter Institutionen von Wirtschaft, Forschung und Verbrauchern zusammenwirken. Doch über deren genaue Rolle konnten sich Regierungs- und Oppositionsparteien sowie Sachverständige nicht einig werden, so zum Beispiel bei der Rolle einer Stiftung Datenschutz in diesem Mix. Mittelfristig, und da herrschte weitgehend Einigkeit, könne jedoch nur Fachwissen Schutz bieten.

Der FDP-Abgeordnete Jimmy Schulz betonte, im Bereich der universitären Bildung könne für Cybersecurity noch mehr getan werden; hier seien Lehrstühle noch sehr rar gesät. Dem stimmte die Sachverständige CCC-Sprecherin Constanze Kurz zu. Als größten Streitpunkt sah sie neben dem Hackerparagrafen den Staatstrojaner, bei dem kein Konsens möglich gewesen sei. Dies gehörte zu einer nicht mehrheitsfähigen Vorlage, mit der die Enquete-Kommission empfohlen hätte, die Gesetzgebung im Bereich der Kriminalität zu überprüfen. Ebensowenig einig wurden sich die Mitglieder bei den Themen Staatstrojaner und Überwachungssoftwareexport.

Deutlich kürzer fiel die Debatte über die anderen beiden Teilberichte aus, die auf der Tagesordnung standen. Zu Interoperabilität, Standards und Freier Software (PDF-Datei) stritten sich Abgeordnete und Sachverständige vorwiegend um die Frage, ob Open Source-Software grundsätzlich besser sei als nicht quelloffene, auch wenn sie im konkreten Fall einen geringeren Funktionsumfang biete. Auch wenn es hier weitergehende Anträge von den Oppositionsbänken gab, sind schon die mehrheitsfähigen Empfehlungen zu diesem Themenbereich bemerkenswert. Die Kommission sprach sich dafür aus, offene Standards zu verwenden, denn diese sicherten Interoperabilität.

Auch sollte die Softwareentwicklung Kindern und Jugendlichen näher gebracht werden, hieß es aus der Kommission. Vom Staat in Auftrag gegebene Software und Lernmittel sollten möglichst plattformunabhängig erstellt werden. Die Bundesregierung solle prüfen, ob und wie offene Standards durch staatliches Handeln gefördert werden könnten. Vorsichtigen Optimismus verbreitet die beschlossene Empfehlung auch zum Einsatz Freier Software in Verwaltungen.

Nur debattiert wurde hingegen rund um die Ergebnisse der Projektgruppe Internationales und Internet Governance (PDF-Datei). In dieser als letzte gestarteten Projektgruppe wurde nur eine Bestandsaufnahme durchgeführt und auf die laufenden Debatten verwiesen, so zum Beispiel rund um das Rollenverständnis der Internationalen Fernmeldeunion.

(anw)