Weil sie es können

Die befremdliche, aber faszinierende Welt der Highend-Armbanduhren ist um eine Skurrilität reicher.

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Die befremdliche, aber faszinierende Welt der Highend-Armbanduhren ist um eine Skurrilität reicher.

Trotz all der tollen Sachen, die man mit Computern machen kann – ich bin immer noch ein Fan feiner Mechanik. Zum Beispiel die Linotype-Bleisatzmaschine: ein Wunderwerk der Technik! Nicht, dass ich mir die Zeiten des Bleisatzes zurückwünsche – Gott bewahre. Rechner sind schon was Tolles. Aber man kann eine Software oder einen Chip eben nicht stundenlang staunend umkreisen wie solche Museumsstücke der Mediengeschichte.

Oder wie alte Kolben-Flugmotoren wie der Lycoming XR-7755: 127 Liter Hubraum, 5000 PS, neun verstellbare(!) obenliegende Nockenwellen, 144 Ventile, 36 Zylinder in vier Sternen à neun Zylindern hintereinander angeordnet, verbunden von einer einteiligen(!) Kurbelwelle. Allein die ist ein Kunstwerk für sich. Was für eine langweilige Aneinanderreihung von Turbinenschaufeln ist dagegen doch ein modernes Strahltriebwerk.

Sowohl die Linotype als auch der Lycoming markieren die Spitze einer Entwicklung, die danach von einer besseren Technologie abgelöst wurde. Das ist aus funktionaler Sicht natürlich auch gut so, ästhetisch gesehen aber schade. Gut, dass es da noch die Uhrmacher gibt, die größten Apologeten der Mechanik um ihrer selbst willen. Als eher pragmatischer Mensch, der – ich muss es gestehen – doch lieber Quarzuhren trägt, finde ich dieses L’art pour l’art etwas befremdlich, aber auch sehr sympathisch.

Der neueste Trend unter den Edel-Uhren sind offenbar 3D-Ziffernblätter: Die Firma Roger Dubuis stellt jetzt eine Armbanduhr vor, bei der winzige Ritterfiguren das Ziffernblatt umrunden. Mehrere Graveure haben an die 300 Stunden an den Mikroskulpturen gearbeitet. In der Nahaufnahme sieht man sogar die einzelnen Glieder der Kettenhemden.

Und wozu machen die Uhrmacher das Ganze wohl? Weil sie es können. Während ich mich in einem früheren Blog ja ziemlich über dieses „weil wir es können“ echauffiert habe, finde ich es in diesem Zusammenhang genauso treffend wie George Mallorys Begründung, weshalb er auf den Everest wolle: „Weil er da ist.“ Natürlich braucht die Welt keine sauteuren Zeitanzeiger mit eingebauter Tafelrunde. Aber es ist doch schön, dass die mechanischen Uhren nicht den Weg der Linotypes gegangen sind. (grh)