Schnee in Sicht: Räum- und Streupflicht rund ums Geschäft

Vereiste Parkplätze, glatte Böden im Laden: Für den Kunden kann der Besuch im Shop ganz schön gefährlich werden. Als Geschäftsinhaber sind Sie verpflichtet, das Risiko zu minimieren.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Der Winter kam spät, aber dafür umso heftiger: Schnee und Eis machen die Fortbewegung auf Straßen und Gehwegen zu einem riskanten Unterfangen. Eigentlich sind Stadt bzw. Gemeinde dafür verantwortlich, der sogenannten Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und die winterlichen Gefahren für Fußgänger und Autofahrer möglichst zu minimieren. Doch wenn es um Gehwege oder Parkplätze geht, die an eine Immobilie anschließen, wird die Pflicht in der Regel auf den jeweiligen Hauseigentümer abgewälzt, der sie wiederum an den Mieter weitergibt. Achten Sie auf die Formulierung im Mietvertrag: nur wenn hier ausdrücklich von einer Übergabe der Winterpflicht die Rede ist, müssen Sie zur Schneeschaufel greifen. Ansonsten bleibt es Sache des Vermieters, den Weg selbst frei zu räumen oder ein Unternehmen damit zu beauftragen. Allerdings kann er die Rechnung über die Nebenkosten an Sie weiterleiten.

Wenn Sie vertraglich zur Räumung verpflichtet sind, sollten Sie ein paar wichtige Punkte beachten. So muss nicht nur der Gehweg freigeräumt werden, der direkt zur Eingangstür ihres Ladens führt, sondern der auf der gesamten Länge des Hauses. Was viele gewerbliche Mieter gerne vergessen: Die Räum- und Streupflicht gilt nicht nur während der Ladenöffnungszeiten. An Werktagen müssen Sie schon ab 7 Uhr morgens die Schaufel schwingen und bis etwa 20 Uhr für freie Wege sorgen. Und auch an Sonn- und Feiertagen muss der Weg am Haus geräumt werden, allerdings erst ab 9 Uhr (Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 28.09.2001, Az. 6 U 90/01).

Außerdem gilt die Räumpflicht nicht nur für den Weg vor Ihrem Laden. Auch der Kundenparkplatz oder der Zugang zur Tiefgarage muss vom Kunden möglichst gefahrlos betreten werden können. Wobei Sie zumindest beim Kundenparkplatz auch ein gewisses Mitdenken der mündigen Bürger voraussetzen dürfen: Solange es auf dem Parkplatz nur stellenweise Eisflächen gibt, die vom Kunden gut erkannt und leicht umgangen werden können, müssen Sie für etwaige Unfälle nicht haften. Das Oberlandesgericht Koblenz hat jedenfalls die Klage einer Frau abgewiesen (10.1.2012, Az.: 5 U 1418/11), die auf dem Kundenparkplatz einer Bäckerei ausgerutscht war und sich verletzt hatte. Denn sie hätte die Eisfläche erkennen und umgehen können. Es reicht also aus, einen begehbaren Weg durch Schnee und Eis zu schaffen. Komplett freiräumen müssen Sie einen Kundenparkplatz nicht.

Entgegen einer weit verbreiteten Annahme können Sie sich der Verkehrssicherungspflicht aber nicht einfach durch ein Schild entziehen, auf dem Sie auf Nichträumung und -bestreuung des Kundenparkplatzes hinweisen. Sie müssen trotz allem dafür sorgen, dass es möglich ist, den Parkplatz gefahrlos zu verlassen bzw. ein dort geparktes Fahrzeug gefahrlos zu erreichen (BGH, Urt. v. 22.11.1965 - III ZR 32/65).

Der Aufwand hält sich aber meistens in Grenzen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem Urteil erklärt (18. April 2012, Az.: 7 U 2541/10), dass schließlich nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Daher genüge es, wenn der Geschäftsinhaber bezüglich seiner Verkehrssicherungspflichten alle "notwendigen und zumutbaren" Vorkehrungen trifft, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, sei im praktischen Leben aber nicht erreichbar. Daher reiche es aus, die Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein "verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter" Ladenbetreiber für ausreichend hält, um seine Laufkundschaft abzusichern.

Besondere Aufmerksamkeit sollten Sie auf den Innenbereich ihres Geschäfts richten. Denn auch hier gilt die Verkehrssicherungspflicht, was bedeutet, dass Sie auch die Fußböden möglichst frei von Gefahren zu halten haben. Achten Sie also darauf, dass keiner Ihrer Kunden auf dem vom Schneematsch verunreinigten Boden ausrutscht. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte in einem Fall sogar festgestellt (Urteil vom 14.7.2004, Az.: 7 U 18/03), dass einem Geschäftsinhaber unter Umständen sogar zugemutet werden darf, die Gänge seines Ladens alle 15 Minuten auf Verunreinigungen zu kontrollieren. Er muss nicht nur seine Angestellten entsprechend anweisen, sondern die Durchführung der Order selbst regelmäßig kontrollieren. (map)
(masi)