Persönliche Haftung des Insolvenzverwalters

Es gehört nicht zu den Pflichten eines Insolvenzverwalters, Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt freizustellen, um ihnen den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen.

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Von
  • Marzena Sicking

Vor dem Bundesarbeitsgericht ging es um die Frage, inwieweit ein Insolvenzverwalter in die persönliche Haftung genommen werden kann. Verklagt wurde er von einem früheren Arbeitnehmer des von ihm betreuten Betriebs. Dieser verlangte Schadensersatz wegen entgangenen Arbeitslosengelds.

Der Insolvenzverwalter wurde im November 2008 bestellt, von Oktober bis Dezember 2008 bezogen die Arbeitnehmer der betroffenen Firma Insolvenzgeld. Der Insolvenzverwalter kündigte an, den Betrieb nach der Insolvenzeröffnung fortzuführen, um ihn dann im Rahmen der Sanierung an einen Investor zu verkaufen. In einem Schreiben teilte er den Arbeitnehmern mit, dass Anfang Januar mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu rechnen sei und er davon ausgehe, dass ab Ende Januar die Gehälter für den Monat aus eigener Kraft gezahlt werden könnten. Für Mitte/Ende Januar seien außerdem erste Ergebnisse der Übernahmeverhandlungen zu erwarten.

Da es jedoch zu Problemen mit Lizenzvergaben kam, wurden die bereits eingeplanten größeren Aufträge doch nicht erteilt. Der ursprüngliche Plan des Insolvenzverwalters ging nicht auf. Ende Januar wurden der Großteil der Belegschaft freigestellt. Entgegen der ursprünglichen Zusage fehlte nun auch das Geld für die Januar-Gehälter.

Der Insolvenzverwalter wurde von einem der Arbeitnehmer verklagt. Dieser verlangte Schadenersatz für entgangenes Arbeitslosengeld. Dieses hätte er schon im Januar beziehen können, wenn der Insolvenzverwalter die Mitarbeiter rechtzeitig freigestellt hätte, so der Vorwurf. Daher stehe ihm ein Schadensersatzanspruch aus § 61 InsO zu. Der Insolvenzverwalter hätte früher erkennen müssen, dass keine ausreichende Masseliquidität vorhanden gewesen sei. Schließlich müsse er auch haften, weil er die Zahlung zugesichert und ein erhöhtes Maß an Vertrauen in Anspruch genommen habe.

Doch die Richter wiesen die Klage als unbegründet ab, der Insolvenzverwalter ist nicht zu Schadenersatz verpflichtet. Er habe die Entwicklung nicht zu verantworten und auch nicht absehen können. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 InsO ist der Insolvenzverwalter aber nur zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach der Insolvenzordnung obliegen. Dazu gehören aber keine Pflichten, die ihn wie jeden Vertreter fremder Interessen gegenüber Dritten treffen. Nicht insolvenzspezifisch sind außerdem im Allgemeinen Pflichten, die dem Insolvenzverwalter als Verhandlungs- und Vertragspartner des Dritten auferlegt sind. Soll heißen: es gibt keine insolvenzspezifische Pflicht, Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt freizustellen, um ihnen den frühzeitigen Bezug von Arbeitslosengeld zu erleichtern (Urteil vom 15.11.2012, Az.: 6 AZR 321/11). (gs)
(masi)