Der verkabelte Vesuv

Ein riesiges Vulkangebiet lässt die italienische Stadt Neapel zunehmend zum heißen Pflaster werden. Eines der modernsten Sensornetzwerke der Welt hilft den Wissenschaftlern dabei, rechtzeitig vor einem Ausbruch zu warnen.

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Von
  • Matteo Ovi
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Ein riesiges Vulkangebiet lässt die italienische Stadt Neapel zunehmend zum heißen Pflaster werden. Eines der modernsten Sensornetzwerke der Welt hilft den Wissenschaftlern dabei, rechtzeitig vor einem Ausbruch zu warnen.

Mit vermutlich mehreren Hundert Stundenkilometern und Hunderte Grad heiß raste die Wolke aus giftigen Gasen und Asche den Vesuv herab. In nur wenigen Sekunden war der sogenannte pyroklastische Strom unten angekommen und verschlang im Jahr 79 nach Christus Menschen und Tiere der römischen Küstenstädte Pompeji und Herculaneum. Zuerst hatte die Erde gebebt, dann stieß der Berg Rauch aus und spuckte Feuer.

Die Bewohner waren trotz der Erdstöße und der pinienförmigen Rauchsäule nicht geflohen, auch nicht, als der Vulkan Bimssteine auf sie regnen ließ. Als diese die Haustüren versperrt und zahlreiche Dächer zum Einsturz gebracht hatten, war es dann zu spät. Vielleicht glaubten sie, der Vulkan würde sich schon wieder beruhigen, schließlich war er seit Jahrhunderten nicht mehr ausgebrochen.

Heute wissen die Forscher, dass dies bereits der fünfte heftige Auftritt des Vulkans war. Nicht alle seine Eruptionen waren so gewaltig wie jene im Jahr 79, die nach ihrem Chronisten Plinius der Jüngere später wegen ihrer Stärke als plinianische Eruption klassifiziert wurde. Das letzte Mal brach er 1944 aus, zum Glück nicht auf derart verheerende Weise wie vor mehr als 1930 Jahren. Aber er spuckte einiges an Asche in die Luft und ließ Lava den Vulkankegel herunterlaufen.

Noch immer ist der Vesuv ein aktiver Vulkan, Forschern macht eine acht bis zehn Kilometer unter ihm vermutete Magmakammer Sorgen, die das Zeug zu einer erneuten plinianischen Explosion haben könnte. Deshalb interessiert Vulkanologen brennend, wie sich seine Eruptionen und deren Schweregrad vorhersagen lassen. Und wie können die Erkenntnisse in realistische Evakuierungspläne umgesetzt werden? Die Antworten auf diese Fragen betreffen in Neapel und der unmittelbaren Umgebung rund 1,5 Millionen Menschen.

Der 1281 Meter hohe Vesuv reckt sich nur neun Kilometer östlich der Stadt in den Himmel. Direkt am westlichen Stadtrand beginnt das von Experten als noch gefährlicher eingestufte Gebiet der Phlegräischen ("brennenden") Felder, in dem in der Vergangenheit mehrere Vulkankegel aktiv waren. Diese sind heute nicht mehr zu sehen, trotzdem verzeichnet das Gebiet rund 50 Eruptionsherde – manche Forscher bezeichnen es deshalb als Supervulkan. Tatsächlich ist das gesamte Gebiet ein einziger Riesenkrater, eine sogenannte Caldera, die nach einer massiven Explosion der darunterliegenden Magmakammer vor etwa 39000 Jahren entstand. Dieses Pulverfass, auf dem die Stadt buchstäblich sitzt, ist auf Satellitenaufnahmen der Küste am Golf von Neapel gut zu sehen.

"Das Bild erinnert an eine Mondlandschaft", sagt Warner Marzocchi, "aber eine dicht bebaute. Es ist schon sehr überraschend, wie viele Neapolitaner die Tatsache ignorieren, dass diese Berge eigentlich Krater früherer Vulkaneruptionen sind." Der Vulkanologe Marzocchi ist Forschungsmanager des "Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia" (INGV) in Rom, dem Zentralinstitut eines Netzwerks von Forschungsinstituten, das dieses Pulverfass genau beobachtet. Angesichts der drohenden Gefahr hat das Land eines der fortschrittlichsten Überwachungssysteme aufgebaut und für Neapel und seine Umgebung auf der Basis von INGV-Daten einen Evakuierungsplan mit drei Gefahrenzonen erarbeitet.

Das INGV ist für die Überwachung aller aktiven und als potenziell gefährlich eingestuften Vulkane in Italien zuständig und steht in konstantem Austausch mit der Zivilschutzbehörde. Mit einem Netzwerk aus 350 Messstationen, die in Echtzeit miteinander verbunden sind, beobachten die INGV-Institute jede Regung der Feuerberge. Sämtliche Daten werden zentral gesammelt und analysiert, um zu vermeiden, dass zeitversetzt eingesandte Zwischenergebnisse zu einem unvollständigen oder verzerrten Ergebnis führen.

Vulkanausbrüchen gehen deutliche Anzeichen voraus: Bewegt sich die Magma durch Risse in der Erdkruste nach oben, verursacht das Erdbeben, Hebungen der Erdoberfläche und das verstärkte Ausströmen von Gasen. Das langsamste Vorzeichen ist eine Erwärmung des Untergrunds. Das Problem dieser Indikatoren ist, dass sie manchmal Tage und manchmal Jahre vor einem Ausbruch auftreten. In den letzten Jahren haben sich allerdings Hinweise darauf gehäuft, dass sich die "Campi Flegrei", wie sie auf Italienisch heißen, erneut warmlaufen: Das Gebiet werde inzwischen von Serien leichter Erdstöße getroffen, täglich zeugten zuweilen Hunderte von Mini-Beben davon, dass es in der Erde rumort, schrieben Ende Juli italienische Forscher im Fachjournal "Geology". Es ströme auch vermehrt Magma in das wasserführende Gestein im Untergrund, wodurch auch mehr Gase austreten würden. Steht ein neuer Ausbruch bevor?

In der Bucht von Neapel verlassen sich Vulkanforscher bei ihrer Arbeit auf ein ganzes Arsenal an Sensoren und Messapparaten. Die Überwachung der Phlegräischen Felder, des Vesuv sowie der Vulkaninseln Stromboli und Ischia obliegt dem Osservatorio Vesuviano in Neapel. 200 der insgesamt 1000 INGV-Forscher arbeiten hier. In einem vor Kurzem fertiggestellten neuen Kontrollzentrum stehen die Vulkane 24 Stunden unter Beobachtung: Zweierteams wechseln sich alle acht Stunden bei der Signalwache der Sensordaten ab. Im Falle eines kritischen Erdbebens schlägt das System innerhalb von zwei Minuten Alarm, sobald das Epizentrum identifiziert wurde.

Das Osservatorio Vesuviano ist das nach eigenen Angaben älteste Vulkan-Observatorium der Welt. Es wurde 1841 von Ferdinand II., Regent des Königreichs beider Sizilien, gegründet. Sein damaliger Leiter Luigi Palmieri entwickelte einen Seismografen, der 1856 als erster Sensor am Vesuv zum Einsatz kam. Damit ließen sich bereits Zeitpunkt, Dauer und Intensität von Erdbeben, Bodenhebungen und Ausbrüchen registrieren. Präzisere Daten stehen erst seit gut 30 Jahren zur Verfügung. In den 1970er-Jahren wurde das erste moderne, zentralisierte Sensor- und Messsystem am Vesuv installiert. Bis 2000 erweiterten die Forscher das Netz durch weitere Apparate wie GPS-Seismografen, Bodenhebungssensoren und geochemische Sensoren.

Das Sensornetz wird kontinuierlich erneuert, um seine Empfindlichkeit und die Qualität der Signalübertragung zu steigern. Trotzdem sind auch noch ältere Gerätegenerationen im Dienst, zum Beispiel das Kurzdistanz-Einzelkomponenten-Seismometer. Der Name leitet sich zum einen von seinem Messbereich ab, da es Frequenzen von über einem Hertz detektiert, und zum anderen aus der Tatsache, dass es nur einen Messwert erfasst – die in Ausbreitungsrichtung senkrecht schwingende Primär- oder kurz P-Welle, das erste Anzeichen von Erdbeben. Das Dreikomponenten-Seismometer dagegen kann auch die sekundären S-Wellen aufzeichnen, die sich horizontal in alle vier Himmelsrichtungen – also quer zur Ausbreitungsrichtung – fortpflanzen.

Besonders wichtig ist auch die Überwachung der mehrere zehn Sekunden andauernden Erdbeben, die durch das Eindringen der Magma in Risse der Erdkruste verursacht werden. Solche Langzeit-Erdbeben können Vorzeichen eines unmittelbar bevorstehenden Ausbruchs sein. Deshalb hält das Osservatorio Vesuviano mit seinen Breitband-Messstationen insbesondere nach bis zu 60 Sekunden langen und 100 Hertz intensiven Beben Ausschau. Künftig soll das Überwachungsnetz auch mit Ultrabreitband-Sensoren ausgestattet werden, damit es bis zu vier Minuten lang dauernde Beben registrieren kann.

Mit den Erdstößen geht häufig ein Bradyseismus genanntes Phänomen einher, wenn sich durch die Bewegung der Magma der Boden hebt oder senkt. Der letzte bradyseismische Vorfall in den Phlegräischen Feldern, der von 1983 bis 1984 dauerte, hatte Höhendifferenzen von bis zu drei Metern zur Folge. Die Felder bewegen sich heute immer noch nach oben, allerdings nur um drei Zentimeter pro Jahr.

Das Osservatorio Vesuviano überwacht die Erdbewegungen zudem mithilfe von Beschleunigungssensoren, die auch zum Einsatz kommen, wenn Statiker die Auslenkung von Gebäuden feststellen wollen. Die Empfindlichkeit dieser Geräte erlaubt es den Forschern, auch schwache Erdbeben zu detektieren, deren Stärke unterhalb jener Messgenauigkeit liegt, die zum Einführungszeitpunkt der Richterskala für möglich gehalten wurden. Darüber hinaus erfassen die Wissenschaftler mithilfe von Infraschallsensoren die bei Erdbeben entstehenden Schallwellen und das Ausströmen von Gasen wie Radon, Helium, Schwefel- und Kohlenstoffdioxid. Sie messen die Bodentemperatur und untersuchen einige weitere physikalisch-chemische Parametern.

Sogar auf dem Meeresboden der Bucht liegt eine Messstation, deren Sensoren die Aktivität des Vulkans ohne die menschengemachten Erschütterungen messen, die etwa von fahrenden Autos in den Boden geschickt werden. Die Unterwasserdaten werden anschließend mit denen der terrestrischen Messfühler verrechnet. Ein Infraschall-Messnetz an Land trennt weitere Aktivitäten wie Schritte, Steinschläge und künstlich ausgelöste Explosionen von den vulkanischen Signalen.

Alle diese Daten werden analog oder digital zum Osservatorio übertragen. Das automatische Alarmsystem prüft sie und meldet dann die Lokalisation von kritischen Erdbeben, erkennt aber auch Fehlalarme, die durch Fehlfunktionen der Messgeräte verursacht werden. Die Osservatorio-Forscher entwickeln viele der Messgeräte selbst, um sie an die speziellen Anforderungen anzupassen. Das Institut dient nicht nur als Überwachungszentrale für die seismischen, geodätischen und geochemischen Aktivitäten rund um den Vesuv, sondern auch als offenes Feldlabor für Forscher aus aller Welt, die Experimente zur Aufklärung der vulkanischen Aktivitäten durchführen. Unter anderem versuchten Wissenschaftler, die Position der Magmakammer unter dem Vesuv mit Stoßwellen zu lokalisieren.

Probebohrungen, die genauere Ergebnisse liefern würden, sind ab einer Tiefe von zehn Kilometern nicht mehr verlässlich. Mit jedem weiteren Kilometer steigt die Temperatur um 30 Grad Celsius, ab einer bestimmten Tiefe nehmen die Instrumente Schaden. Beim Tomoves-Projekt (Tomografia Vesuvio), bei dem der Weg der Magma durch die Erdkruste und die Krustenstruktur kartiert werden sollte, setzten die Forscher deshalb auf die indirekte Methode der seismischen Tomografie. Bei solchen Untersuchungen wird aufgezeichnet, wie sich Stoßwellen fortpflanzen, die etwa durch Schläge auf den Untergrund oder unterirdische Detonationen erzeugt werden.

Bei Tomoves sollte nicht nur die Magmakammer lokalisiert werden, sondern auch die Neigung des Magmakanals und die Natur seiner Blockade. Zwar konnten die Wissenschaftler ihre Geräte nicht überall einsetzen, weil sich einige Wohnhäuser zu nah am Messgebiet befanden, doch die Daten waren trotzdem aufschlussreich. Die Kartierung ergab, dass die Zeit, in der die Magma aufsteigen und einen Ausbruch verursachen würde, für Evakuierungsmaßnahmen ausreichen dürfte. Die Schlussfolgerungen sind allerdings umstritten, weil sich die Forscher uneinig sind, wie schlimm der nächste Ausbruch ausfallen wird. Die Leitung des INGV in Rom geht davon aus, dass erstens nicht zwangsläufig eine verheerende plinianische Eruption stattfinden muss, zweitens die Warnzeichen genügend Zeit für eine Evakuierung lassen und drittens die Evakuierungsbemühungen im Verlauf des Ausbruchs etwa in Abhängigkeit von der Windrichtung gezielt angepasst werden können. Nach dieser Prognose richten sich die Evakuierungspläne der zuständigen Behörden des Zivilschutzes.

Dagegen haben sich andere INGV-Forscher für einen Worst-Case-Plan mit Komplett-Evakuierung ausgesprochen. Dem Fachjournal "Nature" zufolge macht Giuseppe Mastrolorenzo und Lucia Pappalardo vom Osservatorio Vesuviano eine acht bis zehn Kilometer tief liegende ungewöhnliche Magmaschicht Sorgen, die ihrer Meinung nach das Potenzial für eine urplötzlich erfolgende, gewaltige plinianische Eruption hat. Aus Gesteinsanalysen vergangener großer Ausbrüche haben sie herausgelesen, dass sich die Magma damals ihren Weg zur Oberfläche in nur wenigen Stunden gebahnt habe. In diesem Fall scheide eine unterwegs angepasste Evakuierung aus. Sobald die Tatsache eines Ausbruchs feststehe, müsste in einem 20-Kilometer-Umkreis jeder in Sicherheit gebracht werden.

Das allerdings stellt die Stadtverwaltung von Neapel vor ein unlösbares Problem. Schon beim gemäßigten Plan dürfte die Kapazität der Straßen an ihre Grenzen stoßen. Ganz zu schweigen davon, dass viele Skeptiker dem Evakuierungsalarm keine Folge leisten würden.

Wo aber ist die Schwelle, an der sich aus einer Datenwolke das Muster einer potenziellen Gefährdung herauskristallisiert? Über diese statistischen Definitionen, die darüber entscheiden, ob nur eine Vorwarnung oder schon die Evakuierungsanordnung fällig ist, wird in Italien derzeit wieder viel debattiert. An der Definition hängen nicht unerhebliche ökonomische und auch soziale Auswirkungen für die lokalen Behörden, sollte sich etwa eine sichere Gefahrensituation später als falscher Alarm entpuppen.

Im allerersten Evakuierungsplan gingen die Experten seinerzeit noch von einem ausgewachsenen Katastrophenszenario aus: Alarm sollte erst ausgelöst werden, wenn mit einem heftigen Ausbruch zu rechnen sei. In diesem Szenario hätten Erdbeben der Stärke 5 bis 5,5 die erste Warnung für die Einwohner bedeutet, gefolgt von klar sichtbaren Hebungen des Bodens. Das Problem daran: Wartet man auf derart eindeutige Warnsignale des Vulkans, nimmt man bereits starke Schäden an Häusern, Straßen, Schienen und Hafenanlagen in Kauf, die eine spätere Evakuierung stark erschweren wenn nicht gar verhindern. Dazu kam, dass "bei diesem Szenario die Evakuierungsmaßnahmen allein in den am stärksten gefährdeten Gebieten etwa zwei Wochen in Anspruch genommen hätten", sagt Paolo Gasparini. "Das große Risiko eines Fehlalarms hätte diesen Maximalaufwand nicht gerechtfertigt."

Die aktuelle Strategie besteht deshalb aus einer Serie von dynamischen Plänen, die kontinuierlich an neue Möglichkeiten des Überwachungssystems angepasst werden. Ein wichtiges Ziel liegt darin, den Zeitbedarf der Evakuierung deutlich zu senken. Der ursprüngliche Aufwand konnte inzwischen auf sieben Tage halbiert werden. Gasparini zufolge müsste das noch einmal auf weniger als die Hälfte reduziert werden: "Drei Tage sind der ideale Zeitrahmen, es gibt also noch einiges zu tun." Der aktuelle Evakuierungsplan sieht drei Alarmstufen vor:

1. Warnstufe: Bei signifikant veränderten physikalischen und chemischen Messwerten benachrichtigt das neapolitanische INGV-Institut Osservatorio Vesuviano die Zivilschutzbehörde. Diese entscheidet in Absprache mit Experten der Nationalen Kommission für Vorhersage und Risikoprävention, ob die erste Warnstufe ausgelöst wird. In dieser Phase gehen die Behörden noch nicht zu hundert Prozent davon aus, dass eine Eruption erfolgen wird. Die Bevölkerung wird kontinuierlich informiert, aber noch nicht aufgefordert, ihre Häuser und die Stadt zu verlassen.

2. Vor-Alarm-Stufe: Bei noch stärkeren Abweichungen der beobachteten Messwerte löst die Zivilschutzbehörde den Vor-Alarm aus. In dieser Phase steht es den Bewohnern frei, ihre Häuser freiwillig zu verlassen. Die Polizei trägt Sorge dafür, dass die verlassenen Häuser nicht geplündert werden. Die Bewohner müssen festgelegten Evakuierungsrouten folgen und ihr Reiseziel angeben. Die Entscheidung darüber, ob die Vor-Alarm-Stufe wieder aufgehoben wird, obliegt der Nationalen Kommission für Vorhersage und Risikoprävention.

3. Alarmstufe: Reißen die natürlichen Warnsignale nicht ab oder steigt ihre Intensität, wird die höchste Alarmstufe ausgerufen. Ab diesem Zeitpunkt gehen die Experten sicher von einer Eruption innerhalb weniger Wochen aus. Koordinationszentren helfen den lokalen Behörden, die direkt um den Vesuv herum liegende Zone innerhalb einer Woche komplett zu evakuieren.

Weitere Untersuchungen und Experimente sollen dabei helfen, die Stellschrauben der Evakuierungspläne noch feiner zu justieren. Dazu gehören unter anderem Computersimulationen, mit denen etwa Warner Marzocchi und seine Kollegen in den Phlegräischen Feldern die Position neuer Eruptionsöffnungen berechnet haben. Darüber hinaus ist in diesem Vulkangebiet nahe der Stadt Pozzuoli gerade ein internationales Bohrprojekt angelaufen, das der Magma an sieben Stellen – sechs im Meeresboden und eine an Land – weitere Geheimnisse entlocken soll: Mithilfe von in den Bohrlöchern installierten Messgeräten können die Vulkanologen ihre Vorhersage von Eruptionen noch stärker präzisieren. Die Fertigstellung der 3,5 Kilometer tiefen Hauptbohrung ist für 2013 geplant.

Schon bis jetzt hat die Forschung immens viel aus den Messungen gelernt. Trotzdem weiß niemand genau, wann der nächste Ausbruch kommt und wie heftig er ausfallen wird. Touristen steigen über einen Pfad, den die Lava geformt hat, zum 1281 Meter hoch gelegenen Vesuvkrater hinauf und genießen die Aussicht. Auf der einen Seite lockt das atemberaubende Panorama der Bucht von Neapel. Auf der anderen blicken sie in den dunklen, majestätischen Abgrund des Kraters – 500 Meter im Durchmesser und 230 Meter tief. Das Zischen der Austrittsstellen für Dampf und Gase vermischt sich mit dem Echo der hinabrollenden Steine. Sonst ist alles ruhig. Der Feuerberg schläft vorerst weiter. (vsz)