Feldzug gegen den weißen Tod

Jedes Jahr sterben 1,4 Millionen Menschen weltweit an Tuberkulose, viele davon in armen Ländern. Südafrika will die Ausbreitung der Krankheit, insbesondere ihrer resistenten Formen, durch ein extrem schnelles Diagnosegerät eindämmen. Es verkürzt die Testzeit von Wochen auf zwei Stunden.

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Von
  • Jon Cohen

Jedes Jahr sterben 1,4 Millionen Menschen weltweit an Tuberkulose, viele davon in armen Ländern. Südafrika will die Ausbreitung der Krankheit, insbesondere ihrer resistenten Formen, durch ein extrem schnelles Diagnosegerät eindämmen. Es verkürzt die Testzeit von Wochen auf zwei Stunden.

Das Township KwaMsane ist ein schöner Ort. Er liegt inmitten einer Hügellandschaft in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal. 30 Minuten westlich von hier sind häufig Elefanten, Giraffen, Zebras und Nashörner am Rande eines Highways zu sehen, der mitten durch einen Nationalpark führt. Ein paar Kilometer Richtung Osten glänzen Zuckerrohrfelder in der subtropischen Sonne und scheinen sich in den Indischen Ozean zu ergießen. Doch KwaMsane ist auch ein kranker Ort: Viele Menschen in der Gegend leiden an Tuberkulose, und zwar an der oft tödlichen MDR-Form (multi-drug resistant), gegen die kaum noch ein Medikament wirkt.

Im November 2011 spürte die 25-jährige Jabu Ngcobo plötzlich ein Stechen in ihrer Seite und ließ sich in der Klinik von KwaMsane untersuchen. Diese ähnelt einem Wohnwagen-Park, in dem die Wagen – in Südafrika Homeparks genannt – als Behandlungszimmer fungieren. Ein kleiner gepflasterter Hof dient als Wartezimmer, er ist mit Plastikstühlen umgeben. „Ich dachte mir schon, dass ich MDR-Tuberkulose habe, weil auch meine beiden Brüder und meine Schwester dasselbe hatten“, erzählt Ngcobo. Tatsächlich war auch sie an der resistenten Form erkrankt. Doch anders als ihre Geschwister konnte sie schon am nächsten Tag die Therapie beginnen.

Die schnelle Diagnose und Ngcobos Heilung ermöglichte eine Maschine mit dem Namen GeneXpert. Vor wenigen Jahren noch wären die fortschrittlichen molekularen Tricks, mit denen sie die DNA des Erregers Mycobacterium tuberculosis identifiziert, nur in einem hochmodernen Biotech-Labor mit teuren Diagnostikgeräten möglich gewesen. Im Krankenhaus von KwaMsane steht sie auf einer Theke und sieht auf den ersten Blick wie eine hochwertige Espresso-Maschine aus.

Die GeneXpert-Maschine ist leicht zu bedienen: Ein Techniker spritzt eine ausgehustete Schleimprobe eines Patienten in einen kleinen Behälter, der wie eine Druckerpatrone aussieht, und setzt diese in die Maschine ein. Dort spielt sich dann automatisch eine Reaktion ab, die charakteristische Stücke der Erreger-DNA erkennt und vervielfältigt, um eine ausreichende Menge für die Untersuchung zu bekommen. Wenn fluoreszierende Moleküle mit dieser Ziel-DNA in Kontakt kommen, beginnen sie zu leuchten. Das Messgerät erkennt das und meldet es an einen Computer. In weniger als zwei Stunden kann GeneXpert nicht nur Tuberkulose verursachende Bakterien nachweisen – sondern auch genau bestimmen, ob in der Bakterien-DNA jene Mutationen vorliegen, die sie resistent gegen die häufigsten Gegenmittel machen. (vsz)