Preisparitätsklausel bei Amazon wird geprüft

Das Bundeskartellamt hat angekündigt, 2.400 Händler zur Preisparitätsklausel bei Amazon zu befragen. Wir erklären, was genau dahinter steckt und warum diese Klausel für Händler tatsächlich ein Problem ist.

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Von
  • Marzena Sicking

Die Wellen über die angeblich schlechte Behandlung von Leiharbeitern bei Amazon schlugen so hoch, dass den meisten Medien die Befragung zu Preisauflagen bei Amazon nur eine Randnotiz wert war. Dabei birgt das Thema eine Menge Zündstoff – zumindest für den Handel.

Was ist die Preisparitätsklausel eigentlich?

So hatte das Bundeskartellamt mitgeteilt, dass es in diesen Tagen insgesamt 2.400 Händler, die ihre Waren über den Amazon-Marketplace anbieten, zur Preisparitätsklausel der Plattform befragen wird. Diese ist in den Teilnahmebedingungen von Amazon Marketplace enthalten. Sie verbietet den Händlern, ihre Waren an anderen Stelle im Internet günstiger als bei Amazon anzubieten. Diese Klausel wurde im Frühjahr 2010 eingeführt.

Wieso ist das problematisch?

"Die geforderte Preisparität bezieht sich laut Amazon-AGB auf sämtliche nicht mit dem Ladengeschäft gebundene Vertriebskanäle, das heißt, nicht nur auf Online-Shops, sondern auf sämtliche Online-Vertriebskanäle sowie auch auf den Verkauf über Kataloge und den telefonischen Verkauf", erklärt Rechtsanwalt Johannes Richard aus Rostock. Diese Klausel bedeutet in der Praxis, dass ein Händler die Ware nicht einmal im eigenen Online-Shop günstiger anbieten darf. Obwohl er das in der Regel könnte, schließlich muss er hier keine Amazon-Gebühren in den Preis einkalkulieren. Auch auf anderen Plattformen, auf denen er unter Umständen geringere Gebühren bezahlt, darf er den Preis nicht senken. Das sieht auch das Bundeskartellamt kritisch: "Die Preisparitätsklausel erschwert den Markteintritt neuer Internet-Handelsplattformen, die mit attraktiven Konditionen um Händler werben würden", heißt es in einem FAQ, dass an die befragten Händler verschickt wurde.

Damit wird der Händler in seiner unternehmerischen Freiheit durchaus stark eingeschränkt. Zumal das Unternehmen ja auch hinsichtlich Kundenservice sowie Rückgabe- und Erstattungsrichtlinien strenge Paritätsanforderungen an den Händler stellt.

Warum macht Amazon das?

Amazon erklärte die Einführung der Preisparitätsklausel vereinfacht ausgedrückt damit, dass diese das Vertrauen der Kunden in Amazon.de stärken und damit auch das Ansehen der hier aktiven Händler fördern werde. Rechtsanwalt Johannes Richard, der 2010 als einer der ersten vor den Folgen der Klausel für die betroffenen Händler warnte, vermutet allerdings einen anderen Hintergrund: "Wir werten dies eher als Versuch, Händler, die gleichzeitig auch beispielsweise bei eBay verkaufen, entweder von eBay oder von Amazon auszuschließen". Denn die Klausel macht es den Händlern quasi unmöglich, ihre Artikel auf eBay zu verkaufen, ohne mit Amazon Probleme zu bekommen.

Sind solche Forderungen rechtswirksam?

Ob die Klausel rechtswirksam ist, ist umstritten. Das Bundeskartellamt will nun jedenfalls prüfen, ob möglicherweise Verstöße gegen § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und Art. 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorliegen. "Demzufolge ist es verboten, Vereinbarungen zu treffen, die zur Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs führen. Darunter fällt natürlich auch die mittelbare oder unmittelbare Erzwingung von unangemessenen Verkaufspreisen. Wir möchten jedenfalls nicht darauf wetten, dass die Preisparität bei Amazon in dieser Form rechtswirksam ist", so die Einschätzung von Rechtsanwalt Johannes Richard.

Sollte das gegen Amazon gerichtete Ermittlungsverfahren ergeben, dass die Preisparitätsklausel – gegen die 2012 auch der Onlinemarktplatz Hood.de geklagt hat – den Wettbewerb unter Plattformbetreibern behindert oder andere wettbewerbsschädigende Auswirkungen hat, kann Amazon dazu verpflichtet werden, die Klausel aus seinen Teilnahmebedingungen zu streichen.

Warum werden die Händler befragt?

Nach Angaben des Bundeskartellamts, um statistisch valide Ergebnisse zu erhalten. Für eine kartellrechtliche Bewertung der Preisparitätsklausel müsse man wissen, in welcher Form die Händler ihr Geschäft im Internet führen, welche Geschäftsstrategie sie verfolgen und welche Bedeutung Amazon Marketplace für sie hat. Auch Amazon selbst und alle anderen in Deutschland tätigen Plattformbetreiber wurden im Rahmen der Ermittlungen bereits befragt.

Warum wird ermittelt?

Weil es beim Bundeskartellamt zahlreiche Beschwerden von auf Amazon Marketplace tätigen Händlern über die Klausel gab. So wurde von Fällen berichtet, in denen Händler, die sich nicht an die Preisparität gehalten haben, aufgefordert wurden, ihre Preise entsprechend zu ändern. Denjenigen, die das dennoch nicht taten, drohte Amazon mit weiteren Maßnahmen, wie der Aussetzung oder dem Entzug zum Verkauf bei Amazon. Das Bundeskartellamt wollte allerdings nicht nur jene Händler als Basis der Ermittlungen nehmen, die sich beschwert haben, sondern alle, die bei Amazon Marketplace verkaufen. Daher die Befragung.

Was will das Kartellamt wissen?

Abgefragt wurde unter anderem, welche Produkte die Händler über welche Vertriebswege verkaufen, ob die Möglichkeit genutzt wird, Waren durch Amazon versenden zu lassen. Auch wollen die Ermittler wissen, wie die Händler auf eine Erhöhung der Händlergebühren bei Amazon Marketplace reagieren würden. Welche Vorteile Amazon aus Sicht des Händlers gegenüber eBay und anderen Handelsplattformen bietet. Und ob der Händler seine Ware denn günstiger auf anderen Plattformen anbieten würde, wenn er die Möglichkeit dazu hätte.

Können neu hinzugekommene Händler noch bei der Umfrage mitmachen?

Eine nachträgliche Umfrageteilnahme ist unwahrscheinlich, denn das Bundeskartellamt dürfte in den nächsten Tagen schon mit der Auswertung der Daten beginnen. Denn die Frist für die Beantwortung der Fragen ist bereits am 22.2.2013 abgelaufen. (map)
(masi)