Blu-ray Disc vs. HD DVD: Wer früher stirbt, ist länger tot ...

Nachdem Toshiba das Ende der Produktion von HD-DVD-Geräten angekündigt hat, wird die Blu-ray Disc weithin zum Sieger erklärt. Doch dieser Erfolg könnte fast zu spät kommen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 246 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Renate Grimming
  • dpa

Nach langem Zögern ist es nun offiziell: Der Format-Streit um die DVD-Nachfolge ist beendet. Toshiba, größter Unterstützer des HD-DVD-Formats, stellt die Produktion von Playern und Rekordern bis zum kommenden März ein. Das Konkurrenzformat Blu-ray Disc wird damit weithin zum Sieger erklärt. Doch möglicherweise könnte nach jahrelangem Streit um die Nachfolge der DVD der Sieg für die Blu-ray fast zu spät kommen.

Erst Anfang Januar traf es Toshiba und alle anderen Vertreter des Industrielagers um HD DVD wie ein Schock. Kurz vor Eröffnung der Consumer Electronics Show in Las Vegas kündigte das große Filmstudio Warner Bros. seine Unterstützung auf. Die Abkehr des weltgrößten Anbieters von Video-Titeln bedeutete die Vorentscheidung. Vertreter der HD DVD waren daraufhin während der ganzen Messe nicht mehr zu sprechen. Zuletzt verbannten auch noch die großen US-Handelsketten BestBuy und Wal-Mart die HD DVD aus ihren Regalen und versetzten dem System damit den Todesstoß.

Toshiba zeigt sich zwar weiterhin überzeugt, die bessere Technik entwickelt zu haben, hofft aber mit der jüngsten Entscheidung, den Markt für hochauflösende Medien und Filme nach monatelangem Patt voranzubringen. Das Unternehmen sei zu dem Schluss gekommen, "dass eine schnelle Entscheidung der Marktentwicklung am besten weiterhilft", sagte Atsutoshi Nishida, Präsident und CEO der Toshiba Corporation.

Tatsächlich könnte die Kapitulation im Kampf gegen die Blu-ray Disc nun die lange anhaltende Kaufzurückhaltung der Konsumenten beenden. Weit verbreitete Befürchtungen, man könnte mit dem Kauf eines Players oder Rekorders auf das falsche Pferd setzen, hatten die Unternehmen zuletzt mit Preiskämpfen zu zerstreuen versucht. Dennoch blieben die Anteile beider Formate am Videomarkt extrem gering (siehe unten).

Ein Anziehen der Nachfrage nach Medien in hoher Auflösung erwarten Experten allerdings erst allmählich. Hersteller, die bislang Filme auf HD DVD produziert haben, müssen sich erst auf die neue Technik umstellen. Für den US-amerikanischen Markt rechne man bei HD-Medien in diesem Jahr mit einem Umsatz von 1,1 Milliarden Dollar gegenüber 280 Millionen Dollar im vergangenen Jahr, sagte Tom Adams von der kalifornischen Adams Media Research dem Wall Street Journal.

Im Markt mit Abspielgeräten wie Rekordern und Playern hatten die Unternehmen zuletzt auf attraktive Paket-Angebote und kräftige Preisnachlässe gesetzt. In den USA hatte Toshiba bereits zeitweise Geräte für rund 100 Dollar im Angebot, während Blu-ray-Player zum Teil mehr als das Fünffache kosten. Der Preis der Geräte werde für die Entwicklung des Marktes aber auch entscheidend sein, schätzt Marktforscher Akio Mizutani von der japanischen Mizuho Corporate Bank. Für die Hersteller der nächsten Generation von DVD-Playern und Rekordern sei es ein Muss, die Preise auf ein für die Konsumenten akzeptables Niveau zu senken. Ein echter Wettbewerb unter den Industrie-Vertretern habe erst jetzt begonnen.

Nach Jahren des Gerangels um die DVD-Nachfolge auf dem Rücken der Verbraucher zeichnet sich inzwischen aber auch eine ganz andere Lösung im Umgang mit großen Datenmengen ab. Allein in Deutschland ist rund die Hälfte der Haushalte mit einer schnellen Breitbandverbindung zum Internet ausgestattet, Angebote wie Video on Demand erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Wenn Filme übers Internet vertrieben werden, benötigt der Konsument neben schnellen Datenleitungen nur noch geeignete Speichermedien. Und hier will künftig auch Toshiba investieren: Der Konzern investiert gemeinsam mit SanDisk insgesamt 1,7 Billionen Yen (10,7 Milliarden Euro) in die Produktion von modernen Speichermedien.

Der Software-Riese Microsoft, seit Jahren Unterstützer des HD-DVD- Lagers, bietet für seine Spielekonsole Xbox 360 neben einem externen Laufwerk auch online Filme zum Herunterladen an. Vor der endgültigen Entscheidung von Toshiba hielt sich der weltgrößte Softwarekonzern mit Kommentaren zurück. Ohnehin sei die HD-DVD nur einer von mehreren Wegen, über die Microsoft seinen Kunden Bildmaterial in hoher Auflösung anbiete. "Wir werden den Konsumenten auch in Zukunft die Wahl lassen, Filme und Fernsehsendungen in hoher Auflösung über digitale Verbreitungswege direkt in ihr Wohnzimmer zu holen, parallel zur Wiedergabe von DVD-Filmen, die sie bereits besitzen."

Zahlen zum HD-Videomarkt

Die beiden Formate Blu-ray Disc und HD DVD haben sich bisher eher zögerlich am Markt ausgebreitet. Mit dem Sieg von Blu-ray im Formatstreit erwartet die Branche einen Schub. Zahlen zur bisherigen Verbreitung der beiden Formate waren eher lückenhaft:

  • zur Zahl der bisher verkauften Geräte beider Formate gibt es keine vollständigen Angaben. Von HD-DVD-Playern wurde allein im US-Markt insgesamt eine Million Geräte verkauft, inklusive der Laufwerke der Microsoft-Spielekonsole Xbox 360. In Europa setzte Haupthersteller Toshiba 100 000 Geräte ab. Der Absatz von Wohnzimmer-Playern des Blu- ray-Formats dürfte etwas darunter liegen. Allerdings haben auch die bisher verkauften 12,4 Millionen Sony-Spielekonsolen PlayStation 3 Blu-ray-Laufwerke eingebaut;
  • im größten Videomarkt USA wurden bisher knapp 500 Titel auf Blu-ray Disc und knapp 400 auf HD DVD veröffentlicht. In Japan und Europa sind es deutlich weniger;
  • nach Brancheninformationen wurden zuletzt etwa drei Viertel der HD-Titel im Blu-ray-Format verkauft;
  • in Deutschland wurden im vergangenen Jahr nach Zahlen des Bundesverbandes Audiovisuelle Medien (BVV) insgesamt 500.000 Discs beider rivalisierender Formate mit einem Umsatz von 14 Millionen Euro verkauft;
  • von der herkömmlichen DVD wurden im vergangenen Jahr in Deutschland laut BVV 103,3 Millionen Scheiben verkauft (plus 2,6 Prozent) mit einem Umsatz von gut 1,3 Milliarden Euro;
  • in Deutschland werden Ende 2008 nach Schätzungen des Branchenverbands Bitkom 17 Prozent der Haushalte HD-taugliche Fernseher haben. Bis 2010 soll der Anteil auf 47 Prozent steigen;
  • der weltweite Umsatz mit DVD-Playern und Abspielgeräten der neuen Generation stieg im vergangenen Jahr Schätzungen zufolge um fünf Prozent auf etwa 15 Milliarden Euro.

(Renate Grimming, dpa) (anw)