ICANN-Tagung in Paris beendet - der Streit um die neuen TLDs kann beginnen

Die Bewerbungsgebühr für eine der neuen Top Level Domains im Stil von .mayer, .apple oder .sport wird bei über 100.000 US-Dollar liegen. Gibt es mehrere Interessenten, will die ICANN Bewerbungen per Auktion zuteilen - und das dürfte teuer werden.

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Von
  • Monika Ermert

Die Bewerbungsgebühr für eine der neuen Top Level Domains (TLDs) im Stil von .mayer, .apple oder .sport werde bei "über 100.000 US-Dollar" liegen. Das sagte der Präsident und CEO der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), Paul Twomey, bei einem Pressegespräch zum Abschluss des Treffens der privaten Netzverwaltung in Paris. In der vergangenen Woche wurden bereits Summen von 200.000 und 250.000 Dollar unter den am Ende über 1600 Konferenzteilnehmern kolportiert.

Man rechne daher auch nicht, tausende von neuen Adressen auf einmal zu sehen, verdeutlichte der Vorsitzende des ICANN-Vorstands, Peter Dengate Thrush. Näheres zum Preis könne man allerdings erst sagen, wenn man genau kalkuliert habe, wie man die Kosten für das Bewerbungsverfahren, aber auch für die dafür seit einem Jahr laufenden Vorbereitungen auf die Bewerber umlegen werde. Immerhin hat ICANN schon jetzt 10 Millionen Dollar ausgegeben. Insgesamt rechnet Twomey mit Gesamtausgaben für die Vorbereitungen von bis zu 20 Millionen Dollar.

Die beiden ICANN-Spitzen zeigten sich hochzufrieden mit dem Fortschritt bei der Einführung der neuen Adresszonen, Dengate Thrush sprach von einem historischen Schritt. Die Herstellung von Wettbewerb im Namensraum sei eines der Gründungsmotive für die private Netzverwaltung im Jahr 1998 gewesen. Twomey verglich die Entscheidung des Vorstands für die rasche Umsetzung der neuen TLD-Vergabepolitik mit der Entscheidung Margaret Thatchers, den britischen Telekommunikationsmarkt zu liberalisieren. "Es ist die Entscheidung, den Namensraum komplett zu liberalisieren. Wir arbeiten jetzt quasi an den Lizenzbestimmungen."

Dengate Thrush bezeichnete das geplante Verfahren als eine völlige Abkehr von den ersten beiden Runden zur Einführung neuer TLDs in den Jahren 2000 und 2003. "Vor allem wird eine Menge Subjektivität rausgenommen," sagte der ICANN-Vorstand mit Blick auf die bevorstehenden Bewerbungen. In der ersten Runde hätten die Direktoren noch überlegt, welchen Nutzen die Bewerber für das Internet und seine Nutzer bringen. Künftig dürfe jeder sofort an den Start, der das Kriterium erfülle, keinen Schaden mit seiner neuen Adresszone anzurichten. Allerdings gibt es ein Einspruchverfahren – und das hat es in sich, meinen viele Beobachter. Bestehende Namens- oder Markenrechte oder die Verwechselbarkeit mit bestehenden Adresszonen erlauben einen Einspruch. .kom etwa, so Twomey, sei ein Beispiel für einen solchen Fall.

Für besondere Kritik sorgte unmittelbar nach der Entscheidung der Direktoren allerdings die ebenfalls vorgesehene Einspruchmöglichkeit auf der Basis "moralischer Einwände" oder wegen der "öffentlichen Ordnung". Die ICANN lade damit praktisch zur Zensur ein, warnte die Bürgerrechtsorganisation IP Justice in einer eilig verbreiteten Pressemitteilung . US-Juraprofessorin und ICANN-Vorstandmitglied Susan Crawford hatte von einer Vetomöglichkeit für alle Regierungen gesprochen. Genau einen solchen Einfluss von Regierungen dürfe ICANN aber eben nicht zulassen, meint Crawford.

Dengate Thrush widersprach in der Presserunde. Man werde für die Einsprüche ein internationales Schlichterverfahren einrichten, ICANN werde nicht selbst über die Einsprüche entscheiden, sondern dies von einer professionellen und anerkannten Organisation erledigen lassen. Noch steht aber nicht fest, welche Organisationen als Schiedsrichter in Betracht kommen. Die Frage, ob es denn denkbar wäre, dass Regierungen mit einem Einspruch vor eine Organisation wie die World Intellectual Property Organisation (WIPO) ziehen könnten, um gegen einen "unmoralischen" Ausdruck als TLD Einspruch zu erheben, beantworteten Twomey und Dengate Thrush mit einem "Ja".

Wie viel Streit um neue TLDs der ICANN ins Haus steht, das war in Paris mit Händen greifbar. So wollte etwa ein britischer Reporter wissen, ob ICANN schon entschieden habe, wem sie eine generische TLD wie .news zuteilen werde. In solchen Fällen will ICANN jedoch Bewerbungen per Auktion zuteilen – und das könnte für die Bewerber sehr teuer werden.

Zum 32. Treffen der Internet-Verwaltung ICANN siehe auch:

(Monika Ermert) / (pmz)