Die Phrasen-Maschine

Journalisten sind unter anderem dazu da, aus der alltäglichen Flut von Nachrichten das Wichtige zu sortieren, es in einen Zusammenhang zu stellen. Zur CeBIT ist das immer besonders herausfordernd.

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Journalisten sind unter anderem dazu da, aus der alltäglichen Flut von Nachrichten das Wichtige zu sortieren, es in einen Zusammenhang zu stellen. Zur CeBIT ist das immer besonders herausfordernd.

Presseleute, habe ich mal gelernt, sind unter anderem dazu da, aus der alltäglichen Flut von Nachrichten das Wichtige zu sortieren, es in einen Zusammenhang zu stellen, und so aus Datenmüll Informationen zu machen. Anfang März ist das immer besonders herausfordernd, denn zur CeBIT laufen die Phrasen-Maschinen sämtlicher Unternehmen und Agenturen auf Hochtouren.

Gefühlt wird das jedes Jahr schlimmer. Vielleicht werde ich auch nur allmählich alt. Aber vor 10 bis 15 Jahren gab es auf der immer noch größten Computermesse der Welt noch technische Trends zu sehen. Das ist seit einigen Jahren vorbei. Der kurze Sommer der Nerd-Kultur, in dem die eigentlichen Techniker die Themen und Trends gesetzt haben, oder in denen die Unternehmen zumindest versucht haben, solche Leute als ein relevantes Zielpublikum anzusprechen, ist wieder vorbei. Schluss mit lustig. Die Sysadmins werden wieder im Keller eingesperrt - zur Messe fährt das Management. Man trägt Krawatte und spricht Business.

Entsprechend sehen die CeBIT-Trends aus. Nehmen wir „Shareconomy“ - ein Kunstwort aus „sharing“ und „economy“ - teilen und wirtschaften. Beschreibt die Tatsache, dass immer mehr Menschen Dinge leihen statt sie zu kaufen: Autos, Werkzeuge, Fahrräder, Musik, Bücher. Und zwar nicht nur von einem Anbieter, sondern auch untereinander. Das wird über das Internet vermittelt. Und manchmal fließt dabei auch Geld hin und her.

Das ist spannend und man könnte viel dazu sagen. Woher kommt das? Wird es unser Verhältnis zum Eigentum ändern? Wenn ja, ist das gut oder schlecht? Ist es blöd, dass meine E-Books weg sind, wenn ich mein Amazon-Konto lösche? Oder ist das Abwerfen von überflüssigem Ballast?

Schaut man aber auf die Pressemitteilungen und die daraus folgenden Berichte über den CeBIT-Trend, wird einem ganz schwindlig vor Zukunftsoptimismus. In einem Interview mit dem Manager Magazin erklärt beispielsweise JP Rangaswami, Chefforscher bei Salesforce.com auf die Frage „Macht Shareconomy die Welt zu einem besseren Ort?“: „Aber sicher. Wir haben große Herausforderungen zu bewältigen: Klimawandel, Energiebedarf, Ernährung, Wasserversorgung, Bildung. Wir müssen zusammenarbeiten, um diese Probleme zu lösen - kultur- und grenzübergreifend sowie zwischen politischen Lagern. Und Leute arbeiten viel besser zusammen, wenn sie Gemeinsamkeiten haben.“

Wenn ich so etwas lese, überkommt mich immer ein ungutes Gefühl. Das Gefühl, dass da gerade jemand dabei ist, mir das Geld aus der Tasche zu argumentieren, um mir anschließen die daraus resultierende Leichtigkeit als neues Lebensgefühl für noch mehr Geld teuer zu verkaufen. Aber vielleicht fehlt mir einfach die richtige Einstellung zum Business als solchem. Das wird es sein. (wst)