Pirate Bay in Nordkorea: Der große Bluff

Der berüchtigte Torrent-Tracker The Pirate Bay will nach Nordkorea ausgewandert sein – bei näherem Hinsehen stellt sich der vermeintliche große Coup jedoch als großer Schwindel heraus.

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Von
  • Gerald Himmelein

Gestern gaben die Betreiber des Torrent-Trackers "The Pirate Bay" bekannt, dass Server-Abfragen ab sofort aus Nordkorea beantwortet würden. Der "Führer der koreanischen Regierung" habe die Betreiber eingeladen, ihren Dienst dorthin auszulagern. Mit Korea war allerdings nicht Südkorea gemeint, sondern Nordkorea. Kokett gaben die Piraten in ihrer Mitteilung Pjöngjang als Ortsangabe an – und als Verfasser "Kim Jung-Bay".

In der Mitteilung geben sich die Betreiber des Torrent-Trackers weiterhin als "Verfolgte" aufgrund ihres "Glaubens in die Informationsfreiheit". Dass sie ihre Datenpakete jetzt aus einem nicht gerade für grenzenlose Freiheit berühmten Staat schicken, sei als Signal zu sehen, dass das Land seine Ansichten bezüglich des freien Zugangs zu Informationen ändere.

Schon seit Wochen spielt die The Pirate Bay ein Katz-und-Maus-Spiel im Internet. Ende Februar hatte die schwedische Piratenpartei ihre Verbindung zu The Pirate Bay gekappt. Dies geschah auf Druck der "Rättighetsalliansen", einer Interessengemeinschaft schwedischer Rechteinhaber. Daraufhin waren zeitweise die Piratenparteien von Katalonien und Norwegen eingesprungen – bis auch diese dem Druck von Interessengruppen nachgaben.

Der vermeintliche Umzug nach Pjöngjang ist nur der neueste Haken, den die Pirate-Bay-Betreiber schlagen. Tatsächlich scheint der Server mitten in Europa angesiedelt zu sein. Dies ergibt zumindest eine Analyse von William Weber. Dieser hat sich die Rückmeldungen aus der Piratenbucht etwas genauer angesehen und dabei festgestellt, dass die Angaben der Betreiber von vorne bis hinten nicht stimmen können.

Weber zufolge antworten die Server so schnell, dass eine Rückmeldung aus Nordkorea schon rein physikalisch unmöglich ist. In Wirklichkeit liegen die Server wohl in Europa, mutmaßlich sogar in Deutschland. Demnach fälscht The Pirate Bay bei Traceroute-Anfragen einen Teil des Pfads. Auf diese Fährte kam Weber unter anderem, weil der angebliche Pfad nach Nordkorea nicht über das Autonomous System (AS) läuft, der das Land primär ans Internet anbindet, sondern über einen fragwürdigen Satelliten-Link.

Seine Analyse der Verschleierungstechnik schließt Weber mit Tipps an die Urheber des Hacks: Das nächste Mal möge man doch bitte einen echten AS-Pfad duplizieren, statt eine fiktive Verbindung herbeizufantasieren. Zum Ende weist er die Betreiber der Pirate Bay darauf hin, dass derartige Manipulationen des Border Gateway Protocol (BGP) hohe Risiken bergen – bis hin zu einem Teilausfall des Internets. Daher seine Warnung, auch an den Provider, der die erfolglose Maskerade zugelassen hat: "Mit BGP spielt man nicht." (ghi)