DAB ist tot, es lebe das Digitalradio

Nach Ansicht der Rundfunkgebührenkommission ist die Einführung des digitalen Hörfunk-Sendestandards DAB in Deutschland endgültig gescheitert. Geld gibt es nur noch in Form von Grabpflege-Zuschüssen - oder für neue Digitalradio-Projekte.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Folgt man der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), ist die Einführung des digitalen Hörfunk-Sendestandards DAB (Digital Audio Broadcasting) in Deutschland endgültig gescheitert. Geld soll es für das DAB-Projekt, in das die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bis Ende 2008 knapp 180 Millionen Euro investiert haben werden, nur noch in Form von Grabpflege-Zuschüssen geben: Im von der KEF am Montag vorgestellten Finanzplan für die Gebührenperiode 2009 bis 2012 sind lediglich 22,5 Millionen Euro dafür vorgesehen, die bereits in Betrieb befindlichen DAB-Sender "weiter in Betrieb zu halten" oder "das eventuelle neue Projekt 'Digitaler Hörfunk' finanziell zu verstärken".

Die Öffentlich-Rechtlichen hingegen hatten in ihren Bedarfsmeldungen angegeben, in den kommenden fünf Jahren Gelder in Höhe von über 188 Millionen Euro (ARD: 140 Millionen, Deutschlandradio: 48,4 Millionen Euro) für DAB ausgeben zu wollen. Verwendet werden sollte das Geld für einen deutlichen Ausbau der DAB-Infrastruktur: Die ARD wollte das Programmangebot erweitern und die Sendeleistungen erhöhen, das Deutschlandradio eine bundesweit flächendeckende Versorgung mit ihren zwei Hörfunkprogrammen erreichen. Doch eine Fortführung der DAB-Finanzierung kommt für die Rundfunkgebührenkommission "nicht in Frage". Eine erfolgreiche Digitalisierung des Hörfunks sei mit dem bisherigen Ansatz nicht mehr zu leisten, hält die KEF fest.

Als Begründung geben die KEF-Sachverständigen an, dass DAB in Deutschland auch nach über zehn Jahren öffentlicher Förderung nicht in ausreichendem Maße akzeptiert werde. Es sei nicht gelungen, die Zahl der DAB-Empfangsgeräte in Deutschland signifikant zu vergrößern. Schätzungen gingen von bundesweit lediglich etwa 200.000 Geräten aus. Darüber hinaus gebe es heute starke Konkurrenz durch Internetradio, Satellitenradio, Radio über DVB-T oder Mobile Broadcast – Verbreitungswege, an die in der Ära der Entwicklung von DAB noch nicht zu denken gewesen sei. Nicht zuletzt würde der UKW-Hörfunk von der Bevölkerung weiterhin intensiv genutzt, und eine Abschaltung dieses Systems sei nicht absehbar.

Selbst die Einführung einer neuen Audiokodierung und die daraus resultierende Weiterentwicklung von DAB zu DAB+ oder die Nutzung von DMB würden die Situation nicht grundsätzlich verändern, sondern vor allen Dingen dazu führen, dass Besitzer derzeitiger DAB-Empfangsgeräte entweder nicht mehr versorgt würden oder zumindest an der Weiterentwicklung nicht teilhaben könnten, warnt die Gebührenkommission. Hörfunkempfänger für DAB+ seien erst in Einzelexemplaren verfügbar, und es sei nicht zu erwarten, dass namhafte Hersteller von Hörfunkempfängern solche Empfänger speziell für den deutschen Markt entwickeln.

Grundsätzlich sei man aber der Überzeugung, dass der "Misserfolg der Digitalisierung des terrestrischen Hörfunks mittels DAB" nicht bedeuten müsse, dass der terrestrische Hörfunk analog bleibt, betonen die KEF-Sachverständigen. Um einen "erfolgreichen Neustart der Digitalisierung" zu ermöglichen, erkenne man ein Projektbudget in Höhe von 42 Millionen Euro (ARD: 30 Millionen Euro, Deutschlandradio: 12 Millionen Euro) für die Jahre 2009 bis 2012 an. Voraussetzung für die Inanspruchnahme sei aber zum einen, dass die Kommission ein neu zu beantragendes Entwicklungsprojekt zum Digitalen Hörfunk anerkennt, zum anderen, "dass das Projekt auf einem deutschlandweiten Konsens auch mit privaten Programmanbietern und Herstellern von Endgeräten beruht".

Bei der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR) stößt das geplante Zudrehen des Geldhahns für DAB unterdessen auf heftige Kritik. "Die KEF ist kein Gremium, das zu industriepolitischen Entscheidungen befugt ist", moniert der APR-Vorsitzende Felix Kovac. ARD, APR und Deutschlandradio hätten sich noch im Oktober darauf verständigt, im Jahr 2009 das neue digitale Radio auf den Frequenzen starten zu wollen, die bereits 2006 von der Genfer Wellenkonferenz RRC06 Deutschland zugewiesen wurden. Die KEF überschreite auch ihre Kompetenzen, wenn sie die von den Praktikern angestrebte verbesserte Norm DAB+ ablehne. Die Entscheidung, für die Zukunft des digitalen Radios die Mittel zu streichen, habe konkrete Auswirkungen auch auf die Privatradios. (pmz)