Nachrichtendienst für Historiker stellt wegen Leistungsschutzrecht Betrieb ein

"Unklare Lage bezüglich der Textlänge für Snippets" macht Betrieb zu riskant

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Von
  • Peter Mühlbauer

Am 1. März verabschiedete der Bundestag ein "Leistungsschutzrecht" benanntes neues Instrument, das Presseverlagen eine Handhabe gibt, die Verwendung kleiner Textteile aus ihren Artikeln abzumahnen. Ob die SPD dieses Gesetz im Bundesrat nicht nur kurzfristig verzögert, ist fraglich, seit bekannt wurde, dass sich im aktuellen Wahlprogramm der Sozialdemokraten eine Passage findet, die Presseverlegern einen besseren Schutz ihrer Investitionen verspricht.

Obwohl die Befürworter des Gesetzes Google das Hauptziel für Ansprüche nennen, macht der Konzern bislang noch keine Anstalten, von Presseverlagen Lizenzen zu erwerben oder sein Angebot zu ändern. Dafür stellte jetzt der seit 1996 bestehende Nachrichtendienst für Historiker unter Verweis auf die "unklare Lage bezüglich der Textlänge für Snippets" seine Arbeit ein.

Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber offen ließ, wie lang Anrisse aus Artikeln sein dürfen, ohne rechtsverletzend zu sein. Dies sollen nun Gerichte klären. Kritiker wie der Lawblogger Udo Vetter befürchten, dass durch das strukturelle Ungleichgewicht, das bei juristischen Auseinandersetzungen zwischen Verbrauchern und Kleinunternehmern auf der einen und Pressekonzernen mit Rechtsabteilung auf der anderen Seite herrscht, ein Klima der Angst entsteht, das die "öffentliche Beschäftigung mit Nachrichten riskant macht".

Tobias Berg, der Betreiber des Nachrichtendiensts für Historiker, will deshalb "erste klärende Urteile" abwarten und dann entscheiden, ob er seinen Dienst "weiter zur Verfügung stellen kann". Eine Verabschiedung durch den Bundesrat abzuwarten, wäre riskant, weil das Leistungsschutzrecht für alle Artikel gelten soll, die jünger als ein Jahr sind.

Dass diese Situation Presseverlagen nutzt, ist eher unwahrscheinlich: Die von Historikern und Geschichtsinteressierten genutzte Website sammelte Links und kurze Anrisse zu themenbezogen Artikeln aus verschiedenen Feuilletons und Zeitschriften und verschaffte so in relativ kurzer Zeit eine Übersicht, die nun ebenso fehlt wie der von ihr weitergeleitete Traffic, weil – so der Geschichtsblogger Michael Schmalenstroer- "kaum einer die Zeit hat, jeden Tag 12 oder 25 Nachrichtenseiten nach passenden Artikeln zu durchstöbern". (pem)