Die Frankenstein-Kaulquappe

Forscher haben Larven des Froschlurchs Sehorgane an die hintere Körperseite transplantiert. Die Tiere können damit Licht erkennen und analysieren.

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Von
  • Emily Singer

Forscher haben Larven des Froschlurchs Sehorgane an die hintere Körperseite transplantiert. Die Tiere können damit Licht erkennen und analysieren.

Ein Auge, das Wissenschaftler an den Schwanz einer Kaulquappe verpflanzt haben, kann visuelle Informationen erfassen, obwohl das Organ nicht direkt mit dem Gehirn verbunden ist. Die aufsehenerregende Studie, die Forscher am Center for Regenerative and Developmental Biology der Tufts University im amerikanischen Medford durchgeführt haben, zeigt, dass das Nervensystem der Larven des Froschlurchs offenbar über erstaunliche Fähigkeiten verfügt, sich neue Signalwege zu suchen.

Bei dem Versuch wurden Spenderkaulquappen zunächst in mühevoller Arbeit Sehorgane entnommen, die dann auf den Rumpf sowie den Schwanz anderer Kaulquappen aufgebracht wurden, denen zuvor die Augen chirurgisch entfernt worden waren. Immerhin 20 Prozent der veränderten Tiere zeigten in anschließenden Versuchen, dass sie die neuen Sehorgane zumindest teilweise benutzen konnten, auch wenn zunächst keine direkte Anbindung zum Hirnstamm bestand. Die Kaulquappen schwammen vor rotem Licht davon, von dem sie zuvor gelernt hatten, dass es mit einem unschönen Stromschlag verbunden war.

Damit die Augen auch arbeiteten, mussten sie allerdings mit dem Rückenmark der Tiere verbunden sein. Eine direkte Anbindung an die komplexe Maschinerie, aus dem der Sehapparat auch bei diesen Wirbeltieren üblicherweise besteht, war aber nicht notwendig.

Das Forscherteam um die beiden Tufts-Biologen Douglas J. Blackiston und Michael Levin sieht in seiner Arbeit wichtige Anregungen für das schnell wachsende Wissenschaftsfeld der regenerativen Medizin. Der Versuch zeige, dass die Behandlung von erblindeten Patienten mit Hilfe von künstlich erzeugtem Gewebe und anderen neuen Technologien nicht unbedingt immer die komplexen Gehirnbereiche abdecken muss, die normalerweise mit dem Sehapparat in Verbindung stehen.

Das könnte auch Menschen helfen, bei denen nicht nur das Auge, sondern zum visuellen System gehörende Hirnsegmente geschädigt sind. Ob und wie die Arbeit an Kaulquappen auf Säugetiere übertragen werden kann, müssen die Forscher allerdings noch näher untersuchen. (bsc)