Polizeisoftware (noch) ohne wissenschaftliche Nachweise

Sicherheitsprogramme wie Predpol sollen Polizeibehörden in aller Welt helfen, ihre eingeschränkten Ressourcen besser zu nutzen. Ob das wirklich klappt, bleibt allerdings bislang unerforscht.

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Seattle ist seit Ende Februar die jüngste Stadt, in der Sicherheitskräfte eine neuartige Software einsetzen, die vorhersagen soll, in welchen Vierteln es mit hoher Wahrscheinlichkeit in nächster Zeit zu kriminellen Vorfällen kommt. Das Werkzeug namens Predpol scheint auf den ersten Blick durchaus zu funktionieren – zumindest wurde eine Reduktion an Straftaten in jenen Orten festgestellt, die das Sicherheitsprogramm installiert hatten und seinen Empfehlungen folgten. Doch trotz der knapp ein Dutzend Städte, die mittlerweile weltweit zu den Kunden von Predpol zählen, wurde bislang keine einzige wissenschaftliche Studie durchgeführt, um dies auch nachzuweisen, berichtet Technology Review in seiner Online-Ausgabe.

Predpol analysiert historische Daten, erfasst also, wo Straftaten wie Einbrüche oder Autodiebstähle in der Vergangenheit erfolgten. Dies geschieht über einen längeren Zeitraum – heute, gestern und in den letzten Jahren. Anschließend werden rote Kästen mit einer Kantenlänge von 150 Metern auf einer Karte platziert – vor jeder Patrouille. Polizeifahrzeuge sollen diese Bereiche dann so oft wie möglich aufsuchen, wie sie es pro Schicht können: Um die Täter entweder auf frischer Tat zu ertappen oder sie zumindest von ihrem Tun abzuhalten. In einem Polizeiabschnitt in Los Angeles kam es mit dem Verfahren beispielsweise zu 25 Prozent weniger Einbrüchen. Predpol hält seine "fortschrittlichen Algorithmen" und das "adaptive maschinelle Lernen" des Systems für ausschlaggebend. Es sei damit besser als jeder menschliche Kriminologe.

Doch wo bleiben die detaillierten Daten? Jeff Brantingham, Mitbegründer von Predpol und selbst Anthropologe an der University of California, Los Angeles, sagt, dass er noch daran arbeite, seine Forschungsarbeit zum Thema zu publizieren. Ein weiteres Detail verriet er aber: Im britischen Kent zeigten Umfragen innerhalb der Bevölkerung, die nicht über die Verwendung von Predpol informiert war, dass die Menschen immerhin das Gefühl haben, es sei mehr Polizei auf der Straße. Das deutet daraufhin, dass sich die Patrouillen mit Predpol immerhin stärker bemühen.

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(bsc)